Durch Davos-Emotionen wach gerüttelt:

Achterbahn der Gefühle endet in Overtime-Sieg

Die SCL Tigers besiegen den HC Davos in einem wahren Krimi mit 5:4 nach Verlängerung. Alexei Dostoinov sichert seiner Mannschaft mit seinem brillanten Tor bereits nach 24 Sekunden der Verlängerung den Sieg.

Spielbericht • • von Bruno Wüthrich

Auf dem Bild sehen Sie den Ausgleich der Langnauer zum 3:3 durch Raphael Kuonen. Bild: Susanne Bärtschi

 

Die SCL Tigers nähern sich unaufhaltsam dem grossen Saisonziel, den Playoffs. Ihre letzte Niederlage kassierten sie ausgerechnet gegen ihren heutigen Gegner. Dies veranlasste die Sportredaktion eines Internetportals zu der fragwürdigen Prognose, die SCL Tigers seien zu nervos, die Knie würden schlottern und die Playoffs würden verpasst. Seither reihten die Tiger vier Siege in Serie aneinander und erarbeiteten sich dabei zehn Punkte. Weil der EHC Biel zuhause gegen den SC Bern verlor, klettert das Team von Coach Heinz Ehlers auf Tabellenrang drei. Sein Vorsprung auf den Strich beträgt mittlerweile neun Punkte, wobei das neunt-klasierte Lugano ein Spiel weniger ausgetragen hat.

Zugegeben: Im Startdrittel deutete heute nichts darauf hin, dass die Langnauer dieses Spiel gewinnen könnten. Da spielte fast nur der HC Davos. Immer waren die Bündner einen Schritt schneller, wirkten präsenter, sie dominierten ihren Gegner in allen Zonen. Dass die Gastgeber lediglich mit einem Eintore-Rückstand in die erste Pause gehen mussten, war sehr schmeichelhaft. Alexei Dostoinov glich den Führungstreffer von Anton Rödin (der Schwede erwischte Damiano Ciaccio bereits in der 3. Minute aus spitzem Winkel / es war das 100. Gegentor der Saison der Tiger) in der 10. Minute wieder aus. Ein satter Schuss von Eero Elo prallte von Davos-Hüter Anders Lindbäck direkt auf Dostoinovs Stock. Dieser hatte keine Mühe, das Angebot zu nutzen. Doch bereits 55 Sekunden später klingelte es hinter Damiano Ciaccio erneut. Dominic Buchli schlenzte den Puck von der blauen Linie ins Langnauer Tor und realisierte damit die zweite Davoser-Führung an diesem Abend. In der Pause war man sich auf der Tibüne einig. die  Tiger würden sich steigern müssen. Ein Fan aus dem Kanton Luzern meinte gar: «So ein Drittel will ich nicht mehr sehen.»

Nun, die Langnauer steigerten sich tatsähclich markant. Sie waren ab dem zweiten Drittel nicht mehr wieder zu erkennen. Dies war indes irgendwie zu vermuten. Denn noch im Startdrittel brachten die bis anhin überlegenen Gäste völlig unnötigerweise Emotionen ins Spiel. Dies dürfte die Tiger mehr wach gerüttelt haben als eine allfällige Standpauke in der Kabine. Plötzlich spielten nur noch die Langnauer. Dass die Partie  nach 40 Minuten ausgeglichen war, schmeichelten nun eher den Gästen. Immerhin dauerte es aber bis zur 34. Minute, bis Eero Elo in Überzahl nach einer schönen Kombination endlich der Ausgleich gelang. Doch in der 37. Minute schoss Marc Wieser die Bündner zum dritten Mal in Front. Diese glich Raphael Kuonen mit seinem zweiten Treffer an diesem Wochenende in der 39. Minute wieder aus. Das Schlussdrittel musste entscheiden.

