Abstieg! Wie konnte das passieren?

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Das letzte, entscheidende Spiel war ein Abbild der gesamten Saison

 

Auf den Punkt gebracht: Zu spät, und ungenügend reagiert. Dies gilt für das gestrige, entscheidende Spiel gegen den Abstieg. Vor allem gilt dies jedoch für die gesamte Saison. Und alles begann mit der ersten und einzigen Qualifikation für die NLA-Playoffs.SEPARATOR

 

Beinahe hätte es gereicht. Das gilt für das gestrige Spiel, in welchem der Ausgleich eine Minute vor Schluss noch möglich war und sozusagen pfannenfertig auf den Stöcken von Adrian Brunner und Philipp Rytz lag. Dass dieser Ausgleich nach den aus unerklärlichen Gründen vor Passivität nur so strotzenden ersten zwei Dritteln ohne nennenswerte Torchance komplett unverdient gewesen wäre, hätte uns nicht gekümmert und auch nicht kümmern müssen. Er hätte den Lausannern wohl das Genick gebrochen. Aber es kam – wir geben es zu – verdientermassen anders. Weil es in diesem Spiel fast gereicht hat, und weil dies auch im 6. Spiel der Serie gegen die Lakers aus Rapperswil so war, gilt dieses «fast hätte es gereicht» für die ganze Saison. Der Verbleib in der NLA hing für die SCL Tigers wirklich nur an einigen Sekunden!

 

«Fast» ist nicht gut genug!

Die SCL Tigers wurden in der Qualifikation der gerade abgelaufenen Saison mit grossem Abstand auf den Tabellen-Vorletzten Letzter, und verlor danach drei Serien mit je maximal sieben Spielen. Eine einzige dieser drei Serien zu gewinnen hätte für den Verbleib in der NLA gereicht. Am knappsten war die Entscheidung in der Finalserie gegen die Lakers. Hier ging es um Sekunden. Im Halbfinal gegen die Kloten Flyers hatten die SCL Tigers nach zwei knappen ersten Spielen schliesslich keine Chance. Enttäuschend verlief jedoch die Serie der Ligaqualifikation gegen den HC Lausanne. Lediglich in einer einzigen von insgesamt sechs Partien zeigten die Emmentaler eine genügende Leistung. Wir meinen damit den 2:0 – Sieg im 5. Spiel. Der 7:5 - Sieg zum Auftakt der Serie kam trotz ungenügender Leistung zustande. Wir fragen uns, wie es zu diesen unterirdisch schlechten Leistungen in der Ligaqualifikation kommen konnte. Der HC Lausanne war in den Serien von 2009 und 2010 jeweils gegen den EHC Biel klar stärker als in der Serie gegen die Langnauer, und sie schafften damals den Aufstieg trotzdem nicht. Unerklärlich bleibt auch, weshalb die Langnauer nach dem überzeugenden Sieg im 5. Spiel der Serie gegen die Waadtländer wieder vom rechten Weg abkamen. Die Überlegenheit der Lausanner in den ersten beiden Dritteln war derart frappant, dass ohne weiteres von einem Unterschied von mehr als einer Klasse gesprochen werden muss. Fast hätte es gereicht. Aber dieses «Fast» zeigte uns, dass eben trotzdem viel gefehlt hat. Wer gegen den Vertreter der NLB derart deutlich «abliegt», der hat in der NLA nichts verloren!

