Wochen-Zeitung, Werner Haller

Eine positive erste Zwischenbilanz: Fünf Punkte und fünf Ränge besser

Der Start zur Meisterschaft ist bedeutend erfolgreicher ausgefallen als vor einem Jahr. Die Emmentaler sind nach sechs Runden um fünf Punkte und fünf Ränge besser.

Presse •

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr befanden sich die Langnauer als Absteiger aus der NLA auch in der NLB auf dem absteigenden Ast: Nur acht von 18 möglichen Punkten und Rang sieben. Diese ernüchternde Zwischenbilanz nach den ersten sechs Runden führte wenige Tage danach zur vorzeitigen Vertragsauflösung mit den Tschechen Tomas Tamfal (Headcoach), Josef Straka und Tomas Kurka (beides Stürmer). Jetzt, Anfang Oktober dieses Jahres, sieht eine erste Standortbestimmung nach einem halben Dutzend Runden schon wesentlich besser aus: 13 Punkte und Rang 2 hinter dem nach fünf Spielen immer noch verlustpunktfreien Meister Visp.

 

Eindeutiges defensives Merkmal

Die Langnauer haben in fünf der sechs Spiele gepunktet und die vier Siege gegen Martigny (4:2), Ajoie (5:1) und La Chaux-de-Fonds (2:1, 5:2) weisen ausnahmslos dasselbe defensive Merkmal auf: Zwei und weniger Gegentore. In zwei Spielen zeigten die Emmentaler jedoch nicht die erforderliche Konsequenz, Disziplin, Einsatzbereitschaft und Mannschaftsdienlichkeit und verloren prompt. In Weinfelden gegen Thurgau (4:5 n.P.) vergaben sie während der regulären Spielzeit vier Mal eine Eintoreführung und im Heimspiel gegen Visp (3:6) boten sie ein in jeder Beziehung miserables und entscheidendes Mitteldrittel (1:4). Die zweite Meisterschaftswoche mit zwei Spielen gegen Playoff-Halbfinalgegner La Chaux-de-Fonds und einem Leistungsvergleich mit Playoff-Finalgegner Visp bestätigte Erkenntnisse, die man schon letzte Saison gemacht hatte: Läuferisch, technisch und spielerisch starke Gegner wie La Chaux-de-Fonds liegen den Langnauern nach wie vor bedeutend besser als eine zweikampfstarke, aggressiv, hart und einfach spielende Mannschaft wie Visp. «Richtig», sagt Martin Stettler, der neue Captain der SCL Tigers, der mit Yves Müller das bisher solideste Verteidigerpaar bildet: «Unsere Entwicklung muss in dieser Richtung gehen. Wir müssen einen Weg finden, um in Zukunft gegen physisch starke Gegner erfolgreicher abzuschneiden, als diese und letzte Saison. Kann uns ein Team unter Druck setzen, steigt unsere Fehlerquote sofort an.» So gesehen, fügt Martin Stettler hinzu, seien zwei der nächsten drei Spiele echte Bewährungsproben. Die Rede ist vom Derby am Samstag um 17.30 Uhr in Langenthal und eine Woche später vom Heimspiel gegen das unerwartet schwach gestartete Olten, immerhin Qualifikationssieger der letzten Saison.

 

Die 1 im Boxplay - die 8 im Powerplay

SCL Tigers: Die Regelkommission des Internationalen Eishockeyverbandes beschloss an ihrem Kongress während der diesjährigen WM in Minsk unter anderem, die neutrale Zone des Spielfeldes von beiden Seiten her um je 153 cm (total 306 cm) zu verkleinern und dafür das Verteidigungs-, respektive das Angriffsdrittel um den gleichen Wert zu vergrössern. Die Neuerung wurde von Swiss Hockey übernommen und wird in dieser Saison in der NLA und NLB sowie bei den Elitejunioren A und B umgesetzt. Viele Experten glaubten, dass sich das Spiel durch das Plus von je 153 cm nachhaltig verändern werde, vor allem im Power- und Boxplay. Sie vergassen aber, dass man auch Spieler mit den nötigen Qualitäten in der Mannschaft haben muss, um den grösser gewordenen Raum mit schnellen Kombinationen und genauen Pässen ausnützen zu können. Die SCL Tigers schnitten in den bisherigen sechs Spielen in Über- und Unterzahl sehr unterschiedlich ab. Im Boxplay sind sie die Nummer 1 der NLB, im Powerplay aber nur die Nummer 8 unter neun Teams. Obwohl das Verteidigen mit einem Mann weniger im grösser gewordenen Abwehrdrittel anspruchsvoller geworden ist, erzielten sie im Penaltykilling bisher den überdurchschnittlich hohen Wert von 95,7 Prozent. In 40 Minuten und bei 23 Unterzahlsituationen kassierten sie erst einen einzigen Gegentreffer. Im Powerplay vermochten sie den scheinbaren Vorteil des grösseren Angriffsdrittels nicht zu nutzen. 50 Minuten lang spielten sie in Überzahl, erzielten bloss vier Tore (12,5 Prozent) und kassierten erst noch zwei Gegentreffer (Shorthander). Noch schwächer waren bisher nur die GCK Lions mit einer Powerplayquote von 9,00 Prozent.

