20 Minuten online, Klaus Zaugg

Hockey-Klubs verzichten auf Millionen

Weil die Schweiz kein Transferabkommen mit der NHL hat, gehen den NLA-Klubs Millionen durch die Lappen. Eine Torheit sondergleichen.

Presse •

Der SC Bern verliert Ende Saison seinen Stürmer Joël Vermin an Tampa und bekommt dafür keine Transfer-Entschädigung. Einmal mehr zeigt sich: Es ist ein Fehler, dass die Schweiz dem Transferabkommen mit der NHL nicht beigetreten ist. Bis auf die Schweiz, Tschechien und Russland sind alle wichtigen Hockeynationen dem Transferabkommen zwischen der NHL und dem Internationalen Eishockeyverband beigetreten.

 

Stark vereinfacht gesagt: Für jeden Spieler, der einen NHL-Vertrag unterschreibt, bekommt der letzte Arbeitgeber in Europa eine Entschädigung von 225 000 Dollar, unabhängig davon, ob dieser Spieler einen laufenden Vertrag hat oder eine NHL-Freigabe. Im Gegenzug darf die NHL ohne den Klub zu kontaktieren bis spätestens am 15. August jeden Spieler im betreffenden Land unter Vertrag nehmen. Keine Entschädigung gibt es für Junioren, die zuerst in eine der nordamerikanischen Juniorenligen wechseln und von dort in die NHL gelangen (z.B. Sbisa, Niederreiter, Müller, Bärtschi).

 

Weil die Schweiz diesem Transferabkommen nicht beigetreten ist, entgehen den Klubs zusammengerechnet Millionen: Zug hätte beispielsweise für Rafael Diaz, Reto Suri und Damien Brunner mehr als eine halbe Million Dollar kassiert. Der SC Bern für Alain Berger, Roman Josi und jetzt Joël Vermin und eventuell Simon Moser mehr als eine Million. Aber auch den ZSC Lions (Kenins), Davos (Ambühl), Biel (Berra), Servette (Andrighetto) oder Kloten (Wick) sind bereits sechsstellige Dollarsummen entgangen.

 

Zahner: «Kosten wären höher als Einnahmen»

Die Nationalliga hat in diesem Sommer erneut entschieden, dem NHL-Transferabkommen nicht beizutreten und dabei wird es bleiben, bis an der Nationalliga-Versammlung das Thema wieder zur Abstimmung kommt. ZSC-Manager Peter Zahner und SCB-General Marc Lüthi sind die Wortführer gegen das Abkommen.

 

Peter Zahner sagt dazu gegenüber 20 Minuten: «Die Kosten durch ein solches Abkommen wäre höher als die Einnahmen. Wenn wir die Mannschaft für die neue Saison zusammengestellt und die Ausländer unter Vertrag haben und verlieren im August beispielsweise Ronald Kennins, dann ist es gar nicht mehr möglich, einen Ersatz zu finden. Weil es keinen Spielermarkt gibt. Wenn wir einen Ersatz bei der Konkurrenz aus einem laufenden Vertrag herausholen, dann sind die Kosten für die fällige Transfersumme bereits höher als die Entschädigung, die wir aus der NHL erhalten.»

 

Zahner sagt, Schweden habe nach dem Beitritt zum NHL-Transferabkommen im Gegenzug die Ausländerbeschränkungen aufgehoben. «Damit Spieler, die kurz vor der Saison gehen, ersetzt werden können.» Auch Marc Lüthi sieht es ähnlich: «Wir hätten in den letzten zwei Jahren mindestens zwei weitere Spieler verloren, wenn wir ein Transferabkommen mit der NHL hätten.»

 

Wer kann, der geht auch in die NHL

Es gibt aber auch eine andere Sichtweise. Ein Schweizer, der in die NHL will, wird von seinem Klub in der Regel auch dann freigegeben, wenn er keine NHL-Klausel im Vertrag hat. Das war beispielsweise zuletzt bei Zug und Damien Brunner so. Wer in die NHL kann, der geht.

 

Der globale Spielermarkt wird zwar immer «trockener», weil die Zahl der Junioren-Spieler zurückgeht und mit der KHL ein finanzstarker «Käufer» auftritt, der sogar Spieler aus der NHL abwirbt. Die Schweizer sind nach dem WM-Silber von 2013 für die NHL-Manager keine Exoten mehr und haben die gleichen Chancen wie Schweden oder Finnen. Und trotzdem ist eher unwahrscheinlich, dass die NHL mehr Spieler aus der NLA holen würde, wenn die Schweiz ein Transferabkommen hätte und unsere Spieler von den NHL-Manager ohne Erlaubnis der Klubs kontaktiert und verpflichtet werden könnten.

 

Deshalb ist der Verzicht auf die NHL-Transfersummen im Grunde eine Torheit sondergleichen.