 

Eine Kette von Fehleinschätzungen

Die völlig überraschende und entgegen jeder Prognose zustande gekommene erste Qualifikation für die Playoffs im Jahr 2011 vernebelte uns allen die Sinne. Mit «uns alle» sind wirklich alle gemeint. Von den Fans bis hin zu den Verwaltungsräten. Wie hätten wir nach dieser Playoff-Saison erkennen können, dass Geschäftsführer Ruedi Zesiger in seinem zusätzlichen Amt als Sportchef bei weitem nicht genügte. Er hatte doch, gemeinsam mit John Fust, bei den Transfers auf die Saison 2010/11 hin eine glückliche Hand. Aber danach? Torhüter Benjamin Conz, Daniel Steiner, Captain Andreas Camenzind, Sven Helfenstein, Curtis Murphy, Mike Iggulden, Brendan Brooks, Aurelio Lemm und Roman Schild. verliessen das Team. Neu kamen: Philipp Rytz, Martin Stettler, Robin Leblanc. Torhüter Robert Esche, Joel Perrault, und Kurtis McLean. Zugegeben: Dass Robert Esche und Joel Perrault Flops sein würden, war nicht voraus zu sehen. Aber als Sportchef und Geschäftsführer hatte Zesiger die Abgänge wichtiger Teamstützen wie Benjamin Conz, Daniel Steiner, Andreas Camenzind und Curtis Murphy mit zu verantworten. Als Sportchef hätte er zudem über den Sachverstand verfügen müssen, um zu erkennen, welch grosses Wunder diese erstmalige Playoff-Qualifikation aus dem Nichts heraus gewesen ist. Statt dessen liess er es zu, dass in die Organisation der SCL Tigers und in ihr Umfeld eine Art «Es geht auch so» - Stimmung einkehrte. Diese fatale Fehleinschätzung war der Beginn der Reise in die NLB.

 

Ruedi Zesiger lediglich «bestmöglicher Funktionär»

Der CEO eines grossen schweizerischen Sportunternehmens, dessen Name mir gerade entfallen ist, sagte einmal zu einem schweizweit bekannten Sportjournalisten, dessen Name mir ums verrecken nicht in den Sinn kommen will: «Ruedi Zesiger ist ein guter Funktionär. Vielleicht sogar der Beste, den man haben kann. Aber er ist kein Sportchef, und er ist kein Verkäufer.» Hier tritt das zweite Manko des ehemaligen Geschäftsführers zu tage. Er war kein Verkäufer. Und er war kein Vermarkter. Und weil er als inkompetenter Sportchef zudem schlecht verhandelte und zu hohe Löhne bezahlte («ich bin halt kein Erbsenzähler», soll er den verdutzten Verwaltungsräten einmal gesagt haben), fehlte zum Ende der Saison immer wieder Geld. Kein Schelm, wer vermutet, dass das Missverhältnis zwischen Marketing-Einnahmen und hohen Ausgaben bei den Spielerlöhnen dazu führte, dass die Verwaltungsräte, die für das Defizit gerade stehen, bei der Verpflichtungen von Verstärkungen voll auf die Sparbremse traten.

 

Dass Ruedi Zesiger mit der Stadion-Sanierung alle Hände voll zu tun hatte, stellt niemand in Abrede. Die Frage, die sich jedoch stellt ist, ob es denn da den Zesiger überhaupt gebraucht hat, oder ob er dies nicht besser delegiert hätte. Unsere vermutete Antwort darauf. Nein, denn so lange Zesiger im Amt war, hätte ein Delegieren der Aufgabe, die ihm am besten lag, zu einer Lose-Lose – Situation geführt. Denn dass er die Aufgaben als Schnittstelle zwischen den SCL Tigers und der Bauherrschaft selbst übernahm, half ihm beim Vertuschen seiner Schwächen im Verkauf. Zudem hätten die SCL Tigers ihren «bestmöglichen Funktionär» an eine Aufgabe verschwendet, die er Kraft seiner Fähigkeiten gar nicht erfüllen konnte. Der Verwaltungsrat muss sich selbst vorwerfen, mit Zesigers Entlassung viel zu lange gewartet zu haben. Viel zu lange liessen sie sich mit Erklärungen abspeisen, weshalb dieses und jenes halt nicht geht, weshalb zum Beispiel die Vermarktung der Ilfishalle nicht früher sicher gestellt werden konnte, und weshalb Sponsoren noch nicht auf den Zug aufgesprungen sind. Erfolglose Verkäufer verschwenden viel Zeit, um Gründe zu finden, weshalb sie nicht verkaufen können, oder flüchten sich in Ersatzaufgaben, die ihnen besser liegen, und die sie als Vorwand für ihr Versagen im Verkauf vorschieben können. Erfolgreiche Verkäufer nützen ihre Zeit, um zu verkaufen.

