Ich bin eine Stütze, keine Gefahr»

Für Köbi Kölliker stellt sein neuer Job als Sportchef der SCL Tigers eine Heimkehr dar. Der 59-Jährige will demnächst ein Scoutingsystem aufbauen, Ambitionen auf den Trainerposten hat er nicht.

Presse • • von Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Mit verschränkten Armen stützt sich Jakob «Köbi» Kölliker auf die Bande. Er schaut den Langnauer Goalies bei ihrer Übungseinheit zu, begrüsst Thomas Bäumle, schwatzt kurz mit Torhütertrainer Andy Jorns. Am Montagvormittag, seinem offiziell ersten Arbeitstag als Sportchef der SCL Tigers, will Kölliker Präsenz markieren. «Ich muss mich einleben, mit allem Drum und Dran vertraut machen.»

Der 59-Jährige betritt in Langnau freilich kein Neuland. Unmittelbar vor der Jahrtausendwende war er bereits während einer Saison in erwähnter Funktion bei den Emmentalern tätig gewesen. Meist jedoch war Kölliker Coach. Er hatte den damaligen SC Langnau in die NLA geführt, assistierte Ralph Krueger im Nationalteam und betreute den helvetischen Nachwuchs. Nun müsse er andere Aufgaben erfüllen; beispielsweise das Trainerteam und die Mannschaft unterstützen, als Ansprechperson bereitstehen und für alle ein offenes Ohr haben, Pläne zeichnen, das Kader zusammenstellen. «An einem Tag werde ich 7, an einem anderen 77 Dinge erledigen müssen», sagt die Verteidigerlegende. «Langweilig wird es bestimmt nicht werden.»

Der mögliche Umbruch

Anlaufzeit gibt sich Köbi Kölliker keine. Er sei sofort gefordert – vor allem bei der Gestaltung der Mannschaft für die nächste Saison. Nur sieben Langnauer besitzen einen weiterlaufenden Vertrag. Das Feilschen auf dem Spielermarkt hat längst begonnen, mit der Umsetzung ihrer Pläne sind die SCL Tigers aufgrund der Turbulenzen in den vergangenen Monaten in Verzug. «Es kann zu einem Umbruch im Team kommen», sagt der 213-fache Nationalspieler. Der Verein will investieren und einen Schritt vorwärtsmachen, etwas, das vor allem Trainer John Fust fordert. Bereits hat Kölliker Schweizer Profis (in erster Linie Stürmer) kontaktiert.

Beschäftigen wird sich Kölliker demnächst mit dem Aufbau eines Scoutingsystems. Der Aufwand für die Spielerbeobachtung hat sich bei den Langnauern bis anhin in engen Grenzen gehalten. Der neue Sportchef will sich Partien im In- und Ausland anschauen, bald Personal engagieren, welches ihn in dieser Hinsicht unterstützen könnte. Er erwähnt sein «gutes Beziehungsnetz» und den vorteilhaften Umstand, dass er sich seit rund zwei Jahren mit den Langnauern befasst. Ruedi Zesiger beriet er gar bei einigen Transfers. Ein Engagement hätte schon früher Tatsache werden können, Kölliker entschied sich jedoch für den lukrativen Posten des deutschen Nationaltrainers.

Der mögliche Konflikt

Das Gastspiel bei den Deutschen dauerte nur ein Jahr. Kölliker spricht von einer interessanten Erfahrung, im Gespräch wird indes deutlich, dass längst nicht alles nach seinem Gusto verlief. Die Strukturprobleme erschwerten die Arbeit. Kölliker vermisste einen Ansprechpartner im sportlichen Bereich, Assistenztrainer standen ihm nur sporadisch zur Verfügung. Der 12.Rang an der WM war eine riesige Enttäuschung, Deutschland verpasste die direkte Qualifikation für das Olympiaturnier 2014 in Sotschi; Kölliker erhielt keinen Kontrakt mehr. In eine Krise sei er deswegen nicht verfallen, «Angst, dass ich lange arbeitslos sein werde, hatte ich nicht». Von NLB-Klub Thurgau lag ihm ein Angebot vor, österreichische Vereine signalisierten Interesse. «Ich wollte aber nicht ins Ausland ziehen. In Langnau stimmt für mich das Gesamtpaket.»

Kölliker lebt in Rüfenacht, 20 Kilometer von der Ilfishalle entfernt. Er besitzt einen nicht befristeten Anstellungsvertrag, mit üblicher Kündigungsfrist. Er kennt viele Angestellte von früher, auch mit Ruedi Zesiger und John Fust – er war unter Kölliker Spieler – hat er schon zusammengearbeitet. Dass Zesiger nun ins zweite Glied weichen muss und «nur» noch das Amt des Geschäftsführers ausübt, erachtet der gebürtige Seeländer nicht als Problem. «Es stimmt, Ruedi hält sich gern beim Team auf. Aber es ist nicht so, dass er ab jetzt keinen Einfluss hat. Er steht nur nicht mehr an vorderster Front.» Konfliktpotenzial zwischen ihm und Fust sieht er derweil nicht; die Polemik, er könnte den Kanada-Schweizer im Falle einer tieferen Krise als Trainer ablösen, hält er für Humbug. «Für den Coach bin ich eine Stütze, keine Gefahr», sagt Kölliker. An der Bande will er künftig nur während der Trainings stehen – «die Spiele werde ich von der Tribüne aus verfolgen».