Neue Zürcher Zeitung

«Ich merke nichts von verlorenem Goodwill»

Interview von Daniel Germann (NZZ) mit Philippe Gaydoul

Presse • • von Daniel Germann

Wie gross ist die Enttäuschung nach den verpassten Play-offs?

 

Natürlich sind wir alle enttäuscht. Aber wir haben immer gewusst, dass die Play-out-Teilnahme ein Szenario ist, mit dem wir rechnen müssen. Das ist kein Weltuntergang. Wir hatten unser Schicksal in den letzten Spielen nicht mehr in unseren Händen. Aber es hat keinen Sinn zu jammern. Wir blicken vorwärts.

 

Wie viel Schuld tragen Sie an der Entwicklung?

Was heisst Schuld? Es geht doch nicht darum, jemandem die Schuld zuzuschieben. Es wird schnell vergessen, woher wir kommen. Wir standen im letzten Sommer vor dem Nichts. Der Klub wurde erst im letzten Moment vor dem Untergang gerettet. Es konnte niemand erwarten, dass nach der Rettung sofort alles perfekt weiterfunktioniert. Für mich war immer klar, dass die erste Saison nach unserer Sanierung ein Konsolidierungsjahr werden würde. Wir haben nun die nötigen Weichen gestellt, dass es künftig wieder aufwärts geht.

 

Welche Weichen haben Sie gestellt?

Wir haben verschiedene personelle Änderungen in Schlüsselpositionen vorgenommen. Wir haben ein neues Trainerduo, auch in der operativen Führung gibt es auf die neue Saison Änderungen (Matthias Berner ersetzt Kurt Schickli als CEO, die Red.). Ich bin sicher, dass wir für die Zukunft gut aufgestellt sind.

 

Sie haben Felix Hollenstein im vergangenen Sommer ohne Not abgesetzt. Nun haben Sie ihn zurückgeholt. Ist das ein Eingeständnis, einen Fehler begangen zu haben?

 

Ich weiss nicht, ob man das als Fehler bezeichnen kann. Für mich jedenfalls ist es keiner. Wir waren zu jenem Zeitpunkt überzeugt, dass die Massnahme die richtige war. Wir wollten in Kloten einen Neuanfang machen. Deshalb waren auch schmerzhafte Massnahmen nötig. Nach achteinhalb Monaten haben wir Bilanz gezogen und den einen oder anderen Entscheid revidiert. Das ist ein normaler Prozess.

 

Haben Sie nicht zu spät auf die sportliche Krise reagiert und zu lange an Hollensteins Vorgänger Tomas Tamfal festgehalten?

 

Das ist eine hypothetische Frage. Niemand kann garantieren, dass es besser herausgekommen wäre, wenn wir den Wechsel früher vollzogen hätten. Wir wissen es nicht. Deshalb bringt es auch nichts, darüber zu spekulieren.

 

Was hat die Verbannung in die Play-outs für finanzielle Konsequenzen?

 

Das kann ich Ihnen noch nicht sagen.

 

Aber Sie haben sicher erste Hochrechnungen, was Sie die erste Saison als Besitzer der Flyers kosten wird?

 

Der Klub gehört praktisch mir. Was er mich kostet, ist deshalb Privatsache. Ich werde mich jetzt hier nicht über Zahlen auslassen. Nur so viel: Natürlich hatten wir ein Budget, und es ist richtig, dass sich gewisse Annahmen, die wir machten, nicht bewahrheitet haben. Die Saison kommt teurer als geplant.

 

Ursprünglich wollten Sie das erste Jahr nur als Beobachter aus der Ferne begleiten. Sie setzten Rolf Mosimann als Verwaltungsratspräsidenten ein. Nun haben Sie vor einer Woche das Amt doch selber übernommen. War das nicht zu spät?

 

Ich hätte den Klub gerne von Anfang an geführt. Sie wissen so gut wie ich, dass das nicht ging. Ich war noch Präsident des Verbandes. Die anderen Klubs hätten eine Doppelfunktion nicht toleriert. Es war aber immer vorgesehen, dass ich das Präsidium spätestens nach einem Jahr selber übernehmen würde. Nach der zum Teil unglücklichen Kommunikation in den vergangenen Wochen ging es dann einfach nicht mehr anders, als dass ich schon jetzt voll einstieg.

 

Sie haben die Personalentscheide selber getätigt. Mit wem sind Sie denn speziell unzufrieden?

 

Sie glauben doch jetzt nicht im Ernst, dass ich diese Diskussion in der Zeitung führen werde?

 

Der Kurswechsel während der Saison hat die Kloten Flyers viel Goodwill gekostet.

 

Ist das wirklich so? Also ich merke nichts von verlorenem Goodwill. Im Gegenteil: Wenn ich mit der Stadt, den Partnern oder auch den Fanklubvertretern spreche, dann spüre ich grosse Unterstützung. Ich denke, die meisten Menschen sind glücklich, dass es die Kloten Flyers überhaupt noch gibt. Vor einem Jahr war es alles andere als selbstverständlich, dass wir diese Diskussion überhaupt noch führen können. Ich kenne mich aus mit Marken, und ich glaube, die Marke «Kloten Flyers» ist stark wie eh und je. Wir bleiben ein Dorfklub. Wir werden unsere Wurzeln nicht verleugnen. Es wäre das Dümmste, alles auf den Kopf zu stellen.

 

Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen acht Monaten gemacht? Wie wurden Sie allenfalls auch enttäuscht?

 

Das ist eine schwierige Frage. Ich war mir bewusst, dass der Start nicht einfach werden würde. Wie gesagt: Wir haben den Klub nach den Vorgängen letzten Sommer zuerst einmal konsolidieren müssen. Was war, können wir nicht mehr ändern. Für mich aber sind die Perspektiven relevant. Und ich bin überzeugt, dass wir für die Zukunft gut aufgestellt sind.