Langnaus Faktoren für den schnellen Ligaerhalt:

Ein Top-Trainer und die Mannschaft als Star

Unaufgeregt und für die Fans völlig entspannt sichern sich die SCL Tigers bereits vier Runden vor Ablauf der Platzierungsrunde die NLA-Zugehörigkeit. Sie widerlegen damit die Prognosen sämtlicher Experten.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Holt das Optimum aus seiner Mannschaft heraus und manchmal sogar etwas mehr: Coach Heinz Ehlers. Bild: Peter Eggimann.

 

Awards und Wahlen sind auch im Eishockey «in». Damit werden aus Mannschaftssportlern, wie es Eishockeyspieler nun mal sein sollten, auch ein bisschen Einzelsportler gemacht. Manchmal sogar ein wenig mehr, wie das Beispiel von Langnaus ehemaligem Kanadier Chris DiDomenico zeigt, dem, als das Angebot aus der NHL kam, das Schicksal des Klubs, bei dem er gerade beschäftigt war, im wahrsten Sinn des Wortes «scheissegal» war. Zugegeben: DiDo war über weite Strecken ein wichtiger Spieler und hat für die SCL Tigers durchaus etwas geleistet. Aber er tat dies ja nicht ehrenamtlich, sondern wurde dafür gut entlohnt. Es ist nichts anderes als eine Selbstverständlichkeit, dass ein Spieler – zumal er eben entsprechend seiner Fähigkeiten entlohnt wird, - auch entsprechend seiner Fähigkeiten und seines Lohnes das Beste für seinen Arbeitgeber gibt. Etwas anderes wäre ja gar nicht akzeptabel. Dies als kleiner Exkurs für all diejenigen, die finden, die SCL Tigers hätten ihrem ehemaligen Topscorer ach so extrem viel zu verdanken...

 

Heinz Ehlers besser als der Coach des Jahres

Zurück zu den Wahlen und den allseits beliebten Auszeichnungen. Der SC Bern gewann die Qualifikation der Saison 2016/17 souverän. Niemand wird sich daran stören, dass Marc Arcobello in einer von den Tageszeitungen «Tages-Anzeiger», «Der Bund» und «Tribune de Genève» durchgeführten Umfrage zum wichtigsten Spieler der Qualifikation gewählt wurde. Auch dass mit Torhüter Leonardo Genoni der Zweitplatzierte ebenfalls ein Berner ist, geht voll in Ordnung. Eher verwunderlich ist jedoch die Wahl des Lausanne-Trainers Dan Ratushny zum Coach des Jahres. Der Kanadier führte den LHC zur Überraschung vieler auf den 4. Rang der Qualifikation. Ratushny beerbte in Lausanne den heutigen Tigers-Dompteur Heinz Ehlers, dessen Vertrag im Waadtland nicht mehr verlängert wurde.

 

Hier sieht man auch die Kehrseite solcher Wahlen. Gewählt wird nämlich nur an der Oberfläche, auch wenn sich die Wahlmänner aus den Captains und den Coaches der einzelnen Liga-Teilnehmern, also aus Experten zusammensetzen. Selten geht einer, der wählen darf, bei seiner Wahl etwas tiefer. Es gibt zwei Punkte, welche die Leistung von Dan Ratushny in Lausanne zwar nicht schmälern, aber zumindest etwas relativieren. 1.) Der LHC scheiterte in den Playoffs mit 0:4 Siegen kläglich am HC Davos. Von den letzten 15 Partien dieser Meisterschaft gewannen die Lausanner gerade mal noch deren zwei. Eine perfekt getimte Formkurve sieht anders aus! 2.) Ratushny profitierte von der Vorarbeit Heinz Ehlers, der zuvor drei Jahre im Waadtland beschäftigt war. Ratushny liess offensiver und damit spektakulärer spielen als sein Vorgänger. Dass diese Spielweise lange Zeit erfolgreich war, hängt jedoch mit der taktischen und defensiven Schulung der Mannschaft durch Ehlers zusammen. Dass der LHC nach seinem Aufstieg in die NLA zwei Mal die Qualifikation für die Playoffs schaffte und ein drittes Mal nur äusserst knapp (es ging um Minuten und hing an einem einzigen Tor) scheiterte, ist der hervorragenden Arbeit von Heinz Ehlers zuzuschreiben. Auch Ehlers scheiterte jeweils bereits im Viertelfinale, die Serien gingen jedoch beide über sieben Spiele!

