Eine schwierige Phase – keine Krise!

«Krisenbewältigung im Mannschaftssport» war eine starke Diskussion Die Krise ist überstanden, kostete aber die Playoffs. 10 Spiele lang dauerte die Niederlagenserie der SCL Tigers im vergangenen Dezember. In der vom Fanclub SCL Tigers (FSCLT) organisierten Podiumsdiskussion ging es darum, wie solche Krisen entstehen, und wie man sie bewältigt.

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Am Schluss waren mehr Fragen offen als zu Beginn des Anlasses. Diese Feststellung ist positiv gemeint. Denn die Diskussion unter der Leitung vor Reto Wiedmer von Radio Neo1 zeigte, wie vielfältig das Gebiet Sportpsychologie ist, und was gerade im Mannschaftssport alles eine Rolle spielen kann, dass ein Team in eine Krise gerät. Jede beantwortete Frage löste bei so manchem der interessierten Besucher teilweise mehrere Folgefragen aus, welche im Rahmen eines 90-minütigen Podiums längst nicht alle beantwortet werden konnten. Klar wurde jedoch, dass die Massnahmen zur Bewältigung einer Krise nicht immer die Gleichen sein können. Wobei - ein Patentrezept scheint es zu geben: Die Nerven nicht verlieren und seriös weiter arbeiten. Doch alles der Reihe nach.

 

Der grösste Fanclub im Schweizerischen Eishockey pflegt seine Hauptversammlungen jeweils zu einem kleinen Event aufzupeppen, und diesen jeweils auch für Nicht-Mitglieder zugänglich zu machen. Im vergangenen Jahr informierten Tigers-Präsident Peter Jakob und Geschäftsführer Ruedi Zesiger exklusiv für etwa 40 Besucher über ihre Pläne zur Sanierung der Ilfishalle. Zu der diesjährigen Diskussion «Krisenbewältigung im Mannschaftssport» erschienen bereits ca. 60 Personen. Sie bereuten ihr Kommen nicht. «Das war total interessant. So etwas dürft ihr immer wieder organisieren,» war der Tenor auch bei denjenigen Besuchern, welche nicht Mitglied des FSCLT sind. Von der Teilnehmerzahl der legendären Diskussion im Jahr 2005 mit Hans Grunder und Ruedi Soltermann, als es darum ging, ob die neue Eishalle allenfalls in Lyssach oder Kirchberg gebaut wird, sind wir derzeit noch weit entfernt. Das Thema elektrisierte damals die Bevölkerung von Langnau derart, dass der Hirschensaal proppenvoll war. Der imposante Aufmarsch war trotz des brisanten Themas zwar nicht gerade eine Sensation, aber zumindest eine grosse Überraschung. Denn der eigentliche Anlass, die Hauptversammlung des Vereins, bietet jeweils kaum Spektakel. Nüchtern, und meist kurz und bündig, referieren die Vorstände über ihre Aktivitäten und Erfolge. Trotz grosser finanzieller Aufwendungen schrieb der Verein auch im vergangenen Jahr wieder gut 5'000 Franken Gewinn und freut sich über die stolze Zahl von 780 Mitgliedern. Skandalträchtiges ist an den Hauptversammlungen des FSCLT jeweils nicht zu erwarten. Denn die Fans der SCL Tigers wissen sich sowohl auswärts wie auch in der Ilfishalle zu benehmen. Wie wichtig dies für die SCL Tigers ist, zeigt die Aussage von Ruedi Zesiger: «Die Verhältnisse, wie wir sie in Langnau haben, sparen den SCL Tigers Jahr für Jahr viel Geld. Wir hoffen, dass dies so bleibt.»

 

Wie bewältigt man eine Krise?

Per Definition ist eine Krise eine schwierige, unsichere oder gefährliche Situation (oder Zeit), die vieles ändern kann. Als Beispiele dienen Ehekrise; Identitätskrise; Energiekrise, Finanzkrise, Führungskrise, Regierungskrise, Wirtschaftskrise etc. Das Wort Krise steht auch für schlimmer Zustand, Zwangslage und Notlage. Für SCL Tigers – Coach John Fust war die Niederlagenserie keine Krise, sondern eine schwierige Phase, welche etwas mit der Erwartungshaltung zu tun gehabt habe: «Wir erreichten letztes Jahr als 6. der Qualifikation die Playoffs, und jeder Spieler erwartete von sich und dem Team, dass wir dies wiederholen. Jetzt finden wir uns auf dem 10. oder 11. Rang wieder. In der letzten Saison führte auch sehr viel Glück dazu, dass wir so gut klassiert waren. In der aktuellen Spielzeit meint es das Glück jedoch nicht mehr so gut mit uns. Der 6. Rang der letzten Saison widerspiegelt deshalb die wahre Stärke unserer Mannschaft ebenso wenig wie die aktuelle Klassierung. Wir müssten ziemlich genau dazwischen liegen.» Der derzeit verletzte Verteidiger Jörg Reber präzisiert:«Als wir merkten, dass es nicht so lief, wie wir uns dies vorgestellt hatten, wurden wir immer unsicherer und kamen ins Grübeln.» Die bekannte Sportpsychologin Cristina Baldasarre machte geltend, dass Personalwechsel – Spieler die auf die neue Saison gekommen oder gegangen waren – die Chemie der Mannschaft verändern: «Auch wenn immer noch viele Spieler vom letzten Jahr dabei sind, handelt es sich trotzdem um eine andere Mannschaft.» Für Ruedi Zesiger war es ebenfalls keine Krise: «Die Mannschaft war immer intakt. Kein einziger Spieler hat in dieser schwierigen Situation die Schuld bei seinen Mitspielern gesucht. Für mich wäre es erst dann eine Krise gewesen, wenn das Team nicht mehr zusammen gestanden wäre. Für mich war immer klar, dass wir aus der schwierigen Situation auch wieder heraus finden würden. Mit den Verpflichtungen von Mark Popovic, Vojtěch Polák, und vor allem von Paul diPietro haben wir die nötigen Korrekturen im Team vorgenommen.»

 

Der Tenor des Podiums war einhellig. Das Rezept hiess und heisst: Weiter arbeiten.« Dies gelang ab dem Zeitpunkt wieder besser, als jedem Spieler klar wurde, dass das eigentliche Ziel, mit welchem jeder einzelne Akteur in die Meisterschaft startete, wohl definitiv verpasst würde, erklärte Zesiger: «Als wir auf dem Boden ankamen, konnten wir wieder stehen und aufbauen». Und John Fust ergänzte: «Seit Beginn des Jahres spielen wir wieder so, wie wir uns dies vorstellen. Hätten wir diese Ausbeute über die ganze Saison gehabt, wären wir in den Playoffs.»