Der Bubentraum von «Klein-Rexi»

SCL Tigers-Verteidiger Jörg Reber vor seinem 1000. Meisterschaftsspiel und vor einem in der über 100-jährigen Schweizer Eishockeygeschichte seltenen Jubiläum. Am nächsten Montag wird er im Ilfisstadion gegen Biel zu seinem 1000. Meisterschaftsspiel einlaufen.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

Jörg Reber, Eishockey und Rejio «Rexi» Ruotsalainen – das ist eine Liebesgeschichte auf schmalen Kufen. «Eishockey», schwärmt der 37-jährige Schlosswiler, «ist meine grosse Leidenschaft, mein Hobby und auch mein Beruf. Eine Konstellation, die nicht übertroffen werden kann. Eishockeyprofi – das ist die Erfüllung eines Traumes, den ich schon als kleiner Bub hatte.» Jörg Reber wusste bereits nach seinen ersten Eishockey-Gehversuchen auf dem Natureisfeld des Schulhauses in Schlosswil wohin er wollte – zum SCB. Nicht zuletzt, weil dort sein grosses Idol spielte: Rejio Ruotsalainen, kurz «Rexi» genannt, der beste Verteidiger, der je in unserem Land gespielt hat: «Er war ein Genie, ein spektakulärer Offensivkünstler mit überdurchschnittlichen läuferischen Fähigkeiten,» beschreibt Jörg Reber noch heute voller Bewunderung den zweifachen Stanleycupsieger mit Edmonton und Olympia-Silbermedaillengewinner mit Finnland.


Jörg Reber zählt sich auch deshalb zum Kreis der privilegierten Schweizer Eishockeyprofis, weil er mit «Rexi» zusammen spielen durfte. «Zuerst bestaunte ich ihn am Fernsehen und nur wenige Jahre danach trainierte und spielte ich mit ihm. Was wollte ich mehr.» Am 5. Januar 1992, vor fast auf den Tag genau zwanzig Jahren, wurde Jörg Reber vom damaligen SCB-Meistercoach Bill Gilligan erstmals für ein NLA-Spiel aufgeboten. Gegen Kloten musste er als 17-jähriger Elitejunior allerdings während des ganzen Spieles auf der Ersatzbank Platz nehmen – genau gleich übrigens wie auf der Gegenseite der damalige Renato-Pavoni-Ersatzgoalie Ronnie Rüeger, heute mit 1125 Einsätzen ein weiteres Mitglied des «Tausenderklubs».

Solange es der Körper zulässt
Jörg Reber und «Rexi» Ruotsalainen sind, vor allem was die körperlichen Voraussetzungen anbetrifft, so etwas wie «Seelenverwandte». Beide nicht über 175 Zentimeter gross und nicht über 80 Kilo schwer. Und auch punkto Meisterschaftsspiele gibt es erstaunliche Parallelen. Jörg «Klein-Rexi» Reber bestreitet seine 21. Saison und steht vor seinem 1000. Spiel. «Rexi» Ruotsalainen beendete seine sehr erfolgreiche Karriere nach 21 Saisons und …1006 Meisterschaftsspielen. Ans Aufhören denkt Reber allerdings noch nicht, der Spass an seinem Traumberuf ist noch viel zu gross. Sein Vertrag mit den SCL Tigers läuft noch eine Saison weiter, «dann setze ich mich hin und mache mir in aller Ruhe Gedanken über meine Zukunft. Ein entscheidender Punkt wird sein, ob mein Körper noch mitmacht oder nicht. Bis jetzt hatte ich unglaublich viel Glück.» An Altersgrenzen im Profieishockey glaubt Jörg Reber nicht. Wie sollte er? Vor etwas mehr als einem Jahr bestritt er mit 36 Jahren und sieben Monaten seine ersten A-Länderspiele und ist damit hinter Paul-André Cadieux (42 Jahre/9 Monate) und vor seinem jetzigen Teamkollegen Paul DiPietro (35/6) der zweitälteste Debütant.
Jörg Reber ist zu Recht stolz auf das, was er erreicht hat. 1992 durfte der Verteidiger als Elitejunior mit der ersten Mannschaft des SC Bern trainieren und kam, wie bereits erwähnt, gegen Kloten zu seiner ersten NLA-Partie ohne allerdings zu spielen. Am Ende der Saison erhielt er trotzdem eine Schweizer Meisterschaftsmedaille, «aber diese hat für mich nur einen beschränkten Wert. Einen höheren Stellenwert haben für mich die beiden Aufstiege mit den Traditionsklubs HC La Chaux-de-Fonds und EHC Biel. Die Rückkehr in die National League A mit diesen ehemaligen Meisterteams war mit ebenso grossen Emotionen verbunden wie letzte Saison die erste Playoffteilnahme in der Geschichte der SCL Tigers,» blickt Jörg Reber zurück.

