Die SCL Tigers bodigen Lugano mit einer Gala

Riesenchance von Thomas Nüssli gegen Ende des ersten Drittels. Nach einer tollen Kombination scheitert der Herisauer im Tigerdress nur ganz knapp. Bild: Bruno Wüthrich

Eindeutiger geht es nicht mehr. Die SCL Tigers kannten heute mit dem HC Lugano kaum Mühe. Sie gewannen auch in dieser Höhe verdient und liessen an diesem Wochenende kein einziges Tor zu. Damit bringen sich die Langnauer im Kampf um die Playoffs wieder ins Gespräch. Denn nach zuvor sechs Niederlagen in Serie sind die fünf Punkte dieser beiden Tage nicht nur Balsam für die Seele, sondern auch für die Tabelle. Zumindest aus Emmentaler Sicht.

Abgeklärt in jeder Hinsicht agierten die SCL Tigers vorab ab dem Mitteldrittel. Am meisten Mühe mit dem Gegner hatte das Team von Coach Heinz Ehlers noch im Startdrittel. Doch bereits da war ersichtlich, dass es auch heute gut kommen könnte. Es gelang den Einheimischen immer wieder, das Geschehen ins gegnerische Drittel zu verlagern. Und doch mussten sie dem Gegner in den ersten zwanzig Minuten einige Torchancen zugestehen, und es brauchte den erneut sackstarken Damiano Ciaccio und etwas Glück, dass keine Gegentore fielen. Dafür fiel in der 17. Minute der Führungstreffer für die Tiger. Alexei Dostoinov bediente Aaron Gagnon, dessen Schuss von Lugano-Keeper Daniel Manzato nur ungenügend abgewehrt werden konnte. Dostoinov drückte die Scheibe dann über die Linie. Gegen einen Gegner wie Lugano statt in Rückstand zu geraten in Führung zu gehen, ist Gold wert. Ab diesem Zeitpunkt waren eindeutig die Emmentaler die spielbestimmende Mannschaft. Alexei Dostoinov mit seinem zweiten Treffer (27. nach einer feinen Einzelleistung aus spitzem Winkel), Cam Barker (32.) und Philippe Seydoux (39.) mit Weitschüssen stellten bereits im Mitteldrittel den Endstand her. Im Schlussdrittel verwalteten die Langnauer das Spiel im Stile einer grossen Mannschaft und liessen sich selbst von einer Fünfminutenstrafe gegen Neuzuzug Barker nicht aus der Ruhe bringen. «Wir mussten an diesem Wochenende reagieren, denn was wir in den Spielen zuvor zeigten, war nicht gut genug. Dies haben wir getan», fasste Pascal Berger die beiden letzten Spiele zusammen. Auch der Captain sah die starke Leistung von Damiano Ciaccio: «Damiano hatte bisher bestimmt keine leichte Saison. Aber wenn wir ihn brauchen, ist er da.» Dass es der Torhüter nicht alleine richten kann, ist allen klar. Deshalb lobte Berger auch das Team: «Jeder hat heute eine starke Leistung gezeigt. Jetzt müssen wir so weiter fahren. Jedes Spiel ist wichtig.»

Die Helden dieses Spiels

Wenn eine Mannschaft eine grandiose Kollektivleistung vollbracht hat, sollte man in der Regel auf die Nennung von einzelnen Helden verzichten. Denn ein Sieg gegen einen grandios bestückten Gegner wie den HC Lugano kann nur gelingen, wenn jeder Einzelne ein Held ist. Dies war heute der Fall. Die SCL Tigers gewinnen praktisch alle Zweikämpfe, sie agieren äusserst diszipliniert, ohne sich darauf zu beschränken, nur hinten rein zu stehen. Im Gegenteil: Lugano hatta uch im eigenen Drittel eine Menge zu tun. Den Emmentalern gelangen einige wirklich sehenswerte Kombinationen. Die erzielten Tore waren bei weitem nicht die einzigen guten Torchancen, die sie sich erspielten. Vor dem heimischen Publikum waren die Tiger die bessere und mehrheitlich auch die aktivere Mannschaft. Und trotzdem heben wir für einmal ein paar Helden heraus.

Damiano Ciaccio

Der grosse Held des gestrigen Spiels (kein Gegentor in 65 Minuten, kein Gegentor im Penaltyschiessen) war auch heute wieder ein Bollwerk. Wenn ein Torhüter derart in Form ist, sein Team derart im Spiel hält, dann gibt dies der ganzen Mannschaft Selbstvertrauen. Dann spielt sie anders. Die Vorderleute machen selbst weniger Fehler und agieren geschickter nach vorne. Es ist ein ewiges Gesetz: Der Torhüter macht 50 Prozent der Mannschaft aus. Damiano Ciaccio ist derzeit der Mann, der diese 50 Prozent und noch mehr ausmacht.

Alexei Dostoinov

Nicht nur, weil er heute die beiden ersten Tore erzielte, ist Alexei Dostoinov ein Held dieser Partie. Dostoinov ist ein Spieler, der Energie in die Mannschaft bringt, bissig, schnell, technisch versiert. Er ist eigentlich immer ein Aktivposten im Team der SCL Tigers. Wenn ihm dann gleich noch ein Doppelpack gelingt...

