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Felix Hollenstein, rufen Sie nun Ihren Vorgänger an?

Es gibt Spiele, die Karrieren beenden können. So ein Drama war die zweite Playout-Partie zwischen Langnau und den Kloten Flyers. Klotens neuer Trainer Felix Hollenstein ist gerade noch eiinmal davongekommen.

Presse • • von Klaus Zaugg

Felix Hollenstein kann aufatmen: Im zweiten Playout-Spiel besiegen die Kloten Flyers die SCL Tigers nach Penaltyschiessen.

 

Zuerst die Fakten, keine Polemik: Ein grosses Langnau hat gegen ein kleines Kloten nach grossem Kampf im Penaltyschiessen doch noch 2:3 verloren. Nun etwas Polemik: Wäre Klotens neuer Bandengeneral nicht ein «Hockeygott» im Dorfe, sondern irgendein Trainer aus Tschechien oder Kanada, ein Jaroslaw Halodriowitsch oder Jack Daniels, dann wären ob Klotens mühseligen Playouts Hohn und Spott und Kritik gross.

Und hätten die Flyers gar auch diese zweite Playout-Partie verloren, gegen den Tabellenletzten, der 28 Punkte weniger geholt hatte, dann wäre nicht ausgeschlossen, dass dieser oder jene vorwitzige Chronist die Entlassung von Trainer Tomas Tamfal und die Amtseinsetzung von Felix Hollenstein als das dümmste Trainer-Manöver seit Einführung der Playoffs (1986) bezeichnen würde. Es ist nicht einmal sicher, ob die Autorität von Felix Hollenstein eine vierte Niederlage im fünften Spiel unbeschadet überstanden hätte.

 

Aber am Ende zählt nur das Resultat oben auf der Resultattafel. Und dort ist abzulesen, dass die Kloten Flyers gegen die SCL Tigers die Playout-Serie mit einem 3:2 nach Penaltys ausgeglichen haben. Wie und warum und wieso spielt keine Rolle. Der Sieger hat immer Recht.

 

Kloten kommt nicht auf die Überholspur

Es war aber nicht so einfach, klar und wahr wie die Resultatanzeige auf dem Video-Würfel. Die verunsicherten Klotener wussten auch im zweiten Spiel nicht, was sie mit ihrer läuferischen und technischen Überlegenheit anstellen sollten. Hätten sie von allem Anfang an aufs Gaspedal gedrückt, dann hätten sie den Gegner bereits in den ersten 60 Minuten auf der Überholspur packen und vom Eis fegen können.

 

Aber es gelang den schlauen, tapferen Langnauern, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Sie sind auch im zweiten Spiel dieser Playout-Serie nie in Rückstand geraten. Aber am Ende unterlagen sie im Penaltyschiessen doch: Victor Stancescu, Brian Willsie und Micki Dupont trafen für Kloten. Für die Langnauer verwandelte nur Joel Genazzi. Und Denis Hollenstein, der Bub des Trainers, hatte vorher mit seinem ersten Tor seit acht Spielen und einem Assist dafür gesorgt, dass es nach 80 Minuten 2:2 stand.

 

Hollenstein: «Mentale Belastung wird unterschätzt»

Ich habe Felix Hollenstein selten so müde und gezeichnet gesehen wie nach diesem zweiten Playout-Spiel in den Katakomben des schmucken Langnauer Hockeytempels. Er sagte es nicht, aber er ahnte wohl: Eine weitere Niederlage hätte seine Position in den Grundfesten erschüttert. Und er sagt, es sei jetzt nicht die Zeit für Polemik.

 

Wie bitte? Keine Zeit für Polemik? Wenn eine so grosse Mannschaft wie seine Kloten Flyers so kleines Hockey spielt? Aber er findet doch ein Argument, das mich überzeugt. Er sagt: «Die mentale Belastung für ein favorisiertes Team wird in solchen Situationen immer wieder unterschätzt.» Und bringt ein Beispiel aus seiner langen, grandiosen Karriere. «Wir haben 1993 in München bei der WM Titelverteidiger Schweden besiegt und waren nachher in der Abstiegsrunde fast chancenlos. Es war ein Jahr nach dem WM-Halbfinale von Prag 1992.»

