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Diesmal könnte der Wolf doch kommen

Lausanne kann heute NLB-Meister werden. Und dann wird es für den Verlierer des Playout-Finals Lakers gegen SCL Tigers ganz ganz eng.

Presse • • von Klaus Zaugg


Liga-Qualifikation 2008
Basel (NLA) - Biel (NLB) 0:4 (1:2, 1:4, 1:2, 2:3)
Basel steigt ab, Biel steigt auf

Aber der Wolf – auf die Fabel bezogen - ist nie mehr gekommen. Und eigentlich hört niemand mehr richtig hin, wenn vor dem Wolf gewarnt wird. Im Frühjahr 2005 hat mit Lausanne – das einen Löwen als Wappentier hat - zum letzten Mal ein einigermassen intaktes NLA-Team in der Ligaqualifikation seinen Platz in der höchsten Spielklasse verloren (gegen Basel in 7 Spielen). Biel schaffte 2008 den Aufstieg in der Liga-Qualifikation gegen ein Basel mit starken Auflösungstendenzen. Die Statistik der Liga-Qualifikation ist eine Beruhigungspille für die Lakers und die SCL Tigers (siehe Bildstrecke oben).

 

Wenn also jetzt wieder jemand vor der Ligaqualifikation warnt (Der Wolf kommt!), schaut kaum mehr jemand hin. Aber diesmal könnte der Wolf kommen.

 

Überzeugende Lausanner

Lausanne hat in Olten auch das dritte NLB-Finalspiel gewonnen (4:3 n.V.). Durch einen Treffer von Benjamin Antoniette nach nur 25 Sekunden in der Verlängerung. Auf der Tribüne sass Langnaus Sportchef Köbi Kölliker. Weil das Stadion ausverkauft war, musste er auf der kalten Treppe Platz nehmen. Und was er sah, hat ihn beunruhigt.

 

Ein grosses Olten verlor gegen ein grandioses Lausanne. Die Oltner, die ihren Topskorer Marco Truttmann schon in der 5. Minute durch eine Gehirnerschütterung verloren hatten, blieben am Schluss mit leeren Energietanks stehen. Sie beeindruckten, solange die Beine sie trugen, mit gut organisiertem, geradlinigen Offensivspiel, enormem Druck aufs Tor und wirkungsvollem Forechecking. Lausanne bog sich unter diesem Ansturm. Aber es brach nicht.

 

Dieses Lausanne ist eine faszinierende Mischung aus welscher und Deutschschweizer Hockeykultur. Gut organisiert und diszipliniert in der Abwehr. Keine welsch-weiche Raumdeckung. Sondern durchaus Mut und Biss im Zweikampf. Vorwärts wird das Spiel jedoch welsch. Die Stürmer fächern aus und neigen zum «overplay»: Ein Pass zu viel, lieber eine Kurve aus dem Slot heraus statt direkt vors Gehäuse. Zwei Drittel lang findet Lausanne keinen Weg durch Oltens kompakte Defensive. Erst im Schlussabschnitt sind die Motoren warm, wird das Tempo erhöht, die Scheibe direkt gespielt und der Ausgleich sogar in Unterzahl buchstäblich erzwungen.

 

Stanley-Cup-Sieger und Nati-Stürmer

Was Lausanne so gefährlich macht: Torhüter Cristobal Huet ist sicherer als David Aebischer (Lakers) oder die beiden Goalies der SCL Tigers (Giovannini, Bäumle). Der Sturm, einmal in Schwung gekommen, wird die Lotterverteidigungen der Lakers oder der SCL Tigers in grosse Not bringen. Weil vier Linien mithalten können. In der vierten Linie stürmen mit Thomas Déruns (77 Länderspiele) und Paul Savary (32 Länderspiele) zwei Nationalstürmer.

 

Lausanne hat in Olten mit Selbstvertrauen und Stilsicherheit beeindruckt. Selbst ein 0:2-Rückstand führte nie zu Panik und Auflösung der Disziplin. Die lustlose Hektik ist seit der Entlassung von John van Boxmeer im letzten Herbst einer ruhigen Zuversicht gewichen. Gerd Zenhäusern, vom Assistenten zum Cheftrainer befördert, ist das «Teambuilding» geglückt. Er ist kein charismatischer Feuerkopf wie Arno Del Curto oder Kevin Schläpfer. Er mahnt mit seiner Ruhe und Selbstsicherheit eher an Bill Gilligan oder Serge Pelletier. Oder wie er über sich selbst sagt: «Ich bin halt weder Deutschschweizer noch Romand – ich bin Oberwalliser.»

 

Kölliker warnt vor Lausanne

Langnaus Sportchef Köbi Kölliker sagte am Sonntagabend in deutlichen Worten, was seinen Jungs blüht, wenn sie gegen dieses Lausanne in die Ligaqualifikation müssen. «Die Spieler eines NLB-Spitzenteams laufen und schiessen wie NLA-Spieler. Sie sind taktisch vielleicht etwas wilder. Aber sie werden taktische Mängel in der Liga-Qualifikation mit Leidenschaft und Kampfgeist wettmachen.» Es ist Köbi Kölliker, der ruft, «Der Wolf kommt!». Und diesmal sollte diese Warnung ernstgenommen werden.

 

Lausanne braucht gegen Olten noch einen Sieg für den NLB-Meistertitel. Wenn es Lausanne schafft, dann bekommt der Playout-Verlierer einen Gegner, der alles hat für den Aufstieg: Den Torhüter, die Stabilität in der Defensive, das Tempo in der Offensive, das Selbstvertrauen, die Disziplin und die Ausgeglichenheit über vier Linien und das Coaching.

 

Und da ist noch etwas: In drei Jahren dürfte die Sanierung der Arena in Olten abgeschlossen und eine NLA-Infrastruktur fürs 21. Jahrhundert aufgebaut sein. Olten hatte die zwei ersten Finalpartien verloren. Trotzdem kamen 6040 Fans. Hier wird im Mittelland eine alte Hockeykultur neu belebt. Oltens Präsident Benvenuto Savoldelli hat ein Sportunternehmen aufgebaut, das sportlich und wirtschaftlich von den NLA-Hinterbänklern nicht unterschätzt werden sollte. Es braucht ein grosses, ein zeitweise grandioses Lausanne, um dieses Olten im NLB-Finale in einer Partie mit NLA-Niveau zum vierten Mal zu besiegen.