Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Der Patient sendet ein Lebenszeichen

Die Langnauer sind angezählt, geben den Kampf aber nicht auf: In der ausverkauften Ilfishalle bezwingen sie Lausanne im fünften Spiel der Ligaqualifikation souverän mit 2:0.

Presse •

Martialische Sätze wie «Die Ligaqualifikation ist eine Schlacht» oder «Wir müssen kämpfen wie Soldaten» hatte man letzte Woche in der Langnauer Ilfishalle öfters gehört. Am späten Samstagabend sprach Simon Moser in die Mikrofone der Journalisten, und der Tigers-Captain sagte: «Es geht jetzt wirklich um Leben oder Sterben.»

 

Natürlich befindet sich kein Emmentaler Profi in Gefahr, nein, die Worte des Nationalspielers sollten vielmehr ausdrücken, wie ernst die sportliche Lage der SCL Tigers noch immer ist. Die Langnauer besiegten im fünften Vergleich den NLB-Meister Lausanne zwar 2:0 und verkürzten in der Best-of-7-Serie auf 2:3 – das Abstiegsgespenst ist jedoch nicht verscheucht. Die Waadtländer haben morgen in heimischen Gefilden die nächste Chance, die Promotion zu realisieren.

 

Köllikers Humor

Selten war in Langnau in den letzten Jahren ein Trainerwechsel medial so kritisch beurteilt worden wie jener von Alex Reinhard zu Köbi Kölliker am vergangenen Mittwoch; auch diese Zeitung schrieb von einem unglücklichen Entscheid. Der Coach reagierte auf seine Art auf das Geläster und meinte schmunzelnd: «Ich weiss nicht, wie dieser Sieg zustande kam. Ich war heute draussen im Garten. Fragen Sie die Spieler.» Gesagt, getan. «Hockey bleibt Hockey», erwiderte Simon Moser auf die Frage, was der Wechsel an der Bande bewirkt habe. «Bei uns geht es nur über den Stolz.» Dass sich ein Abstieg im Lebenslauf schlecht liest, ist mittlerweile jedem Langnauer bewusst.

 

Ob wegen Kölliker und seines Assistenten Alfred Bohren oder auch nicht: Die Tigers zeigten eine Reaktion, es war der beste Auftritt in der Ligaqualifikation. Konsequent wurden vier Linien eingesetzt, die Junioren Valentin Lüthi und Simon Sterchi erhielten verhältnismässig viel Eiszeit. Der NLA-Vertreter arbeitete hart, spielte, ohne zu glänzen, schnörkellos und defensiv solide. Und vor allem gaben die Langnauer dem Puck eine Chance, den Weg ins Tor zu finden, indem sie aus fast allen Lagen den Abschluss suchten. Kurz: Etliche Beobachter dürften sich gefragt haben: weshalb eigentlich nicht immer so?

 

Brunners Emotionen

Die Frage, weshalb zuletzt nicht immer Damiano Ciaccio das Tigers-Tor gehütet hatte, könnte man sich auch stellen. Dank der Leihgabe von La Chaux-de-Fonds (siehe Text unten) blieben die Emmentaler erstmals seit 16 Wochen ohne Gegentreffer. Die beiden Tore im Mittelabschnitt schossen Arnaud Jacquemet und im Powerplay Pascal Pelletier (28.Saisontreffer). Der beste Langnauer war jedoch Adrian Brunner. Der jüngere Bruder von NHL-Stürmer Damien Brunner wirkt derzeit wie ein Duracell-Hase. Am Samstag agierte er sehr aggressiv; um Emotionen zu wecken, schrie er mehrmals auf seine Mitspieler ein. Die Emotionen hätten zuletzt etwas gefehlt, gestand der Stürmer.

 

Zenhäuserns Erkenntnis

Die Leistung in Spiel 5 könnte den Langnauern Energie verleihen; bei den einheimischen Fans jedenfalls ist der Glaube an die Wende zurückgekehrt. Die Stimmung im ausverkauften Stadion war so gut wie noch nie in dieser Saison, Langnaus Gemeindepräsident Bernhard Antener sorgte während der ganzen Partie für Lärm –mit einer Kartonklatsche. Diese «Instrumente» waren zu Tausenden verteilt worden. Zur tollen Ambiance trugen auch die euphorischen Waadtländer bei, die mit einem Fanmarsch in Langnau kurzzeitig sogar den Verkehr lahmgelegt hatten. Auf dem Eis mangelte es den Akteuren indes an Durchsetzungsvermögen, sie blieben erstaunlich harmlos – der Tigers-Erfolg hätte höher ausfallen müssen. «Langnau wollte diesen Sieg mehr als wir», konstatierte Gästetrainer Gerd Zenhäusern.

 

Köbi Kölliker resümierte, es werde in Lausanne schwieriger werden. «Aber es ist möglich, dort zu gewinnen.» Simon Moser sagte, er denke nur von Einsatz zu Einsatz. «Man sollte sich nicht verrückt machen lassen.» Daneben stand Adrian Brunner, ungefragt liess er verlauten: «Wir sind noch nicht tot. Machen wir aber einen Schritt in die falsche Richtung, stürzen wir in den Abgrund.» Um dies zu verhindern, braucht es zwei Siege gegen ein NLB-Team. Nicht mehr und nicht weniger.