 

Wo er recht hat, da hat er recht. Die Schmach von München 1993 erlitten damals Nationaltrainer Bill Gilligan und sein Assistent John Sletvoll. Zwei, die für kurze Zeit als die grössten Trainer aller Zeiten, Länder und Ligen verehrt worden sind. Und er hätte gar nicht so weit in der Zeit zurückblicken müssen. Im letzten Frühjahr verlor Servette, das im 50. Spiel gegen Biel die Playoffs verpasst hatte, die erste Playoutrunde gegen die Lakers, das Schlusslicht (1:4). Und an der Bande stand mit Chris McSorley ja auch kein Banden-Warmduscher.

 

Es gibt nur einen Hockeygott

Und doch muss ein wenig Polemik sein. Schliesslich sind die Kloten Flyers mit einer Mannschaft in allerhöchste Bedrängnis geraten, die in drei Verteidigerpaaren und vier Sturmlinien mindestens einen Nationalspieler einsetzen kann. Sie müssten zu Land, zu Wasser und in der Luft überlegen sein. Felix Hollenstein, es ist an der Zeit, dass Sie Ihren Vorgänger Tomas Tamfal anrufen? «So? Warum?» Um ihn um Rat zu bitten.

 

Tomas Tamfal weiss im Gegensatz zu Ihnen, wie man Langnau in einem Heimspiel besiegt. Er hat diese Saison die SCL Tigers im Schluefweg mit 8:0 und 5:0 vom Eis fegen lassen. Klotens neuer Trainer weiss nicht so recht, ob er ob dieser Frage beleidigt oder belustigt sein soll und sagt schliesslich: «Ich werde Tomas Tamfal nicht anrufen.» Und er will auch nichts mehr von der Bezeichnung «Hockeygott» hören. «Es gibt in diesem Land nur einen Hockeygott und der bin ich nicht.» So? Wer dann? Biels Kevin Schläpfer? «Nein, Marcel Jenni.»

 

Vieles spricht nun für die Flyers

Es ist, wie es ist: Die Langnauer haben nach dem Sieg im ersten Spiel in Kloten (4:3 n.P.) nun eine einmalige Chance vergeben, 2:0 in Führung zu gehen, diese Serie vielleicht gar zu gewinnen und die Kloten Flyers in die grösste sportliche Krise seit der Überdachung des Schluefweges zu stürzen. Die Kloten Flyers haben mit Glück gewonnen und den Heimvorteil zurückgeholt. Einiges spricht dafür, dass es nun halt doch so kommen wird, wie es fast alle vorausgesagt haben: Eine klare Sache für Kloten. Die samstägliche Heimniederlage zum Auftakt wäre dann nichts weiter gewesen als ein Betriebsunfall. Ein kurzes Stolpern von Felix Hollenstein auf dem Weg zu neuem Ruhm, diesmal als Cheftrainer.

 

Gut, dass Langnaus tüchtiger Präsident Peter Jakob wenigstens ausserhalb des Eisfeldes schon alles in Ordnung gebracht hat. Die Entlassung seines Freundes Ruedi Zesiger belastet sein Gewissen nicht mehr: Der Ruedi hat beim Bundesamt für Sport Unterschlupf gefunden und wird jetzt vom Steuerzahler in der Sänfte einer Bundesstelle der Pension entgegengeschaukelt. Und mit Wolfgang Schickli hat er ausgerechnet aus Kloten einen tüchtigen neuen Manager verpflichtet. Der entlassene Trainer John Fust, dem die Langnauer eigentlich noch bis 2015 den Lohn zahlen sollten, ist vielleicht auch bald von der Lohnliste: Verbandsdirektor Ueli Schwarz, ein Langnauer, will dafür sorgen, dass Fust hauptamtlicher U20-Nationaltrainer wird. Und Sportchef Köbi Kölliker hat das Team für nächste Saison auch beisammen. Zu regeln ist eigentlich nur noch die Ausländer- und Trainerfrage. Und natürlich noch die Sicherung des Liga-Erhaltes. Das aber kann nach dieser unglücklichen dienstäglichen Niederlage noch eine Weile dauern. Es könnte sein, dass die Langnauer auch noch im April spielen.