WM-Silbermedaille der Hockey-Nati glänzt national und international

Gewählt wurde die richtige Mannschaft

Die Hockey-Nati bescherte uns mit dem unerwarteten, aber verdienten Gewinn der WM-Silbermedaille das sportliche Highlight des Jahres aus Schweizer Sicht. Sie wurde deshalb bei den «Sports Awards» zurecht zur Mannschaft des Jahres gewählt.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Zugegeben: Die Fussballer hätten die Wahl wohl ebenfalls verdient. Wenn ein kleines Land wie die Schweiz es in der wichtigsten Mannschaftssportart der Welt in die Top Ten bringt und sich für die Fussball Weltmeisterschaft qualifiziert, ist dies aller Ehren wert. Und doch sind unsere Fussballer halt noch weit von einer Medaille entfernt. Und schliesslich gibt es auch zum Ende des Jahres 2014 wieder eine Sportlerwahl. Gewinnen unsere Fussballer an der WM eine Medaille, ist ihnen die Wahl zur Mannschaft des Jahres praktisch sicher. Einzig der gleichzeitige Gewinne der Olympia-Goldmedaille und des Weltmeistertitels der Eishockeyaner könnte den Kickern die Wahl dann noch streitig machen.

 

So aber wurde Sean Simpson zu recht zum Trainer des Jahres, und die Schweizer Eishockey-Nati zu recht zur Mannschaft des Jahres gekürt. Was unsere Jungs an der Hockey-WM im Mai zeigten, war schlichtweg grandios. Zwar waren die SCL Tigers kaum einen Monat zuvor in die NLB abgestiegen. Sie waren danach die Nummer 13 im Land des Vizeweltmeisters. Zuvor waren sie die 12 eines Landes, das in dieser Sportart regelmässig spätestens im Viertelfinal scheiterte. Wir sind also quasi im Abstieg aufgestiegen. Eine These, die sich durch den Umstand erhärtet, dass durch die Ausgeglichenheit innerhalb der NLB die Leistungsunterschiede zwischen den Schwanzklubs der NLA und der NLB-Spitze kleiner geworden sind. Ich habe in dieser Saison einige Spiele von Klubs der hinteren Tabellenhälfte der NLA gesehen, und komme zum Schluss, dass Teams wie der EHC Olten, der SC Langenthal oder die SCL Tigers sowohl bezüglich Tempo, als auch technisch und taktisch mit einigen oberklassigen Teams durchaus mithalten können. Fast will es mir scheinen, dass der Gewinn des NLB-Meistertitels in dieser Saison deutlich schwieriger zu realisieren sein wird, als danach der Aufstieg in die NLA.

 

Doch zurück zur Sportlerwahl. Dass die Eishockey-Nati obenaus schwang, hatte ebenso ihre Logik wie auch die Wahl Simpsons zum Trainer des Jahres. Denn die Eishockey-Schweiz hat durch den Gewinn dieser WM-Silbermedaille deutlich bei der Weltspitze angeklopft. Auch wenn nicht erwartet werden darf, dass nun jedes Mal eine Medaille gewonnen wird, so ist doch klar geworden, dass die Schweiz das Potential dazu hat. Diese Logik hatte indes nicht jede Wahl. Dass beispielsweise Stanislas Wawrinka endlich einmal überhaupt an dieser Wahl teilnehmen durfte, und sogar den 2. Rang belegte, hat der Romand zwar vollauf verdient. Doch logisch ist dies nicht. Wäre Wawrinka ein Künstler, müsste er irgendwann für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden. Er ist derzeit die Nr. 8 in der Weltsportart Tennis, er wäre mit seinen Leistungen wohl bereits das eine oder andere Mal als Sportler des Jahres geehrt worden, gäbe es da nicht mit Roger Federer den Mann, der bisher am längsten überhaupt die Nr. 1 in dieser Weltsportart war. Dass Federer es diesmal nicht einmal in die Top 5 schaffte, obwohl er immer noch die Nr. 6 der Tenniswelt ist, und damit auch die etwas bessere Saison hatte als Wawrinka, entbehrt jeder Logik. Trotzdem gebe ich unumwunden zu, dass ich auf Wawrinka als Sportler des Jahres hoffte. Dass es Dario Cologna zum Schweizer Sportler des Jahres schaffte, ist indes vollauf verdient. Cologna ist die Nr. 1 in einer Sportart, in welcher die Schweiz vor ihm noch nicht viel zu melden hatte. Und er hat in dieser Sportart nicht nur Erfolg, sondern verhilft ihr mit seiner Natürlichkeit und seiner sympathischen Art auch zu einem Aufschwung. Heute schauen sich auch Leute Langlauf an, die sich vor wenigen Jahren noch nicht einmal für die Resultate in dieser Sportart interessierten.

