Gigons Geschenk und Froidevaux’ Freude

von Reto Kirchhofer, Berner Zeitung - Die SCL Tigers setzten sich im animiert geführten Derby beim SC Bern 2:1 durch. Etienne Froidevaux sorgt für Emmentaler Glücksgefühle und Tristesse bei seinen früheren Mitspielern.

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Der Frust war gross bei den Spielern des SC Bern, und keiner versinnbildlichte den Gemütszustand besser als Byron Ritchie. Im Anschluss an die 1:2-Niederlage gegen die SCL Tigers malträtierte der Kanadier seinen Stock, schlug ihn an die Torlatte und brach das Arbeitsgerät anschliessend über dem rechten Knie entzwei.

 

Der Ärger war durchaus berechtigt: Das Heimteam hatte trotz teils nonchalanten Auftretens 1:0 geführt, war auf bestem Weg zum fünften Erfolg en suite und dem zweiten Tabellenplatz. Doch ausgerechnet Etienne Froidevaux machte den Stadtbernern den Strich durch die Rechnung: Der langjährige SCB-Spieler erzielte an seiner früheren Wirkungsstätte in der 59. Minute den Siegtreffer und sicherte Langnau den ersten Triumph in Bern seit dem 21. September 2010: Auch damals hatten die Tigers 2:1 gewonnen. Natürlich war Froidevaux nach der Partie der gefragte Mann; er sprach von einem «Supergefühl» und von «Glück, weil wir in einigen Phasen bös untendurch mussten». SCB-Coach Antti Törmänen attestierte den Gästen eine «taktisch einwandfreie Leistung» und kritisierte die «Schönspielerei» seiner Auswahl. Tatsächlich hatten die Berner vorab im Startdrittel zwar optisch ansprechend, aber nicht effizient agiert. «Die Spieler haben die schönen statt die dreckigen Tore gesucht», sagte Törmänen. «Wir wollten es zu perfekt machen, spielten oft einen Pass zu viel», ergänzte Roman Josi.

 

Josi verleiht Flügel

Der Verteidiger agierte gestern in ungewohnter Rolle: Weil sich Caryl Neuenschwander nach dem ersten Drittel krank gefühlt hatte, nahm Josi Neuenschwanders Position als Flügelstürmer neben Martin Plüss ein. Der 22-Jährige löste die Aufgabe nicht mal so schlecht und vermochte sich in der zurzeit – mit Ausnahme der ersten Sturmlinie – flügellahmen Auswahl als Aussenstürmer mehrfach in Szene zu setzen. «Es war ungewohnt, ich musste auf dem Eis ganz neue Wege gehen», sagte Josi. Der Temporärstürmer stand auch am Ursprung des spektakulärsten Angriffs des Abends: In der 32. Minute bediente er mit einem Querpass Mark Streit, der drei Tigers-Spieler auf sich zog und in der Mitte Plüss bediente – 1:0. Dass des Captains Treffer nicht zum spielentscheidenden wurde, lag auch an Olivier Gigon: Der Berner Torhüter zeigte bei seinem vierten Saisoneinsatz zwar während 50 Minuten eine tadellose Leistung, brachte die engagiert spielenden Emmentaler aber mit einem kapitalen Aussetzer in die Partie zurück: Hinter dem Tor stehend spedierte er die Scheibe zu Alban Rexha, dessen Zuspiel Robin Leblanc im offenen SCB-Gehäuse unterbrachte.

 

Trotz Gigons Geschenk war der zweite Langnauer Erfolg unter Cheftrainer Alex Reinhard keineswegs gestohlen. Im heutigen letzten Tigers-Spiel vor Weihnachten gegen die ZSC Lions wird Claudio Moggi fehlen – der Stürmer erlitt nach einem Check Alain Bergers eine leichte Hirnerschütterung.

 

Den Bernern bietet sich derweil in Biel die Chance zur Korrektur. Als wäre der Frust bei den Akteuren nicht schon gross genug gewesen, wurden sie von Teilen des Publikums mit Pfiffen verabschiedet – obwohl das Team zuvor in 15 Partien zwölfmal reüssiert hatte. Vorab der akustische Liebesentzug bei Mark Streits Ernennung zum besten Spieler war deplatziert, zumal der Verteidiger eine gute Leistung gezeigt hatte. «Unsere Fans sind toll», sagte Roman Josi, «aber die Pfiffe gegen Mark Streit waren schlicht respektlos.»