Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Die perfekte Planung der Tigers

Zahlen lügen nicht: In der wichtigsten Phase der Saison zeigen die SCL Tigers ihre besten Leistungen. Die frappante Steigerung gegenüber der mässigen Qualifikation gilt es heute im zweiten Finalspiel in Visp zu bestätigen.

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«Statistiken sind wie Bikinis. Sie enthüllen eine ganze Menge, verbergen aber das Wichtigste.» Die Worte des Wirtschaftsprofessors Aaron Levenstein haben etwas Wahres. Doch Zahlen lügen bekanntlich nicht – auch nicht im Fall der SCL Tigers. Die Langnauer schlossen die NLB-Qualifikation auf dem zweiten Rang ab, sie überzeugten jedoch selten; gemessen an den eigenen Ansprüchen, agierten sie instabil.

 

Seit Beginn der Playoffs Mitte Februar hingegen hat der Absteiger zehn von elf Partien für sich entschieden, nahezu in sämtlichen Bereichen Fortschritte erzielt (siehe Tabelle). Die Tigers schiessen mehr Tore,
erhalten aber weniger; die Abwehrquote von Goalie Lorenzo Croce ist höher, die Ausländer sind produktiver geworden.

 

Freilich lassen sich die 45 Spiele umfassende Qualifikation sowie die finale Meisterschaftsphase nur bedingt vergleichen. Doch auch die Beteiligten sprechen vor dem heutigen zweiten Finalspiel in Visp (19.45 Uhr) von einer Steigerung. «Es dauerte eine Zeit lang, aber wir haben den Schalter rechtzeitig umlegen können», meint Captain Claudio Moggi. «Die Mannschaft spielt besonnener und intelligenter», erzählt derweil Berater Alfred Bohren.

 

Moggis Lob

Bohren, welcher in Langnau die Sportkommission unterstützt und in der kommenden Saison möglicherweise als Scout weiterbeschäftigt wird, erwähnt Fortschritte im disziplinarischen Bereich. «Die Spieler lassen sich viel seltener zu Revanchefouls verleiten. Sie checken mehr, spielen direkter und weniger an den Banden. Vor allem aber will jeder dem anderen helfen.»

 

Claudio Moggi teilt diese Meinung. Die Mannschaft sei näher zusammengerückt, hält der Stürmer fest; «wir kommunizieren bewusster, haben einen speziellen Event durchgeführt und damit den Teamgeist gefördert». Moggi gesteht, dass einige Spieler zunächst Mühe bekundet hätten, in der NLB mit ihrer neuen Rolle klarzukommen. «Der eine oder andere war überrascht, wusste nicht, worauf  er sich einlässt.»

 

Moggi, am Dienstag beim 4:1-Auftaktsieg erster Torschütze, hatte während der Qualifikation die teils dürftigen Darbietungen nicht beschönigt. Die Verbesserungen in der Defensive führt er vorab aufs System von Coach Bengt-Ake Gustafsson zurück. «Er hat uns sein Konzept Schritt für Schritt näher gebracht – er liess uns Zeit, wollte uns mit seinen Ideen nicht überfordern.»

 

Gustafssons Wunderheilung

Gustafsson richtete die Planungen konsequent auf die Playoffs aus, verfiel trotz der vielen Niederlagen nicht in Aktionismus. Hinter dem Olympiasieger und Weltmeister (2006 mit Schweden) geht Assistent Peter Andersson oft vergessen, sein Einfluss wird unterschätzt. Der einstige NHL-Profi kümmert sich um die Abwehr, verweist gerne auf den Fakt, dass die Tigers in den Playoffs nur ein Gegentor in knapp 66 Unterzahlminuten erhalten haben. «Wer gut Boxplay spielt, erhält Sicherheit», sagt der 52-Jährige. Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, konstatiert Moggi. «Unser Selbstvertrauen ist gross; es ist kein Vergleich zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr, als alle am Boden waren.»

 

Ein Plus gegenüber der Konkurrenz ist die Kaderbreite. Mit dem Kanadier Chris DiDomenico wurde vor den Playoffs ein Skorer engagiert; Marc Rüegg, Kim Lindemann, Yannick-Lennart Albrecht und Anton Gustafsson kehrten nach wochenlangen Absenzen ins Team zurück. Die medizinische Abteilung scheint gut gearbeitet zu haben; dass Trainersohn Gustafsson drei Monate nach seiner Kreuzbandverletzung wieder mittun konnte, ist ein kleines Wunder. Solches wird nicht nötig sein, um den Final gegen die befreit aufspielenden Walliser zu gewinnen. Allerdings haben die Tigers bisher nicht mehr als die Pflicht erfüllt; «es gibt keinen Grund, abzuheben», sagt Claudio Moggi. Gemeinhin sagt man ja: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast...