Oder weshalb zwei Minus-Pole nicht automatisch zum Plus werden

Der grosse Irrtum des Christian Weber

«Ich werde bei meinem Entscheid für vor allem für mich schauen», sagte Christian Weber einige Tage vor Bekanntgabe seines Wechsels nach Rapperswil. Weber sah in Langnau keine Zukunft mehr, und wollte deshalb die Lakers zu neuen Höhenflügen führen. Seine Assistenten nahm er gleich mit. Noch selten war ein derart fataler Irrtum so vorhersehbar.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Frage: Was unterscheidet die SCL Tigers von den Lakers aus Rapperswil? Antwort: Die SCL Tigers werden wahrgenommen, die Lakers nicht. Wie bitte? Die Lakers schafften doch die Qualifikation für die Playoffs bereits mehrmals, waren sogar schon einmal in den Halbfinals. Derweil scheiterten die Tiger zwölf Mal beim Versuch, unter die letzten Acht vorzustossen. Und trotzdem sollen die Emmentaler mehr Beachtung finden als die St. Galler? Liegt da nicht ein Irrtum vor infolge Verblendung wegen der aktuellen Tabellensituation?

Nein! Würde an tausend Schweizer aus allen Landesgegenden die Aufgabe gestellt, möglichst viele NLA Eishockey-Klubs zu nennen, würden die Lakers aus Rapperswil mit deutlichem Abstand am häufigsten vergessen. Mit andern Worten: Das Management oder die sportliche Führung können auf und neben dem Eis richtig oder falsch machen, was sie wollen, - es interessiert einfach keinen! Diese Erkenntnis ist bitter für eine Organisation, welche durch neue Sponsorengelder und eine sanierte Eishalle eigentlich alle Fäden des Erfolgs in den Händen gehabt haben müsste.

Irrtümer noch und noch!

Rappi hatte seine grössten Erfolge zu Zeiten, als das Geld noch nicht in grösserem Umfang Einzug gehalten hatte. Aus den umsichtigen und erfolgreichen sportlichen Plandern mit beschränktenm Budget wurden plötzlich «Geldvernichter», welche grosse Budgets in sportliche Nonvaleurs verwandelten. Dabei bleibt offen, ob bereits Nonvaleurs eingekauft wurden, oder ob sich diese in Rapperswil zu solchen entwickelten. Coaches kamen und gingen, die einen wurden zu mächtig, die andern waren erfolglos. Schliesslich wurde Christian Weber von den SCL Tigers mit einem Traumangebot abgeworben. Wohl nach der Rechnung «Minus mal Minus ergibt Plus», sollte der Erfolg in Rapperswil einkehren. Dabei wurde übersehen. dass die Lakers und Weber nicht multipliziert werden können, sondern dass die rechnung eine Addition sein muss. Minus addiert mit Minus ergibt Minus, so die einfache Rechnung.

 

Volker Finke oder Vladimir Petkovic

Christian Weber hat in Langnau nicht die Playoffs gebracht. Aber er brachte eine attraktive, offensive Spielweise mit viel Spektakel. Das Publikum dankte es ihm mit zahlreichem Erscheinen, auch wenn sich die damals publizierten Zahlen später als etwas geschönt entpuppten. Es gab viele schöne Spiele und geile Erlebnisse in der Ilfishalle unter Weber. Der sportliche Erfolg blieb jedoch aus. Dies war jedoch in Langnau nicht so wichtig und wurde Weber deshalb verzeihen. Weber war in Langnau auf dem Weg, ein «Volker Finke des Emmentals» zu werden. Volker Finke war in Freiburg (DE) von 1991 bis 2006 während 16 Jahren Fussballtrainer und -Lehrer, und ging mit dem Verein durch sämtliche Höhen und Tiefen, stieg mehrere Male in die 1. Bundesliga auf und wieder ab, und war trotz den Wechslbädern an Gefühlen äusserst beliebt. Finke hätte wohl in keinem andern Verein so funktioniert wie gerade in Freiburg, und für Freiburg schien kein anderer Trainer so ideal wie Volker Finke. Mangels besserem Wissen ging man in Langnau davon aus, dass die SCL Tigers und Christian Weber eine Symbiose seien, die kaum zu überbieten sei. John Fust belehrt uns gerade eines besseren, derweil Christian Weber in Rapperswil zum «Vladimir Petkovic vom Zürichsee» mutiert ist. Petkovic ist derzeit Trainer von YB. Wollen die Berner Erfolg, muss Petkovic weg. Ob die Rapperswiler zum Erfolg zurück kehren, wenn sie Weber entlassen, darf indes bezweifelt werden. Denn die Gründe für der Misserfolg der Seebuben liegen längst nicht nur beim charakterlich einwandfreien Weber.

