DiDomenico allein kann es nicht richten

Die Mannschaft muss von innen heraus gesunden

Der Rückkehr von Chris DiDomenico ins Emmental scheint unmittelbar bervorzustehen. Er wäre sicherlich eine Verstärkung. Doch ob DiDo allein als Heilsbringer die SCL Tigers auf die Erfolgsspur bringen kann, ist fraglich.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Ich bleibe dabei: Insgesamt verfügt die aktuelle Ausgabe der SCL Tigers über mehr spielerisches Potential als das letztjährige Team. Was allerdings neben mir als Laien auch die Experten zu wenig beachtet haben ist, dass mit den Personaländerungen über den Sommer einiges an Leadership verloren ging. Eigentlich fing dies bereits an mit dem Abgang von Dido im Frühjahr dieses Jahres. Doch auch die Verträge mit Claudio Moggi und Sven Lindemann wurden nicht mehr verlängert. Aus spielerischen Gesichtspunkten sicherlich zurecht. Doch Moggi wurde zuvor von jedem Coach (Heinz Ehlers habe ich dazu allerdings nicht befragt) als einer der Leader innerhalb der Mannschaft bezeichnet. Und Sven Lindemanns Kampfgeist, selbst wenn seine Einsätze unter Heinz Ehlers nur noch kurz waren, war stets vorbildlich und mitreissend. Weder der Leadership von Chris DiDomenico, noch von Claudio Moggi noch von Sven Lindemann wurden adäquat ersetzt. Pech natürlich, dass mit Ex-Captain Martin Stettler und dem amtierenden Captain Pascal Berger zwei weitere unbestrittene Leader derzeit verletzungshalber fehlen. In der letzten Saison haben alle fünf hier aufgeführten Spieler zumindest teilweise gespielt und ihre Leadereigenschaften eingebracht. Diese fehlen jetzt total. Dies zeigt auch, dass die Rückkehr von Chris DiDomenico lediglich einen Teil der Lücke schliessen kann. Denn er kann nur den Teil des Loches schliessen, den er selbst durch seinen Abgang hinterlassen hat. Die andern vier kann er nicht ersetzen.

Fraglich ist zudem, in welchem mentalen Zustand DiDo aus Nordamerika zurückkehren wird. Er sei körperlich topfit, wird berichtet. Aber wie verkraftet der Kanadier das Scheitern in der NHL? Sein grosser Traum wird spätestens mit der Rückkehr definitiv geplatzt sein. Seit der Rückkehr von seiner schweren Verletzung ging es mit DiDo ständig aufwärts. Über die italienische Liga in die schweizerische NLB, dann via Aufstieg in die NLA und danach der Anfrage aus Nordamerika. Diese Erfolge steigerten seine Motivation und seine Leidenschaft. Er wollte in die beste Liga der Welt. Das war der Traum, dem er nacheiferte.

Jetzt geht es in der Karriere von DiDomenico erstmals wieder einen – vermutlich unwiderruflichen - Schritt zurück. Der Bubentraum ist geplatzt. Die grossen Ambitionen dahin. Das weiss er selbst. Dies wissen auch seine Teamkollegen.

Zugegeben: Ich traue DiDo trotzdem zu, dass er in Langnau wieder zu seiner alten Rolle zurück findet. Das Emmental und die SCL Tigers scheinen der richtige Platz für ihn zu sein. Hier erhält er die Verantwortung, durch die er aufblühen kann. Hier kann er seine Fähigkeiten voll unter Beweis stellen. Aber eben: Ob er es wirklich noch kann, ob er mental derzeit dazu in der Lage ist, wird er noch beweisen müssen. Hat er noch die gleiche Leidenschaft, wenn es nur noch um die SCL Tigers, und nicht mehr um die NHL geht?

Und noch eine weitere Frage treibt uns um: Wird alles ist alles wieder «in Butter» sein, wenn DiDo als der Alte zurück kehrt? Wohl kaum! Die SCL Tigers stecken in der Krise. Und zwar nach der miserablen Leistung in Kloten noch tiefer als zuvor. Hilft es da, wenn ein Einziger zurück kehrt?

Ja, das hilft. Ein wenig zwar nur, aber immerhin. Doch wir müssen wissen, dass es in einer Mannschaft immer mehrere Leader hat. Bzw. geben muss! Einer allein genügt nicht. Es besteht die Gefahr, dass die Rückkehr von DiDomenico deshalb keinen oder nur einen kurzzeitigen Effekt zeigt und dann verpufft. Zumal die Erwartungen und Hoffnungen an seine Person innerhalb der Fangemeinde und wohl auch der Organisation der SCL Tigers riesig sind.

Doch immerhin: Wenn es mit Hilfe von DiDo gelingt, das eine oder andere Erfolgserlebnis einzufahren, könnte dies dazu führen, dass dies dem Patienten SCL Tigers hilft, von innen her zu gesunden. Dabei dürfen wir jedoch nicht ganz vergessen, dass die Langnauer auch in der letzten Saison miserabel in die Meisterschaft starteten. Damals mit DiDomenico. Und auch mit all den anderen Leadern.

Damals hiess der Coach noch nicht Heinz Ehlers. Er kündigte an, jetzt mit der Spassgesellschaft aufzuhören, die er nach der guten letzten Saison wohl geglaubt hat, installieren zu können. Er will die Schraube nun anziehen und zu dem zurückkehren, in dem er gut ist, wie Ehlers selbst sagt. Kann er das Ding wieder drehen, so wie es ihm im letzten Herbst gelungen ist? Damals kam er als Nothelfer. Diesmal wird es schwieriger. Denn diesmal ist er als Trainer, der von Beginn weg dabei war und bei den Transfers mitreden konnte, selbst verantwortlich für die ungenügenden Leistungen seiner Mannschaft. Doch auch hier: Wenn es einem gelingt, seine Mannschaft aus dieser Misere hinauszuführen, dann ist dies Heinz Ehlers. Auch deshalb, weil er nie die grossen Erwartungen geschürt hat. Es ist zu hoffen, dass Ehlers das Kunststück gelingt. Dass er die Mannschaft dazu bringt, ihren eigenen, entscheidenden Beitrag zu ihrer Gesundung zu leisten. Denn wie gesagt: Ein Rückkehrer allein kann es nicht richten. Die Mannschaft muss sich auch selbst helfen wollen.