Die Liga erpresst den HCD

Parallel zu den Playoffs beschert uns das Hockey eine grosse Zirkusnummer: Die Erpressung des HC Davos in Sachen Spengler-Cup-Pause. Der Eklat ist programmiert.

Presse • • von 20 Minuten-online, Klaus Zaugg

Erpressung? Gewiss, ein böses Wort. Aber bei Lichte besehen ist es Erpressung: Unter der Führung von ZSC-Manager Peter Zahner und Luganos Sportchef Roland Habisreutinger hat sich die Liga zusammengerottet und dem HC Davos ein Ultimatum per 28. Februar gestellt: Entweder zahlt der HCD als Entschädigung für die Spengler-Cup-Pause so und so viel – oder die NLA spielt in der Weihnachtspause durch. Fini Spengler-Cup-Pause. Päng.

Nun lehrt uns die Geschichte, dass jemand nur Ultimaten stellen sollte, der sich mit hundertprozentiger Sicherheit auch durchsetzen kann. Sonst wartet das Chaos.

Peter Zahner sagt gegenüber 20 Minuten Online trotzig: «Wenn Davos nicht einlenkt, dann spielen wir durch!» Einlenken heisst: Die nicht am Spengler Cup mitspielenden Klubs wollen etwas mehr als 60 000 Franken für das Einlegen der Meisterschaftspause in der Altjahrswoche und Neuverhandlungen alle drei Jahre (bzw. bei Ablauf des TV-Vertrages). Das würde den HCD weniger als eine Million kosten. Davos offeriert, um Planungssicherheit zu haben, eine teuerungsindexierte Entschädigung, die bei 15 000 Franken beginnt, am Ende bei knapp 40 000 Franken liegt und in einem auf acht Jahre ausgelegten Vertrag festgeschrieben wird. Die Parteien sind also nach inzwischen sechsmonatigen Verhandlungen weiter auseinander als je zuvor.

HCD-Domenig lässt sich nicht in die Karten blicken

Auf den ersten Blick scheint klar: Wenn die Liga droht, in der Altjahrswoche durchzuspielen, bleibt dem HCD nichts anderes als niederzuknien und das Portemonnaie zu öffnen. Auf den zweiten Blick zeigt sich indes: HCD-Präsident Gaudenz F. Domenig ist soeben aus den USA zurückgekehrt (sein Sohn spielt dort bei einem Universitätsteam) und lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. Vielmehr sagt der verhandlungsgestählte Wirtschaftsanwalt sybillisch: «Ich kann noch nicht sagen, wie unsere Strategie aussieht.» Er tönt dabei nicht so wie einer, der bereit ist, sich seinen Verhandlungspartnern zu unterwerfen.

Gaudenz F. Domenig hat gute Gründe das Liga-Ultimatum zu ignorieren, zu pokern und auf Zeit zu spielen. Ohnehin ist es dem HCD gar nicht möglich, bis Ende Februar auf seriöse Art und Weise eine definitive Antwort auf das Liga-Ultimatum zu geben: Die Problematik ist viel zu komplex weil ja auch die Wünsche des Schweizer Fernsehens einen zentralen Bestandteil jeder Lösung darstellen. Sowohl der HCD (für den Spengler Cup) als auch Liga und Verband haben die neuen TV-Verträge noch nicht in trockenen Tüchern.

Durchspielen ist nicht so einfach

Vor allem: Das Durchspielen ist nicht so einfach wie die «Durchspieler» glauben. Zwar haben sich bei der letzten Liga-Versammlung bei einer Meinungsumfrage elf Klubs dafür ausgesprochen, durchzuspielen. Gespielt würde dann über die Festtage am 22. Dezember, am 26. Dezember, am 28. Dezember, am 30. Dezember und am 2. Januar. Aber formell wird in dieser Sache noch eine ganz offizielle Abstimmung notwendig sein. Diese Mehrheit dürften die «Durchspieler» wohl bekommen und Peter Zahner betont ausdrücklich: «Gibt es keine Lösung, dann spielen wir durch.» Er ignoriert alle Einwände gegen dieses Unterfangen mit dem Standartsatz: «Wir spielen durch!» Aber werden sie auch durchspielen? Die Umsetzung dieses Vorhabens ist nämlich schwierig.