Dies tat es aber nicht. Zwar nützte Harri Pesonen in der 46. Minute einen Ausschluss gegen Tino Kessler zur erstmaligen Langnauer-Führung. Doch diese rüttelte nun wiederum den HC Davos wach, während die Tiger etwas zu passiv wurden. Die Partie begann nun wieder dem Startdrittel zu ähneln. Völlig verdient realisierte Perttu Lindgren in der 57. Minute den Ausgleich. Bis zum Drittelsende stand dann der HCD sogar näher am Sieg. Doch es ging in die Verlängerung.

In  dieser folgte dann der grosse Auftritt von Alexei Dostoinov. Er schnappte sich Puck, gab diesen nicht mehr ab und bezwang Anders Lindbäck mit einem präzisen Schuss aus der Drehung in die untere Ecke zum Sieg für die Langnauer. Torhüter Damiano Ciaccio, der erneut - wie bereits gestern - einige tolle Paraden zeigte, liess sich bei diesem entscheidenden Treffer einen Assist gutschreiben.

Wiederum bewiesen die Tiger Moral, Sie machten drei Mal eine Führung ihres Gegners wett, schluckten den späten Ausgleich und siegten trotzdem. Es war eine Achterbahn der Gefühle, die aber - in der derzeitigen Verfassung folgerichtig - in einem Erfolg endete. Noch sind die Playoffs nicht gesichert. In den meisten vorherigen Saison hätten die bisher realisierten 70 Punkte gereicht. Nicht diesmal.Doch nicht nur deswegen, sondern auch wegen einer möglichst vorteilhaften Platzierung lohnt es sich für die Langnauer weiterhin, alles für weitere Siege zu tun.

Klar ist jedoch, dass der HC Davos die Playoffs nicht mehr erreichen kann. Die Bündner sind ab heute im Teletext rot eingefärbt. Zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg 1993.

 

SCL Tigers - HC Davos 5:4 n.V. (1:2, 2:1, 1:1)

Ilfishalle, 6'000 Zuschauer (ausverkauft). SR: Eichmann/Fonselius, Kaderli/Schlegel. Tore: 3. Rödin (Lindgren) 0:1. 10. (09.15) Dostoinov (Elo, Gagnon) 1:1. 11. (10.10) Buchli (Egli, Kessler) 1:2. 34. Elo (DiDomenico, Huguenin, Ausschluss M. Wieser) 2:2. 37. M. Wieser (Meyer, Ausschluss Glauser) 2:3. 39. Kuonen (Diem, Neukom) 3:3. 46. Pesonen (DiDomenico, Huguenin, Ausschluss Kessler) 4:3. 57. Lindgren (Pestoni, Rödin) 4:4. 61. (60.24) Dostoinov (Ciaccio) 5:4. Strafen: 3-mal zwei Minuten gegen die SCL Tigers, 7-mal zwei Minuten + 1-mal zehn Minuten (Jung, unsp. Verhalten) gegen den HC Davos.

SCL Tigers: Ciaccio; Leeger, Glauser; Lardi, Erni; Huguenin, Cadonau; Kindschi; Dostoinov, Gagnon, Elo; Pesonen, P. Berger, DiDomenico; Neukom, Diem, Kuonen; N. Berger, Randegger, Rüegsegger; Gerber.

HC Davos: Lindbäck; Du Bois, Buchli; Nygren, Barandun; Jung, Heldner; Ambühl, Lindgren, Rödin; Pestoni, Corvi, M. Wieser; Meyer, Aeschlimann, Hischier; Kessler, Egli, Frehner; Portmann.

Bemerkungen: SCL Tigers ohne Punnenovs, Johansson, Gustafsson, Blaser, Nüssli, Peter (alle verletzt), Gilliati, Melnalksnis (beide überzählig). HC Davos ohne Payr, D. Wieser,Sandell, Stoop (alle verletzt), Bader (krank) Heynen, Kundracek, Baumgartner (abwesend)