 

Frustrierte Lara Gut

Überrascht wurde ich auch von der Wahl der Sportlerin des Jahres. Ich hätte da voll auf den vierten Titel von Simone Niggli-Luder gewettet, die mit ihren drei Weltmeisterschafts-Goldmedaillen zum Abschluss ihrer Karriere noch einmal so richtig glänzte. Doch sie musste der Kunstturnerin Giulia Steingruber den Vortritt lassen. Trotz Überraschung eine absolut nachvollziehbare Wahl. Denn kaum in einer anderen Sportart nehmen die Sportlerinnen und Sportler einen derartigen Aufwand auf sich wie im Kunstturnen. Während viele Eishockeyaner nach ihren Trainings längst wieder am Gamen sind, trainieren Kunstturner täglich noch einige Stunden weiter. Dieser immense Aufwand, verbunden mit dem Gewinn einer Europameisterschafts-Goldmedaille am Sprung wurden vom Publikum entsprechend honoriert. Die Wahl war äusserst knapp, denn die drei Bestgewählten klassierten sich innerhalb von lediglich gut einem Prozentpunkt. Dazu gehört als Drittklassierte auch die Skirennfahrerin Lara Gut, die sich mit ihren bereits vier Weltcupsiegen in dieser Saison grosse Hoffnungen auf den Titel machte, und sich danach per Tweet sehr frustriert zeigte, und ihre Kantonszugehörigkeit für ihre Nichtwahl verantwortlich machte. Doch da irrt sich die Tessinerin.

 

Lara Gut ist eine tolle Sportlerin. Doch noch mehr und zudem viel zu spürbar ist sie ein «Marketingprodukt». Einige ihrer Konkurrentinnen sowohl auf der Skipiste als auch bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres kommen viel natürlicher rüber. Lara ist eben nicht in allen Bereichen des Marketings gut beraten. Wenn eine Wahl derart knapp entschieden wird, dann spielen oft Details eine Rolle. Ein solches Detail ist beispielsweise ihre Homepage, die vorwiegend in englisch gehalten ist. Eine deutsche Übersetzung existiert nur, wo sie etwas vom User will (im Shop, bei dem von ihr unterstützten Afrika-Projekt, oder beim Aufruf, sie zur Sportlerin des Jahres zu wählen). Ganz bestimmt schadet ihr ihre Homepage nicht. Aber sie nützt ihr auch nicht so viel, wie dies möglich wäre. Die Tessinerein hat jedoch das Potential, diese Wahl in den kommenden Jahren noch mehr als einmal für sich zu gewinnen. Dies wäre auch gut für ihr Marketing. Gefühlt habe ich den Eindruck, dass Lara diese Wahl mehr für ihr Marketing gebraucht, als dass es für sie eine Ehre bedeutet hätte. Es kann aber durchaus sein, dass ich ihr unrecht tue. Klar ist indes, dass die Wahl zur Sportlerin oder zum Sportler des Jahres auch eine Persönlichkeitswahl ist. Da spielen mehr Faktoren eine Rolle als nur die sportliche Leistung.