Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft:

Haben Buchhalter immer recht?

Wir leben in einer medialen Welt. Fernseher und Internet gibt es überall. Auch im Emmental, und sogar in der Leventina. Man kann es nutzen, oder man kann es lassen. Gerade das Internet hat die Spiesse derjenigen, die bisher regionale Nachteile beklagten, etwas länger gemacht. Wie recht haben demnach diejenigen, die sagen, Spitzen-Eishockey sei im Emmental nicht möglich?

Blog • • von Bruno Wüthrich

Buchhalter verweisen auf Tatsachen. Tatsache ist, dass die SCL Tigers mit finanziellen Problemen dastehen. Tatsache ist, dass diese Probleme immer wiederkehrend sind, und dass sich mehrere Führungscrews daran die Zähne ausbissen. Tatsache ist, dass diese Probleme es bisher nicht erlaubten, aus den Tigern ein Spitzenteam zu formen. Tatsache ist auch, dass es in elf Saisons nicht gelang, die Playoffs der NLA auch nur ein einziges Mal zu erreichen.

Buchhalter interpretieren Zahlen und sagen uns künftige Entwicklungen aufgrund von Zahlen voraus. Sie sagen:«Hier war nichts, hier ist nichts, ergo wird hier auch nie etwas sein.» Sie interpretieren: «Man wird die fehlenden Millionen für eine neue Eishalle nicht aufbringen können.» Als Argument dafür dienen ihnen Vergangenheit und Gegenwart. Denn seit Jahren fehlen 10 Millionen. Genauso wie heute. Buchhalter sagen: «Ergo werden die 10 Millionen auch künftig fehlen.»

 

Buchhalter sagen auch: «Elf Jahre Playouts sind Beweis genug. Wir werden die Playoffs nie erreichen.» Und sie denken, dass die aktuelle Saison ihnen recht gibt. Denn es braucht keinen Propheten, der uns weissagt, dass es auch nächsten Frühling wieder die Playouts sein werden. Denn dies ahnen auch all jene, denen Buchhaltung ein Buch mit sieben Siegeln ist.

 

Buchhalter sagen nicht nur Trends voraus, sondern kennen auch die Gründe für das bisherige Scheitern. «Die Eigenkapitalbasis ist nicht hoch genug», sagen sie und bemängeln dabei, dass unterlassen worden sei, rechtzeitig eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Und sie haben recht!

 

Frühjahr 2009: Zwei Punkte fehlten den SCL Tigers zur erstmaligen Teilnahme an den Playoffs. Zum zweiten Mal zwei Punkte innert Jahresfrist. Das Publikum war sich beide Male einig: «Wir erlebten eine geile Saison.» Im Mai 2009 trat Hans Grunder vor die Presse und verkündete, die SCL Tigers bräuchten Geld und er sei nicht mehr bereit, dies zu geben. Der Rest ist hinlänglich bekannt. Grunder erhielt die Quittung für die Gründung der BDP, und die SCL Tigers zahlten einen schönen Teil des Tarifs. Ist es erlaubt, sich zu fragen, was wäre, wenn die Kapitalerhöhung für die SCL Tigers rechtzeitig vorgenommen worden wäre? Darf man sich die Frage stellen, wie sich das emmentalische Kult-Eishockeyunternehmen entwickelt hätte, wenn Hans Grunder die BDP nicht gegründet hätte? Ist es falsch, darauf hinzuweisen, dass alles anders hätte herauskommen können (und wohl herausgekommen wäre), wenn sich Hans Grunder mehr um den Tiger als um die Politik gekümmert hätte, und wenn er dabei das Controlling besser wahrgenommen und die Wogen, welche Geschäftsführer Heinz Schlatter aufwühlte, wieder geglättet hätte. Hans Grunder, und dies wissen wir alle, ist ein begnadeter Rhetoriker. Er hätte die Wogen glätten können. Und dass Schlatter Wellen aufwühlen würde, war vor seiner Anstellung bekannt.

 

Buchhalter sagen: «Wetti u Hätti si Brüeder gsi.» und sie meinen damit, dass Wenn und Aber keine Rolle spielen. Aber hier irren die Buchhalter. Und sie irren sich gewaltig!

 

Denn das «Wetti u Hätti» zeigen auf, was hätte sein können, wenn man es richtig gemacht hätte. Und noch viel mehr: Es zeigt auf, was möglich ist, wenn man seine Aufgaben richtig macht. Denn beim Aufgaben machen helfen uns die Zahlen und die Buchhaltungen nur zum Teil. In der Buchhaltung der SCL Tigers finden wir keinen Posten «Gründungskosten BDP». Die lieben Buchhalter sind ausser Stande, uns zu sagen, wie viel «uns» (damit sind die SCL Tigers gemeint) die Gründung dieser Partei kostete. Und die Buchhalter sagen uns nicht, wie viel Geld dem Tiger entging, weil die Verantwortlichen (Heinz Soltermann, Hans Grunder, Gérard Scheidegger, Martin Bruderer) die nach dem Müller-Loch notwendige Kapitalerhöhung nicht rechtzeitig vornahmen.

 

Aber Heinz Schlatter könnte uns bestimmt sagen, an welchen Sponsoren zu welchen Preisen er gerade dran war, als Hans Grunder (mit den bekannten Folgen) im Mai dieses Jahres vor die Presse trat, und aus der allgemein (sehr) positiven Stimmung rund um die SCL Tigers eine (sehr) negative machte. Und welche Zuschauerzahlen in dieser Saison möglich gewesen wären, wenn die Tiger den sportlichen Weg der letzten beiden Saisons weiter beschritten hätten, können wir nur erahnen.

 

Wenn wir «Hätti u Wetti» eine Chance geben und beachten, was gewesen wäre oder hätte sein können, dann erkennen wir, welches Potential im Emmental vorhanden ist. Davos ist auch eine Randregion. Noch viel mehr als das Emmental. Dank des Fernsehens stellt der HCD ein Spitzenteam. Die mediale Welt macht es möglich. Zumindest das Internet steht auch den SCL Tigers offen. Die mediale Welt macht es möglich, dass das Eishockey-Unternehmen aus dem Emmental in der ganzen Schweiz wahrgenommen werden kann. Voraussetzung: Es muss etwas Wahrzunehmendes geben. Dann sind auch nationale Sponsoren möglich!

 

Fazit: Im Emmental ist alles möglich. Die Buchhalter sind wichtig, denn sie messen, ob der Tiger wirtschaftlich erfolgreich war und ist. Sie halten der Führung den Spiegel vor. Aber sie sagen nichts über die Umstände, ausser vielleicht bei direkten Auswirkungen der Finanzkrise (da die SCL Tigers keine Aktien von Firmen halten, sind sie direkt nicht, dafür möglicherweise indirekt umso stärker betroffen). Und die meisten Buchhalter verstehen nichts von Marketing. Denn dafür gibt es andere Leute. Und auf diese müssen wir mindestens so genau hören.

 

Manchmal widersprechen sich Buchhaltung und Marketing. Ein Beispiel: Der Wechsel von Michel Zeiter zu den Kloten Flyers bewerten Buchhalter als sehr positiv. Aus Sicht des Marketings hingegen setzte dieser Wechsel ein miserables Zeichen. Das Ansehen der SCL Tigers hat darunter gelitten!