 

Ehlers übernahm die SCL Tigers im letzten Herbst nach der 10. Runde, abgeschlagen mit fünf lausigen Punkten am Tabellenende liegend. Zur Erinnerung: diese Platzierung entsprach genau den Voraussagen der Experten und war deshalb keine Überraschung. Überraschend war lediglich die bereits zu diesem Zeitpunkt grosse Differenz zum vorletzten Rang. Die Sicherung des Ligaerhalts ohne die Bestreitung zumindest des Playout-Finals (in welchem ja immer alles geschehen kann), schien völlig illusionär. Dass die Fans der SCL Tigers in dieser Saison nie würden um den Ligaerhalt bangen müssen, war völlig undenkbar. Eine Dauer der Saison bis weit in den April hinein schien viel wahrscheinlicher. Doch die Saison 2016/17 wird aus Tiger-Sicht als eine der unaufgeregtesten überhaupt in die Geschichte eingehen. Würden nur die vierzig Qualirunden zählen, in denen Heinz Ehlers in Langnau an der Bande stand, wäre die Aufregung ungleich grösser gewesen. Dies jedoch im positiven Sinne. Die Langnauer wären nämlich nicht nur für die Playoffs qualifiziert gewesen, sie hätten sich auch vor dem HC Lausanne (mit Caoch Ratushny) klassiert. Wir finden, dass diese Leistung von Heinz Ehlers eindeutig höher zu gewichten ist als jene des zum Coach des Jahres gewählten Dan Ratushny. Zumal beim Team von Heinz Ehlers sogar die Formkurve stimmt! Die direkte und konsequente Art des Dänen kommt nicht bei allen Spielern gleich gut an. Doch sie ist effektiv. Jeder weiss, wer der Chef ist. Jeder weiss, dass er die Rolle spielen muss, die der Chef ihm zugedacht hat. Ehlers ist bekannt dafür, dass er keinerlei Rücksicht auf Namen nimmt. Er wirkt grantiger als der grantigste Emmentaler und passt deswegen hervorragend in unser Tal. Er versteht es, aus dem bestehenden Potential das Optimum heraus zu holen. Nicht weniger hat er in dieser Saison in Langnau getan, und deshalb gebührt ihm die höchste Anerkennung.

 

Mannschaft ist wichtiger als Einzelspieler

Kurios ist (oder scheint zumindest) auch, dass bei derselben Wahl im «Schweizer Allstar-Team» mit Julien Sprunger und Denis Hollenstein zwei Spieler auftauchen, die offensichtlich nicht in der Lage waren, ihren Mannschaften zu den von ihnen erwarteten Leistungen zu verhelfen. Sowohl Gottéron (Sprunger) wie auch Kloten (Hollenstein) wurden als Mannschaften deutlich höher eingeschätzt als die Langnauer und galten aus Sicht der Experten als für die Playoffs gesetzt. Doch wir wollen die Leistungen dieser beiden begnadeten Spieler nicht klein reden. Sprunger war mit 51 Punkten (26 Tore, 25 Assists) in der Qualifikation zweitbester Skorer der Liga, und auch Hollenstein ist mit 44 Punkten (23 Tore, 21 Assists) weit vorne zu finden (11.). Dagegen ist Langnaus Quali-Topscorer Chris DiDomenico (der für die Tiger die ganze Qualifikation bestritt und dabei auf 10 Tore, 28 Assists und 38 Punkte kam) erst auf Rang 23 zu finden. In den Reihen von Gottéron finden wir auch noch Roman Cervenka, der direkt hinter seinem Teamkollegen Sprunger den dritten Plstz in der Rangliste der Liga-Topscorer belegt (16 Tore, 35 Assists, 51 Punkte). Aus der Mannschaft des EHC Kloten liegen mit Drew Shore (6. 24 T, 24 A, 48 P.), Hollenstein, und Vinzent Praplan (12. 15 T. 27 A, 42 P) gleich drei Spieler vor dem Langnauer Topscorer. Sowohl Gottéron als auch der EHC Kloten haben also gemessen an den Punkten die besseren Einzelspieler in der Mannschaft als die SCL Tigers. Bis zum jetzigen Zeitpunkt (es fehlen noch drei Runden) haben jedoch die SCL Tigers als Mannschaft besser abgeschnitten. Was einerseits an der geschlossenen Mannschaftsleistung, aber auch an den Leistungen der Torhütern liegt. Stimmen musste hierfür jedoch auch die mentale Verfassung der ganzen Mannschaft. Beeindruckend, wie der Abgang von Topscorer Chris DiDomenico zur absoluten Unzeit weg gesteckt wurde. Die drei Spiele ohne ihn wurden ohne einen Punktverlust allesamt gewonnen. Wie wenn er nie da gewesen wäre...

 

Übrigens: Bei den oben aufgeführten Wahlen erhielt kein einzgier Spieler der SCL Tigers auch nur eine einzige Stimme. Sie spielten offenbar überhaupt keine Rolle. Heinz Ehlers kam immerhin auf zwei von 24 Stimmen, was ihm Rang vier bei den Coachs eintrug.