Das «Rette-was-zu-retten-ist»-Team steht
whz. Zwei Monate vor dem Beginn des entscheidenden Meisterschaftsabschnittes, so früh wie noch nie, haben die SCL Tigers das Kader zusammengestellt, das am Ende einer enttäuschenden Saison wenigstens retten soll, was noch zu retten ist. Allerhöchste Priorität hat die Verteidigung des Platzes in der obersten Spielklasse. Dank den Verpflichtungen des kanadischen Verteidigers Mark Popovic sowie den Übernahmen des tschechischen Stürmers Vojtech Polak von Kloten und des «Alten Fuchses» Paul DiPietro von Sierre, haben Headcoach John Fust und Assistent Alex Reinhard in den restlichen 15 Qualifikationsspielen genügend Zeit, um bei der Besetzung der Ausländerpositionen die erfolgversprechendste Variante herauszufinden. Dies sind ihre Möglichkeiten.

• Torhüter Esche mit Verteidiger Popovic sowie zwei Stürmern aus dem Trio McLean/Pelletier/Polak.

• Torhüter Esche mit den drei Stürmern McLean, Pelletier und Polak.

• Torhüter Leimbacher mit Verteidiger Popovic und den drei Stürmern McLean, Pelletier und Polak.

Hinzu kommt bei allen drei Varianten der kanadisch-schweizerische Doppelbürger Paul DiPietro mit seiner immensen Erfahrung. Ohne Claudio Neff (Pfeiffersches Drüsenfieber) stehen dem Trainerduo Fust/Reinhard in der Offensive somit drei Ausländer (McLean, Pelletier, Polak), drei weitere Ausländer mit Schweizer Pass oder Schweizer
Lizenz (DiPietro, Gustafsson, Leblanc) sowie acht Schweizer (Simon Moser, Haas, Gerber, Claudio und Sandro Moggi, Genazzi, Bucher, Rexha) zur Verfügung. In der Abwehr sind es ohne Simon Lüthi (Rückenoperation) ein ausländischer Verteidiger (Popovic), sieben Schweizer (Reber, Stettler, Rytz, Schilt, Lardi, Lindemann, Christian Moser) sowie die beiden Goalies Esche (USA) und Leimbacher (Sz).

Nur ein Dutzend mit Verträgen
Je nachdem wie die einzelnen Spieler mit der in den letzten Wochen deutlich veränderte Situation umgehen können, sollte sich der verschärfte Konkurrenzkampf leistungsfördernd auswirken. Umso mehr als vom aktuellen Kader nur gerade fünf Verteidiger und sieben Stürmer weiterlaufende Verträge besitzen. Dazu kommt Etienne
Froidevaux, der am Ende der Saison vom SCB zu den SCL Tigers wechseln wird. Sämtliche Ausländer und die restlichen Schweizer hingegen kämpfen um ihre Zukunft im «Hockey-Country». Ausser Verteidiger Sebastian Schilt, der ab nächster Saison für Fribourg spielen wird.