Ausblick auf Spiel 2 der Playoff Viertelfinalserie gegen den HC Lausanne:

Die Optionen von Heinz Ehlers

Für viele überraschend, gewannen die SCL Tigers das erste Spiel der Playoff-Viertelfinalserie auswärts in Lausanne gleich mit 5:1. Heute Abend soll in der Ilfishalle die Bestätigung folgen.

News • • von Bruno Wüthrich

Es ist unmöglich, sich in die Gedankengänge von Taktik-Hexenmeister Heinz Ehlers einzuloggen. Dies können wohl nicht einmal seine Trainerkollegen (oder sollte man -konkurrenten sagen?) der National League. Denn könnten sie es, wären die Tiger leichter auszurechnen und wohl kaum in den Playoffs. Als FANTIGER-Schreiberling betrachte ich mich nachwievor als Eishockey-Laie. Ich werde gar nicht erst versuchen, was selbst Fachleuten nicht gelingt.

Aber wir können uns getrost mit der Ausgangslage befassen. Denn dieser erste Sieg kann (man verwechsle dieses „kann“ bitte nicht mit „muss“, und schon gar nicht mit der Annahme, dass dies so geschehen wird) bereits eine grosse Bedeutung für den weiteren Verlauf der Serie haben.

Stellen wir uns vor, die SCL Tigers hätten dieses erste Spiel in Lausanne wie erwartet verloren. Niemand hätte sich deswegen gross Gedanken gemacht. Es war ja bloss das erste Spiel. Es hätte dann einfach den erwarteten Ausgang genommen. Man hätte gesagt, dass man einfach die Heimspiele gewinnen müsse, weil dann immer noch drei Gelegenheiten bestünden, um einen Auswärtssieg zu realisieren und dank diesem die Serie für sich zu entscheiden.

Doch wenn es so einfach wäre, seine Heimspiele zu gewinnen: weshalb hatt denn der HC Lausanne sein Heimspiel vom Vergangenen Samstag verloren? So wie die beiden Heimspiele in der Qaulifikation gegen den gleichen Gegner. Wie entscheidend ist heute der Heimvorteil überhaupt noch? Berücksichtigt man lediglich die Heimspiele, lagen die SCL Tigers mit 40 Punkten aus 25 Spielen der diesjährigen Qualifikation lediglich auf dem 9. Rang. Dem gegenüber steht ein dritter Rang bei der Tabelle nach Auswärtsspielen. Allerdings gewannen die Langnauer auswärts zwei Punkte weniger als zuhause. Berücksichhtigt man zudem die Entwicklung in dieser Saison, sind die Tiger mittlerweile zuhause etwas stärker einzuschätzen als auswärts. Der Heimvorteil könnte also eine Rolle spielen. Allzu gross ist diese jedoch nicht.

Doch bei einer Niederlage am Samstag in Lausanne wäre dem heutigen zweiten Spiel eine noch grössere Bedeutung zugekommen, als es ohnehin schon hat. Damit wir uns recht verstehen: dieses Spiel hat eine riesige Bedeutung! Auch aus Sicht der Langnauer! Aber der eindeutug grössere Druck lastet jetzt auf dem HC Lausanne. Verlieren die Emmentaler heute Abend, so wäre dies zwar sehr ärgerlich, denn damit wäre die ausgezeichnete Ausgangslage, die sie sich mit dem Startsieg in Lausanne erarbeitet haben, bereits wieder verwirkt, und auch das Momentum läge wieder beim HC Lausanne. Aber nüchtern betrachtet wäre das Team von Heinz Ehlers dann nach zwei Spielen genau da, wo man es realistischerweise hätte erhoffen (nicht vermuten) dürfen. Auch bei einer Niederlage heute Abend wäre (noch) nichts verloren.

Dies sieht aus der Sicht des HC Lausanne deutlich anders aus. Verlieren die Waadtländer auch in der Ilfishalle, steht es in der Serie bereits 2:0. Dies wiederum würde bedeuten, dass Ville Peltonens Mannschaft vier der fünf darauf folgenden Spiele gewinnen müsste.

So weit, so gut. Aber was bedeutet dies jetzt für das Spiel von heute Abend? Hätten die Lausanner das Spiel letzten Samstag gewonnen, hätte Ville Peltonen eine grössere Auswahl an Optionen gehabt, wie er den Gameplan für die Partie von heute Abend gestalten will. Nach der Niederlage vom Samstag muss er aktiv spielen lassen. Auf Teufel komm raus. Zumindest so lange, bis seine Mannschaft in Führung liegt. Auf Abwarten spielen zu lassen, ist bei dieser Ausgangslage für Peltonen eigentlich keine Option. Ausser, es gelingt ihm, die Tiger damit in die Euphoriefalle zu locken. Nach dem Motto: Nach dem deutlichen Sieg am Samstag lassen wir die Langnauer etwas rocken und rollen, um dann eiskalt zuzuschlagen. Diese Gefahr bestünde tatsächlich, hiesse der Coach der Langnauer nicht Heinz Ehlers. Der Däne wird seiner Mannschaft einimpfen, dass sie das defensive Konzept nicht zu verlassen habe. Auch nicht im Falle einer passiven Spielweise der Lausanner. Ville Peltonen hat demnach gar keine realistische Alternative zur aktiven Spielweise. Er muss seine Mannschaft vorwärts treiben. Heinz Ehlers wird seine Mannschaft darauf einstellen.

Dabei haben die Langnauer mehr als eine Option. Sie können, aber müssen nicht auf Teufel komm raus aktiv spielen. Sie taten dies auch in Lausanne nicht, sondern hielten in erster Linie mal den Gegner in Schach. Sie lieferten ein fast perfektes Auswärtsspiel ab und nahmen damit dem Lausanner Angriffsbemühungen die Luft. Heinz Ehlers wird seine Mannschaft darauf einstellen, dass die gegnerischen Angriffsbemühungen noch eine ganze Schippe intensiver werden, aber ansonsten kann er auf die Taktik setzen, die sich in Lausanne bewährt hat. Er kann den Gegner aber auch mit einer sehr aktiven Spielweise seiner Mannschaft überraschen. Überraschen deshalb, weil er nach dem Sieg in Lausanne nicht zwangsläufig so spielen lassen muss. Er hat Optionen.

Trotzdem ist der Ausgang der heutigen Partie völlig offen. Möglicherweise ist eine der Lehren, die Heinz Ehlers aus dem verlorenen letzten Spiel der Qualifikation gegen den gleichen Gegner gezogen hat die, dass es nicht sinnvoll ist, den HC Lausanne allzu sehr kommen zu lassen. Der Druck, den die Waadtländer in diesem Spiel aufzuziehen in der Lage waren, hat die Langnauer schliesslich erdrückt. So weit dürfen es die Langnauer nicht kommen lassen.

Denn der Grat ist schmal.