 

Der Verwaltungsrat hat dazu gelernt

Wenn dieser Abstieg auch ärgerlich ist, und wenn auch die Entscheidungen, die auf dem Weg in die NLB – um es gelinde auszudrücken – nicht immer die glücklichsten waren, so wollen wir doch nie vergessen, dass die Verwaltungsräte um Präsident Peter Jakob diesen Klub nach dem sommer 2009 vor dem Ruin retteten. Ohne sie gäbe es diesen Klub gar nicht mehr, oder er würde allenfalls unter leicht abgeänderten Namen in der 4. Liga dümpeln. Inzwischen haben Peter Jakob & Co. auch gelernt, was sie bei der Kommunikation beachten müssen. Kommunizieren ist verkaufen. Wer Bescheidenheit predigt, wird nie an die grossen Sponsoren-Beträge heran kommen. Der Weg zum wirtschaftlichen Erfolg führt auch über die Hoffnung und die Erwartungshaltung von Publikum, Öffentlichkeit und potentiellen Geldgebern. Es sind nicht die «Bescheidenen», die dafür sorgen, dass das Geld, das ein Sponsor in eine Sportorganisation buttert, irgendwie wieder zurück fliesst. Ein Sponsor verkauft seine Produkte nicht mit Bescheidenheit. Auch nicht mit Erfolglosigkeit. Sondern mit Erwartungen, Hoffnungen, Ansprüchen, und irgendwann auch mit Erfolg, wie auch immer dieser definiert sein mag.

 

Genau hier handelt Peter Jakob nun genau richtig, indem er unmissverständlich sagt, dass er die SCL Tigers in der NLA sehen will, und dass er gewillt ist, den Klub wieder dahin zurück zu führen. Immer mehr wurde in den letzten Monaten offensichtlich, dass Peter Jakob und seine Crew langsam aber sicher im Sportbusiness ankommen, und erkennen, um was es dabei geht. Diese Feststellung von aussen mag zu einem Zeitpunkt, da die Tiger gerade abgestiegen sind, etwas seltsam anmuten. Aber wie wir weiter oben unschwer erkennen, wurden die entscheidenden Fehler, die zu diesem Abstieg führten, viel früher gemacht. Zu spät wurde der unfähige Ruedi Zesiger entlassen. Aber er wurde entlassen und durch den kompetenten und feurigen Wolfgang Schickli ersetzt. Schickli ist gut im Emmental angekommen und könnte zum Hoffnungsträger der SCL Tigers werden. An ihm liegt es nun, die SCL Tigers auch in der NLB erfolgreich zu vermarkten. Mit Köbi Kölliker kam im Verlauf der Saison endlich zusätzliche Sportkompetenz ins Unternehmen. Selbstverständlich gilt es die Rolle Köllikers in der Stunde des Abstiegs zu hinterfragen. Doch die Kompetenz wird ihm wohl niemand ernsthaft absprechen wollen. Bei einigen zweifelhaften Entscheiden (z.B. der Verzicht auf Hübl) dürften ihm wohl auch die damals noch nicht so sehr im Sportbusiness angekommenen Verwaltungsräte ins Handwerk gepfuscht haben.

 

Die Fans stehen hinter dem Klub

Der Abstieg ist für die Fans ein Schock. Unmissverständlich wird jedoch klar, dass sie weiterhin voll zu den SCL Tigers stehen. Dies wird auch von den Verantwortlichen der Fanclubs und von Fanszene-Leiter Martin Leuenberger ausdrücklich bestätigt. Dies gilt übrigens auch für FANTIGER und FANTIGER-online, dem Print- und Online-Magazin des Fanclub SCL Tigers.