Die Heucheleien der Charakterstarken aus Kloten

Blog • • von Bruno

 

Wie naiv sind Sportjournalisten bei der Darstellung schwieriger Sachverhalte?

 

Als charakterstark wurden sie gerühmt, die Spieler der Kloten Flyers. Weil sie die Zahlungsfrist für die Lohnzahlungen verlängerten, weil sie nicht mit andern Klubs verhandelten, bis die Sachlage in Kloten klar war, und weil sie wacker trainierten, obwohl nicht sicher war, dass die Löhne fliessen würden. Aber die Frage stellt sich: Wie naiv sind eigentlich Sportjournalisten, die solchen Scheiss ungefiltert weiter geben?SEPARATOR

 

Die neuste Entwicklung in Kloten mit den Entlassungen der Spieler Niklas Nordgren, Roman Wick und Patrick von Gunten, sowie von Headcoach Anders Eldebrink bringen es an den Tag. Roman Wick heuert am Tag seiner Entlassung bei den ZSC Lions an, und dies obwohl er gar nicht verhandelt haben soll. Und auch der noch nicht entlassene Samuel Walser soll scheinbar ohne jede Verhandlungen in Davos landen. Dabei sind dies nur die Fälle, die bisher bekannt wurden. Gemäss mehr oder weniger zuverlässigen Quellen sollen auch andere Spieler, unter ihnen Michael Liniger, via Agenten wacker mit andern Klubs verhandelt haben.

 

Sportjournalisten sind oft überfordert, wenn sie das Geschehen abseits der Sportstätten beurteilen und kommentieren sollen. Dies zeigt auch, dass die Aufrechterhaltung des Trainingsbetriebes in Kloten trotz ausstehender Lohnzahlungen ebenfalls als Charakterstärke interpretiert wurde. Ja, was bitteschön hätten denn die Spieler anderes tun sollen als weiterhin seriös zu trainieren. Dies war ja in ihrem ureigensten Interesse. Wie wollen sie im schlimmsten Fall für andere Klubs interessant sein, wenn sie ihr Sommertraining vernachlässigen? Und immerhin wurde ja die Infrastruktur für geordnete Trainings zur Verfügung gestellt. Und die Trainer, welche die Trainings gestalteten, waren wohl auch vor Ort.

 

Bleibt noch die Fristverlängerung für die Lohnzahlungen. Hier wird wohl eher die Cleverness der Agenten anstelle der Charakterstärke der Spieler ausschlaggebend gewesen sein. Denn hätten die Spieler die Löhne eingeklagt, wäre wohl der Klub nicht mehr zu retten gewesen, und es wäre kein Investor eingestiegen. Der sicherste Weg zur möglichst vollständigen Lohnzahlung war deshalb das Abwarten.

 

Aber für mich stellt sich die Frage, ob es die Aufgabe der Sportjournalisten sein kann, einfach immer ungefiltert wieder zu geben, was ihnen in die Notitzblöcke geflüstert wird. Einigen davon wird wohl mangels Kenntnissen nie etwas anderes übrig bleiben, als sich wie bisher wacker als Sekretäre der Sprtler und Sportfunktionäre zu betätigen. Weil sie sich mit ziemlicher Sicherheit auf die falschen Äste setzen würden, sofern sie sich einmal etwas weiter auf diese hinaus wagen würden.

 

Hinterher weiss man es immer besser, könnten nun einige monieren, und meine Äusserungen zudem etwas arrogant finden. Arrogant mag vielleicht stimmen. Aber nix da mit hinterher! Obwohl ich mich zu genau diesem Thema bisher kaum äusserte, so habe ich trotzdem einen Beleg dafür, dass meine Aussagen nichts mit «hinterher» zu tun haben. Als im Herbst 2004 Arno Del Curto in die Mikrophone der Fernsehstationen säuselte und seine Mannschaft rühmte, weil jeder Einzelne, ausnahmslos, die Lohnkürzungen akzeptiert haben soll, schrieb ich auf hockeyfans.ch, dies könne nicht sein, das sei überhaupt nicht möglich. Und ich bezichtigte damals den Coach der Davoser der Lüge, was mir ziemlich viel Schelte aus der Fangemeinde bis hin zu Drohungen eintrug. Zwei Wochen später traten der Kanadier Lonny Bohonos und Torhüter Lars Weibel wegen den Lohnkürzungen in den Streik.

 

Selbst die Berichterstattung eines mir bestens bekannten, sonst sehr kritischen Journalisten, der für eines der grössten Internetportale der Schweiz schreibt, ist mir diesmal zu unkritisch. Der Zweck heiligt nämlich nicht immer alle Mittel. Vor allem dann nicht, wenn in der Wahl der Mittel Alternativen bestünden. Niemand wird bezweifeln, dass Philippe Gaydoul, der mutmassliche Retter der Kloten Flyers, in der Wahl und vor allem in der Quantität der Mittel Alternativen hätte.