Das Gotthelf'sche Schicksal des SCL-Sportmanagers

von Klaus Zaugg - Langnaus Geschäftsführer Ruedi Zesiger muss gehen. Es ist der wichtigste Personalentscheid der Tigers seit dem Wiederaufstieg 1998. Seine Verdienste werden erst viel später anerkannt.

Presse • • von 20 Minuten online, Klaus Zaugg

Ruedi Zesigers Name steht in goldenen Buchstaben im Geschichtsbuch des Langnauer Hockeys: Er war Geschäftsführer beim Wiederaufstieg von 1998. Er holte Todd Elik nach Langnau. Er machte nach seiner Rückkehr zu den SCL Tigers John Fust zum Trainer und schaffte 2011 die Playoffs. Und er orchestrierte den Umbau des Hockey-Tempels.

 

Die Trennung von Ruedi Zesiger scheint auf den ersten Blick ein beispielloser Akt der Undankbarkeit und Respektlosigkeit zu sein. Doch auf den zweiten Blick zeigt sich: Es ist der wichtigste Personalentscheid der SCL Tigers seit der Rückkehr in die NLA.

 

Lokale Wirtschaft allein reicht nicht

Der Lehrer und Politiker – als Grossrat war er einst zeitweise SVP-Kantonalpräsident und wechselte dann zur BDP – stammt zwar aus dem Seeland. Aber durch seine langjährige Lehrertätigkeit im Schangnau, im tiefsten Emmental also, ist Ruedi Zesiger zum Emmentaler geworden. Das ist seine Stärke – und seine Schwäche. Im Gotthelf-Land war er der perfekte Sportmanager. Er hat Gänge und Läufe, Entwicklungen und Tendenzen gespürt und intuitiv die richtigen Entscheidungen getroffen. Aus der lokalen Wirtschaft zwischen Hohgant und Burgdorf hat er ein Maximum herausgeholt.

 

Aber im 21. Jahrhundert ist es nicht mehr möglich, ein NLA-Unternehmen durch die lokale Wirtschaft zu finanzieren. Die Langnauer spielen in der höchsten Spielklasse auf einer nationalen Bühne und sie können sich diese nationale Bühne nur leisten, wenn sie sich auf nationaler Ebene vermarkten. Will heissen: Sie brauchen Geldgeber aus dem ganzen Land. Auch in Bern oben oder in Basel unten oder in Luzern hinten oder draussen in Zürich. Sie brauchen einen Vermarkter, der sich, wie SCB-General Marc Lüthi, auch ausserhalb des Bernbietes zurechtfindet.

 

Zesiger ist kein nationaler Verkäufer

Die Rolle des nationalen Verkäufers liegt Ruedi Zesiger nicht. Für diese Rolle braucht es ein ganz besonderes Talent. Ein «Lüthi-Gen». Die Langnauer ahnten schon im letzten Sommer, dass sie einen besseren Verkäufer brauchen. Aber das Engagement von Heinz Schlatter scheiterte noch am Widerstand der Dorfkönige. Inzwischen ist auch ihnen klar: Es braucht das Geld der «fremden Fötzel». Es braucht einen «fremden» Verkäufer. Einen mit einer – für Emmentaler Empfinden – frechen Schnauze.

 

Die SCL Tigers sind auch dank Ruedi Zesiger in einer besseren Position als sie denken. Das Image ist tipptopp. Der Gotthelf-Grove liegt durchaus im Trend. Das Stadion gehört zu den schönsten der Schweiz. Die Infrastruktur für Spitzeneishockey stimmt und die Nachwuchsabteilung ist inzwischen sportlich saniert. Eishockey ist im Emmental, nur eine halbe Zugstunde von Bern, ein Erlebnis der besonderen Art. Die SCL Tigers können mit der Kultivierung ihrer Bescheidenheit der sympathische Gegenpol zum «Grosskotz» SC Bern werden. Aber sie müssen endlich diese Ausgangslage auf dem nationalen Werbemarkt umsetzen.

 

Schwierige Aufgabe für die SCL Tigers

Einen Trainer für die SCL Tigers zu finden war noch nie ein Problem. Und die falsche Trainerwahl hat ein Hockeyunternehmen noch nie ruiniert. Den richtigen Geschäftsführer für die SCL Tigers zu finden – sozusagen die Emmentaler Antwort auf Marc Lüthi – ist hingegen unendlich viel schwieriger. Die Langnauer müssen jetzt den richtigen Mann engagieren. Sonst geht ihnen in den nächsten zwei Jahren das Geld aus.

 

Und was wird aus Ruedi Zesiger? Seine Verdienste um die SCL Tigers werden unterschätzt und wohl erst viel später erkannt. Es wird dem Sportmanager aus dem Schangnau ein wenig ergehen wie Jeremias Gotthelf. Der Dichterfürst ist von seinen Zeitgenossen nicht als einer der Grossen der Weltliteratur respektiert worden. Der Weltruhm kam erst, als er schon im Himmel war.