Cam Barker

Er kam für Ville Koistinen und liess den Finnen gleich im ersten Spiel vergessen. Ein Tor, ein Assist, zwei Punkte, eine +3-Bilanz, sieben Strafminuten und ein Restausschluss. Dies alles ist wahrlich beeindruckend. Dabei kam Cam Barker erst gestern Abend in Langnau an, wurde auf dem Matchblatt vorerst nur als siebter Verteidiger geführt, kam dann aber schnell zu recht viel Eiszeit. Der Mann ist in der Tat im Emmental eingefahren, wie dies nicht vielen gelingt. Zu seinen Strafminuten und dem Restausschluss: Aus meiner persönlichen, nicht ausschlaggebenden Sicht ein Witz. Barker stand schlicht und ergreifend im Weg und Klasen fuhr in ihn hinein. Völlig unerfindlich, wie Barker sich da hätte in Luft auflösen sollen. Er nahm auch die Arme nicht hoch oder senkte die Schulter ab. Natürlich ist der Kanadier ein «Mocken». 191 cm gross, 99 kg Kampfgewicht. Wenn einer da reinfährt, rumpelt es. Doch wie erwähnt, war keinerlei Willen zu einer Aktion seitens Barkers erkennbar. Und auch die zusätzlichen zwei Minuten: Ein absoluter Witz. Alessandro Chiesa wollte Klasen rächen. So weit so gut. Barker wehrte sich, ohne selbst zu schlagen. Wofür also die zwei Minuten. Was wollen die Schiedsrichter da gesehen haben? Gut – immerhin gaben sie Chiesa für den an sich harmlosen Körperangriff ebenfalls gleich zwei mal zwei Minuten. Passiert ist nichts. Aber Cam Barker wurde dadurch der gelungene Einstand im Tigerdress etwas versaut. Oder doch nicht? Es kommt auf zwei Dinge an: Wie wird die Aktion, die zu den Strafen gegen Barker führten, im Nachgang beurteilt. Sehen Ankläger und Einzelrichter den Zusammenprall des Kanadiers mit Linus Klasen anders als der Berichterstatter und belegen den vermeinlichen Sünder noch mit Spielsperren? Und wird Barker nach diesem Einstand ein ähnlich produktiver «Bösewicht» wie seinerzeit Todd Elik?

Der Kanadier Cam Barker erstmal im Tigerdress im Einsatz, lanciert das Spiel von hinten heraus, während Torhüter-Held Damiano Ciaccio gerade ein paar entspannte Sekunden einzieht. Bild: Bruno Wüthrich

Und dann noch dies: Erwähnen wollen wir auch noch Ivars Punnenovs. Nominell Torhüter Nr. 1 der SCL Tigers. Was spielt denn der jetzt für eine Rolle? Der hat doch gar nicht gespielt? Doch nach dem Spiel war von Heinz Ehlers zu vernehmen, dass er eigentlich für das heutige Spiel Ivars Punnenovs vorgesehen hatte. Doch dieser habe abgewunken mit der Begründung: «Nach dieser starkern Leistung von Ciaccio gestern musst du ihn auch heute wieder bringen. Ich verzichte auf einen Einsatz.» Auch dies ist irgendwie heldenhaft. Ein persönlicher Verzicht zum Wohle des Teams. Chapeau!!!

SCL Tigers - HC Lugano 4:0 (1:0, 3:0, 0:0)

Ilfishalle, 5'899 Zuschauer. SR: Mollard/Stricker, Kaderli/Progin. Tore: 17. Dostoinov (Gagnon) 1:0. 27. Dostoinov (Barker) 2:0. 32. Barker (Lardi, Gustafsson) 3:0. 39. Seydoux (Zryd, Nüssli) 4:0. Strafen: 2-mal zwei Minuten + 1-mal fünf Minuten (Barker, Behinderung) gegen die SCL Tigers, 7-mal zwei Minuten gegen Lugano.

SCL Tigers: Ciaccio; Zryd, Seydoux; Randegger, Huguenin; Lardi, Erni; Barker; Dostoinov, Gagnon, Thuresson; Nüssli, Albrecht, Elo; Neukom, P.Berger, Kuonen; N. Berger, Gustafsson, Gerber.

HC Lugano: Manzato (ab 32. Merzlikins); Ronchetti, Sanguinetti; Vauclair, Sartorei; Riva, Chiesa; Malewa; Klasen, Lajunen, Bürgler; Hofmann, Lapierre, Brunner; Bertaggia, Sannitz, Fazzini; Romaneghi, Cunti, Walker; Reuille.

Bemerkungen: SCL Tigers ohne Blaser (gesperrt), Erkinjuntti, Stettler, Peter (alle verletzt), Himelfarb, Haas, Rüegsegger (alle überzählig). Lugano ohne Ulmer, Wellinger (beide verletzt), Furrer (krank), Kparghai, Fontana, Morini (alle überzählig). 25. Pfostenschuss Walker.