Problem 1: Terminplanung. Spielplan-General Willi Vögtlin sagt gegenüber 20 Minuten Online er könne problemlos den Spielplan noch im Juni oder August entsprechend abändern. Da sei keine Eile geboten. «Ich werde dann einfach drei Wochentagsrunden in die Altjahrswoche verlegen. Allerdings kann ich dann keine Sonderwünsche mehr berücksichtigen.» Da zeichnet sich ein heiloses «Gschtürm» ab, weil kaum einer das gewünschte Heimspiel bekommen wird. Vögtlin verkündet bereits klipp und klar: «Ich werde keinerlei Sonderwünsche akzeptieren und die Paarungen diktieren.»

Problem 2: Alle kanadischen Ausländer haben in ihrem Vertrag mit dem Klub die Klausel, dass sie für Länderspiele freigestellt werden müssen. Diese Klausel ist Bedingung für die Bewilligung eines Transfers durch den kanadischen Verband. Die Spengler-Cup-Partien sind als Länderspiele deklariert. Die NLA-Klubs müssen dann also für die drei Runden während der Altjahrswoche auf die nordamerikanischen Ausländer verzichten. Nun wollen die «Durchspieler» von Anwälten prüfen lassen, ob diese Klausel überhaupt rechtlich haltbar ist – der Eklat mit dem kanadischen Verband ist programmiert.

Problem 3: Der neue TV-Vertrag ist noch nicht fertig ausgehandelt. Ist das Schweizer Fernsehen überhaupt bereit, das Durchspielen und Abwerten des Spengler Cups zu akzeptieren? Kann das Schweizer Fernsehen während der Altjahrswoche den Spengler Cup und die NLA-Meisterschaftsspiele produzieren? Hat das Schweizer Fernsehen genug Sendezeit um die NLA-Meisterschaftsspiele und den Spengler Cup zu berücksichtigen? Diese Frage ist nicht geklärt, interessiert die Sponsoren aber sehr.

Problem 4: Wie reagieren die HCD-Fans auf das Durchspielen? Wird es Auswärtsspiel-Boykotte geben? Solche Boykotte würden die Klubs im Unterland empfindlich treffen.

Problem 5: Wie reagiert der HCD Davos auf das «Durchspielen»? Bereits lässt HCD-Präsident Gaudenz Domenig durchblicken, dass die Zusammenarbeit mit der Nationalmannschaft neu überdacht werden könnte. Will heissen: Es könnte zumindest während der Saison (nicht für die WM) zu einem HCD-Nationalmannschafts-Boykott kommen.

Problem 6: Wie reagieren die Sponsoren? Es gibt mehrere Sponsoren (z.B Skoda, Feldschlösschen) die sich sowohl bei Klubs als auch beim Spengler Cup engagieren. Eine Entwertung des Spengler Cups wird wohl kaum freudig hingenommen.

Problem 7: Die freiwilligen Helfer. Viele freiwillige Helfer der Klubs schätzen die Festtagspause sehr. Einzelne Klubs werden Probleme haben, für Meisterschaftsspiele während der Festtagspause das Personal zu finden.

Problem 8: Die Schiedsrichter. Beim Spengler Cup sind in der Regel zwei Schweizer Head- und fünf oder sechs Schweizer Linienrichter im Einsatz. Es zeichnet sich ab, dass es schwierig wird, gleichzeitig den Spengler Cup, NLA- und NLB-Meisterschaftsrunden zu bepfeiffen (die NLB spielt ja auch durch).

Problem 9: Das Vermarktungs-Unternehmen Infront möchte im Rahmen des neuen TV-Vertrages die Vermarktung der Liga übernehmen und ist gleichzeitig stark interessiert, IMG auch die Vermarktungsrechte des Spengler Cups abzujagen. Infront wird kaum an einer Abwertung des Spengler Cups interessiert sein.

Problem 10: Wird durchgespielt, werden drei Meisterschaftsspiele mehr während der U20-WM gespielt. Gerade Klubs mit vorbildlicher Juniorenförderung müssen bei einer noch grösseren Anzahl Partien auf ihre besten jungen Spieler verzichten. Bei der letzten U20-WM spielten immerhin vier NLA-Stammspieler.

Wie wir es auch drehen und wenden: Die Drohung des Durchspielens ist nicht durchdacht und deshalb kaum haltbar. Peter Zahner, Roland Habisreutinger und ihre «Durchspiel-Rebellen» mahnen an Buben, die sagen: «Papi, ich will sofort ein neues Velo, sonst laufe ich von zu Hause fort und komme nie mehr heim.» So ist noch kein Bub zu einem neuen Velo gekommen.