Endlich kann der Eismeister Eis machen

von Susanne Graf, Berner Zeitung: Daniel Gerber dient den Eissportlern im oberen Emmental im 25. Jahr als Eismeister. Aber so intensiv wie dieses Jahr war sein Job noch nie. Und in der sanierten Ilfis-Halle bekommt er ganz neue Aufgaben.

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Es sieht nach einem gemütlichen Job aus. Wenn Daniel Gerber auf dem grossen Spielfeld im Langnauer Ilfisstadion steht und den Wasserschlauch langsam hin und her schwenkt, sieht es aus, als könnte so ein Eismeister entspannt ein bisschen seinen Gedanken nachhängen. Aber diese Gedanken drehen sich bei Gerber dieser Tage nicht um Töfftouren, die er noch unternehmen könnte. Sie drehen sich um technische Details, die ab dem 20.Oktober im sanierten Ilfis-Stadion funktionieren müssen. Gerber ist mit seinen drei Mitarbeitern nicht nur für das Eis verantwortlich, sondern auch für die Entfeuchtungsanlage, die Lüftung und die Heizung in den neuen Gastro- und Eventräumen.

Doch seit Anfang Woche konzentrieren sich die Eismeister auf die Eisproduktion. Als die Bauherren am Montag ihre grosse Medienkonferenz mit Stadionbegehung durchführen, wurde die Zone um die Spielfläche grossräumig umgangen. Man wolle die Eismeister nicht noch zusätzlich stressen, hiess es. Sie hatten Nachtschichten einlegen müssen, damit sie die Fläche von allen Unreinheiten freihatten und tatsächlich – wie im Bauprogramm vorgeschrieben – am 1.Oktober die Eisproduktion starten konnten.

 

Kühlen, warten, spritzen

Am Montag um 7 Uhr hätten sie angefangen, die Eisplatte auf 1 Grad Celsius hinunter zu kühlen, erzählt Gerber. Um 22 Uhr sei die gewünschte Temperatur erreicht gewesen. Dann sei es darum gegangen, diese 12 Stunden zu halten, damit sich Beton und Stahl zusammenziehen konnten. Danach wurde auf minus 6 Grad weiter gekühlt, bevor die Eismeister erstmals mit dem Schlauch Wasser auf die Fläche spritzten. 1000 Liter haben sie am Dienstagabend verteilt. Am Mittwochmorgen noch einmal. Abends haben sie dann dem Wasser 400 Kilogramm Kreidemehl beigegeben und aufgetragen. Waren am Montag noch Verkehrsmarkierungen für Velokurse auf dem Beton zu sehen, präsentiert sich nun eine grosse, weisse Fläche. Zum letzten Mal spritzte Gerber gestern Vormittag mit dem Schlauch. Ab jetzt kommt die Maschine zum Einsatz.

 

1 Zentimeter «Arbeitseis»

Sobald das «Grundeis» 2 Zentimeter dick ist, kommt eine Spezialfirma und verteilt die auf Papierfolien gedruckte Werbung. Gerber und seine Männer werden gleichzeitig die Eisfeldmarkierungen anbringen. Danach wird wieder Wasser gespritzt, bis das Eis insgesamt 3 Zentimeter dick ist. Nur 1 Zentimeter dick ist das «Arbeitseis», das die Hockeyaner in den kommenden Monaten aufkratzen und die Eismeister abhobeln und mit Wasser neu aufbauen müssen. Apropos abhobeln: Die Zeiten, da die Eismeister den abgehobelten Schnee hinter dem Stadion in die Ilfis kippten, sind vorbei.

 

Neu kommt dieser in eine eigens dafür gebaute Grube, wo er in 65'000 Litern 20 Grad warmem Wasser schmelzen und dann in die Kanalisation fliessen wird. So wolle es der Gewässerschutz, sagt Gerber. «Wir dürfen keinen sauberen Schnee mehr in die Ilfis kippen.» Sein Schmunzeln verrät, was Gerber davon hält.

 

Die Allrounder

Dass der Eismeister noch lachen kann, ist nicht ganz selbstverständlich. Seit zwei Wochen schläft er noch vier bis fünf Stunden pro Nacht. Während der ganzen Bauphase – ausser in den anderthalb Wochen Ferien – sei er eigentlich immer von etwa 6.30 bis 22 oder 23 Uhr im Stadion gewesen. Gerber verwaltete Schlüssel, wusste, wo welcher Schalter gedreht werden muss und wie Hebebühnen funktionieren. Gerber hatte die alten technischen Geräte im Griff – und er wird die neuen im Griff haben. Allerdings wird der gelernte Heizungs- und Sanitärinstallateur nicht mehr wie bisher Hahnen öffnen und Thermostaten einstellen, sondern viel häufiger am Computer sitzen und die Anlagen über den PC steuern. In seinem 25.Jahr als Eismeister im Ilfis-Stadion hat sich sein Job auf einen Schlag enorm verändert. «Wenn am 20.Oktober das erste Spiel vorbei ist, wird sicher viel Druck wegfallen», sagt er.

 

Aber zurücklehnen kann er sich erst im Frühling wieder. Ab dem 20.Oktober geht die Arbeit seines Teams erst richtig los: Garderoben putzen und tropfende Wasserhahnen flicken wird von diesem ebenso erwartet wie spiegelglattes, kompaktes Eis, wenn die Tigers einlaufen.

 

Übrigens: Im Eis befinden sich zwei Glücksbringer. Einer ist das Fränkli, das Daniel Gerber jedes Jahr aufs Eis legt, der andere Gegenstand steckte ihm Architekt Michael Rolli zu. Nur der Eismeister weiss, wo genau sie liegen.