 

Ein Schritt in die richtige Richtung

Mit der Verpflichtung von Damiano Ciaccio (bisher La Chaux-de-Fonds) als zweiten Torhüter neben Lorenzo Croce haben die Verantwortlichen der SCL Tigers einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Ciaccio und Croce gehören zu den besten und gleichwertigsten Duos der NLB und geben den Coaches die Möglichkeit, jeweils den «heisseren» der beiden Keeper ins Tor zu stellen. Beide Goalies feierten je zwei Siege und waren in den Spielen gegen Martigny (4:2), Ajoie (5:1) und La Chaux-de-Fonds (2:1, 5:2) mit höchstens zwei Gegentreffern und Abwehrquoten zwischen 92,8 und 97,6 Prozent massgeblich am Gewinn von insgesamt zwölf Punkten beteiligt. Die Werte von Damiano Ciaccio wären sogar noch deutlich besser. An den Niederlagen gegen Thurgau (4:5 n.P.) und Visp (3:6) war er unschuldig. Ungenügend war vielmehr die Gesamtleistung der Mannschaft. Deswegen erhielt er nicht die erforderliche Unterstützung.

 

Wenn ein Pechvogel nochmals Pech hat

Die SCL Tigers haben nach ihrem Abstieg in den NLB-Saisons 2013/14 und 2014/15 bisher 67 Qualifikations- und Playoffspiele bestritten. Drei Spieler befanden bei mehr als der Hälfte dieser Partien unter den Zuschauern: Anton Gustafsson fehlte 38 Mal, Deny Bärtschi 36 Mal und Marc Rüegg 35 Mal. Verletzungen sind ein Teil des Sports. Das weiss jeder Sportler. Ganz besonders hart aber ist es, wenn ein Pechvogel gleich nochmals Pech hat. So wie Deny Bärtschi. Der 32-jährige SCL-Verteidiger erlitt Anfang Februar eine Adduktorenverletzung und nach einem monatelangen Aufbauprogramm war er am Ziel, vor der Rückkehr in die erste Mannschaft. Er hatte die Ziellinie eigentlich bereits überschritten, als er sich beim ersten Schritt gleich wieder im Adduktorenbereich verletzte. «Ich fühlte mich nach dem Sommertraining bereit», erinnert sich Deny Bärtschi nur ungern an einen der bittersten Momente seiner Karriere zurück. «Noch vor dem ersten Eistraining mit dem Kader der ersten Mannschaft ging ich testhalber mit den Elitejunioren aufs Eis. Da passierte es ohne Fremdeinwirkung gleich wieder und ich musste innerhalb eines halben Jahres ein zweites Mal bei null anfangen.» Die Frage, wann er denn wieder spielen könne, will Deny Bärtschi nicht beantworten: «Es wäre unvernünftig, wenn man nach einem derart schwerwiegenden Rückschlag einen Zeitpunkt für das Comeback bestimmen würde. Alle, die jetzt an meiner erneuten Rehabilitation beteiligt sind, denken und handeln behutsam von Woche zu Woche. Geduld ist das oberste Gebot.» Deny Bärtschi gehört mit 560 Spielen in elf NLA-Saisons für Kloten, Rapperswil, Fribourg und Biel und drei NLB-Meisterschaften für La Chaux-de-Fonds und die SCL Tigers zu den Routiniers der Emmentaler. Schon eher ein «Lehrling» als ein Routinier ist der Bruder von ZSC Lions-Stürmer Patrik Bärtschi und Sohn des ehemaligen Nationalspielers Urs Bärtschi auf der Position, die er jetzt bei den Langnauern einnimmt. Nach 524 Spielen als Stürmer wagte er einen Rollenwechsel und wurde Verteidiger. Die Umschulung ist nach fünf Spielen für La Chaux-de-Fonds und 31 für die SCL Tigers aber noch längstens nicht abgeschlossen. «Ich wäre immer noch Sammeln von Erfahrungen, wenn ich nicht verletzt wäre», sagt Deny Bärtschi. Er glaubt, von seinem Wesen und seinen Fähigkeiten her eher ein Mann für die Defensive zu sein – im Gegensatz zu seinem Bruder und seinem Vater. «Ich musste schon als Stürmer meistens auch defensive Aufgaben erledigen. Das liegt mir und deshalb kam mir allmählich die Idee mit dem Rollenwechsel.» Einen ausgewiesenen «Lehrmeister» jedenfalls hat Bärtschi in Langnau: Den ehemaligen schwedischen Weltklasseverteidiger und jetzigen Assistenzcoach Peter Andersson.