 

Seit Jahren ein Identifikationsproblem

Seit fünf Jahren treten die Lakers in eisblauen Dresses an. Der Vorteil: Niemand sonst benutzt diese Farbe, deshalb kann bei Heimspielen wie auch auswärts das gleiche Dress verwendet werden. Die Farbe wird jedoch bei Fans, Spielern wie auch bei den Gegnern als schwul empfunden und ist deshalb äusserst unbeliebt. Eisern und gegen den nicht erlahmenden Widerstand der Fans hält die Klubführung an der verpönten Farbe fest. Der Imageschaden dürfte inzwischen beträchtlich sein, zumal das Team aus der Plastikgeld-Arena (Diners Club Arena) inzwischen wieder Budgetkürzungen vornehmen musste. Budgetkürzungen in der Plastikgeld-Arena: Der Supergau für den Sponsoren sowie für das ganze Marketing der Lakers.

 

Der Streit um die Farbe gipfelte Anfangs dieser Saison in einem «Aufstand der Fans», und die CEO Reto Klaus wurde zu Zugeständnissen gezwungen. So werden die alten Klubfarben und das alte Logo in der sterilen, neuen Eishalle geduldet.

 

Massive Abstiegsgefahr und Webers Supergau

Die Lakers haben sich Ende letzter Saison im siebten Spiel gegen die SCL Tigers vor dem drohenden Abstieg gerettet. Die Fachwelt ist sich ziemlich sicher: Bei einer Niederlage wären die Lakers durchgereicht worden. Ähnliches droht in diesem Jahr. Die Seebuben werden den Playouts nicht mehr entrinnen und kämpfen erneut um den Ligaerhalt. Wer auf einen Abstieg der Lakers wettet, hat keine schlechten Karten.

 

Aber auch ohne Abstieg erlebt Christian Weber gerade seinen persönlichen Supergau. Zwar wurde die aktuelle Saison als «Aufbau-Saison» deklariert. Mit diesem Kader können damit trotzdem nicht die Playouts, oder gar die Chancenlosigkeit im Kampf um die Playoffs gemeint gewesen sein. Nein! Die Qualifikation für die Playoffs war von Anfang an Pflicht, und in kommenden Jahren planten die Lakers weitere Schritte nach vorne. Davon ist der Klub vom See derzeit weit entfernt, denn was früher in Langnau belastete (bereits während der Saison kommunizierte Abgänge), ereilt derzeit die Lakers. Im ohnehin nicht sehr homogenen Team von Christian Weber sind diese Abgänge bestimmt keine massnahmen zur Förderung der Teambildung. Weber stehen schwere Zeiten bevor. Derweil ist mit Webers altem Team sein Nachfolger John Fust trotz auf dem Papier massiver Schwächung der Mannschaft deutlich auf Playoff-Kurs. Schlimmer konnte es für Weber, der in Langnau auch neben dem Eis massiv mitgeholfen und angepackt hatte, gar nicht kommen.

 

Was könnte den Lakers helfen?

Die Lakers müssen den Ligaerhalt schaffen, denn sonst droht der freie Fall. Zudem muss Verwaltungsrat wohl einsehen, dass mit der Farbe Eisblau, dem Vereinsnamen Raperswil-Jona Lakers und wohl auch mit CEO Reto Klaus und (leider) Coach Christian Weber kurz-, mittel- und langfristig kein Blumentopf zu gewinnen ist. Zumindest sollte ein neuer Hauptsponsor gefunden werden, der dem Verein und der Eishalle neue Namen und neue Farben gibt. Schön wäre beispielsweise Red Bull? «Red Bull Rapperswil» wäre zumindest vom Namen her ein Interessenwecker. Die Farben Rot und Schwarz würden das schwule Eisblau verdrängen und Eindruck erwecken. Wetten, dass Rappi so nicht lange die graue Maus bleibe.

 

Wie lange Reto Klaus deswegen Dieter Mateschitz' Aktenkoffer hinterher schleppen, seiner Frau den Abwasch machen und die Terrasse wischen müsste, bleibt wohl für immer im Verborgenen. Nicht dass ich den Lakers den Coup nicht zutrauen würde, aber die dafür notwendigen Aktivitäten würden wir wohl nicht in Erfahrung bringen können.