Ein ganz gefährliches Teamgemisch

Nur noch 24 Tage und fünf Spiele, dann beginnt der Kampf um den Ligaerhalt. Wenig Zeit, um das Hauptproblem zu lösen – die Einstellung sämtlicher Spieler auf ein gemeinsames Niveau zu bringen.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

Der Weg der SCL Tigers zum Erfolg ist seit Jahren vorgezeichnet. Er führt über eine ausgeglichene Mannschaftsleistung, über totalen Einsatz von der ersten bis zur letzten Minute, über Kampf und Emotionen. Über die Bereitschaft jedes einzelnen Spielers, sich dem Teamgedanken unterzuordnen und sich mit den Zielen des Eishockeyunternehmens zu identifizieren. Von diesen Erfolgsvoraussetzungen war in den letzten Wochen herzlich wenig zu sehen.

 

Eine Handvoll lustloser «Zuschauer»
Nicht der Grossteil der Mannschaft ist dafür verantwortlich, sondern jene Spieler, die ihrer Arbeit nach wie vor nach dem Lust- und Launeprinzip nachgehen und ihrem Lohn-/Leistungsverhältnis nicht mehr gerecht werden. Ein Team mit den limitierten Qualitäten der SCL Tigers verkraftet es nicht, wenn sich der eine Spieler kurz vor Schluss selbst bei deutlichem Rückstand noch in einen Schuss wirft, ein anderer jedoch seine defensiven Pflichten auf ein Minimum beschränkt. Das Spiel in Ambri gegen einen Gegner im Leistungsbereich der Langnauer ging bereits frühzeitig verloren, weil es in der Mannschaft neben einsatzbereiten Vollzeitbeschäftigten eine Handvoll desinteressierter «Zuschauer» gab.


Erschreckende Schwankungen
Das einstellungsmässige Gefälle innerhalb der Mannschaft war jedoch nicht nur in Ambri erschreckend, sondern ist es bereits seit Wochen. Das derzeitige Teamgemisch ist im Hinblick auf den Abstiegskampf besorgniserregend und es kommt in den zum Teil krassen Leistungsschwankungen auch zum Ausdruck. Headcoach Alex Reinhard und Assistent Konstantin Kuraschew haben sich bisher mehr oder weniger vergeblich um die so enorm wichtige Konstanz bemüht. Ein Rückblick auf die Zeit nach dem Trainerwechsel bestätigt dies:


• Erste drei Spiele mit dem
Maximum von neun Punkten und 9:1 Toren.
• Nächste fünf Spiele: ein Punkt, 10:24 Tore.
• Nächste drei Spiele: sieben Punkte,
11:7 Tore.
• Nächste drei Spiele: drei Punkte, 8:12 Tore.
• Letzte drei Spiele: null Punkte, 7:15 Tore.



Den SCL Tigers muss es in den verbleibenden 24 Tagen bis zum Playoutbeginn gelingen, die Bereitschaft für ein gemeinsames Ziel zu kämpfen, auf einen Nenner zu bringen. In einer Best-of-7-Serie im Samstag-Dienstag-Donnerstag-Samstag-Rhythmus gegen den stets gleichen Gegner ist die Leistungskonstanz von entscheidender Bedeutung. Konstanz in einer Mannschaftssportart wie Eishockey erreicht man aber nur, wenn alle das Gleiche wollen. Andernfalls wird es äusserst schwierig, wenigstens zu retten, was noch zu retten ist. Im Falle der SCL Tigers geht es um den Ligaverbleib und die Zukunft des Klubs mit einem neuen Stadion.



Tinu Gerber wie 2001 mit den SCL Tigers
Geschieht nach der Länderspielpause kein Eishockeywunder, wird Martin Gerber am Ende seiner bereits zwölften Auslandsaison erstmals umaden Ligaverbleib kämpfen müssen. Der Langnauer im Tor von Rögle verlor mit seiner Mannschaft in der schwedischen Elitserien die zwei wohl entscheidenden Sechspunktespiele gegen AIK Stockholm (1:7) und Växjö (2:3). Der Aufsteiger fiel neun Runden vor Abschluss der

Qualifikation wieder auf den letzten Platz zurück mit einem Rückstand von 15 beziehungsweise 14 Punkten auf die Ränge 9 und 10. Diese bedeuten in Schweden den automatischen Ligaverbleib ohne Playoffteilnahme. Die beiden Tabellenletzten hingegen müssen zur gefürchteten Auf-/Abstiegsrunde gegen die vier Erstklassierten der zweiten Division antreten. Letztmals um den Ligaerhalt kämpfen musste Martin Gerber im Frühling 2001 als Goalie der SCL Tigers im Playout gegen La Chaux-de-Fonds, das in der Best-of-7-Serie mit 4:1 Siegen bezwungen wurde.


Mindestens ein Spiel gesperrt
Martin Gerber kassierte in Växjö gegen sein Team der letzten Saison eine Matchstrafe und ist für das Spiel am nächsten Montag in Lulea gesperrt. Der schwedische Verband wird den Zwischenfall zwischen dem Langnauer und einem der Schiedsrichter noch genauer prüfen. Er kann die Sperre verlängern und zudem auch noch eine Geldstrafe aussprechen.
Martin Gerber hatte sich wegen einer Zweiminutenstrafe gegen Rögle-Verteidiger Lasse Kukkonen und dem gegnerischen 3:2-Sieges-tor im darauffolgenden Powerplay 49 Sekunden vor Schluss aufgeregt und dem Schiedsrichter seine Meinung gesagt: «Ich habe einfach gesagt, was ich gedacht habe», erklärte er. «In einem derart wichtigen Spiel kurz vor Schluss eine derart fragwürdige Strafe auszusprechen, fand ich komplett übertrieben.» In Stockholm gegen das vom ehemaligen Kloten-Coach Anders Eldebrink trainierte AIK-Team wurde der Langnauer nach zwei Dritteln beim Stande von 0:4 durch Jonas Fransson ersetzt.

 
Daniel Rooth, der Eishockeyexperte von Rögles Tageszeitung, platzte nach der desolaten Leistung des Aufsteigers der Kragen. Er bezeichnete jeden einzelnen Rögle-Spieler als Versager, mit einer Ausnahme: «Martin Gerber war der einzige Rögle-Spieler, der die Einstellung eines Profis zeigte.»