«Ich schloss nicht aus, dass ich entlassen werde»

Der 38-jährige Alex Reinhard leitet heute erstmals als Chefcoach das Training der SCL Tigers. Er spricht über die Beziehung mit John Fust, sein Wechselbad der Gefühle – und vergleicht sich indirekt mit Murat Yakin.

Presse • • von Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Was dachten Sie, als Sie am Sonntagnachmittag zur Sitzung mit dem Verwaltungsrat gebeten wurden?
Alex Reinhard: Ich hatte ein mulmiges Gefühl, schloss nicht aus, dass ich entlassen werde. Mir war klar, dass es im Klub Veränderungen geben würde.

 

Sie wurden vom Assistenten zum Cheftrainer befördert – Sie sind der grosse Gewinner der Langnauer Krise.
Der Sonntag war kein einfacher Tag. Ich durchlebte ein Wechselbad der Gefühle. Natürlich freue ich mich sehr auf diese riesige Herausforderung. Aber ich war auch sehr enttäuscht für John (Fust/die Red.). Wir haben fast zweieinhalb Jahre zusammengearbeitet. In dieser Zeit bauten wir eine Beziehung zueinander auf.

 

Haben Sie nach dem Entscheid mit Fust gesprochen?
Wir haben am Sonntag telefoniert. John war nicht böse, er wünschte mir viel Glück.

 

Sie erwähnten Ihre gute Beziehung zu Fust. Man hörte aber immer wieder, dass Sie beide keine Freunde sind.
Wir verstehen uns gut. Wir sind unterschiedliche Typen; meine Rolle sah vor, etwas Gegensteuer zu geben. Meine Aufgabe als Assistent war nicht, immer nur Ja zu sagen. Ab und zu sind John und ich schon aneinandergeprallt.

 

Fanden Ihre Einwände im Training nicht immer Gehör?
(überlegt) Sicher wurden nicht alle Ideen 1:1 übernommen. Aber das ist völlig normal. Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie, das ist auch gut so.

 

Welche Ideen wollen Sie einbringen?
Wir brauchen Stabilität. Wir müssen hinten und vorne handeln. Wichtig ist, dass wir Ordnung in unser System bringen. Vielleicht formulieren wir neue defensive Grundsätze. Die einwöchige Pause kommt uns sicher gelegen.

 

Es wird spekuliert, dass Konstantin Kuraschew als Chefcoach vorgesehen war, Sie nur zweite Wahl sind...
...damit befasse ich mich nicht. Beim FC Basel ist Murat Yakin auch nur deshalb Trainer, weil José Mourinho nicht verfügbar und unter den gegebenen Möglichkeiten zu haben war. Ich spüre das Vertrauen der Klubleitung.

 

Kuraschew wollte Juniorentrainer bleiben, steht Ihnen nun aber als Assistent zur Verfügung. Was erhoffen Sie sich von dieser Zusammenarbeit?
Wir müssen uns erst besser kennen lernen und zusammenfinden. Vor zwei Jahren standen wir schon einmal gemeinsam an der Bande, weil John damals spontan fehlte (Fust kümmerte sich um seine schwangere Frau/die Red). Wir sind verschieden, können von unserem Wissen profitieren.

 

Kuraschew ist sicher lauter als Sie...
...(lacht) Es stimmt, ich bin eher ein ruhiger Typ. Ich kann aber schon laut werden, aber man sollte jeweils gut überlegen, ob das etwas bringt.

 

Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Einen bestimmten Rang zum Ziel zu setzen, ist im Moment utopisch. Wir müssen punkten, regelmässig positive Ergebnisse liefern. Dass wir gleich vier Spiele hintereinander gewinnen werden, sollte man nicht erwarten.

 

Sie coachen nun erstmals ein Profiteam. Haben Sie Respekt vor den nächsten Wochen?
Natürlich. Es wäre falsch, wenn ich keinen Respekt hätte. Ich bin aber nicht unerfahren, habe beim Verband schon mit renommierten Trainern gearbeitet. Und bei den SCL Tigers hat es genügend sportliche Kompetenz, ich denke etwa an Sportchef Köbi Kölliker.

 

John Fust soll nach einer Pause wieder in die Organisation eingebunden werden. Ist das überhaupt möglich?
Gemäss der sportlichen Leitung ist das so vorgesehen. Es ist schwierig zu sagen, wie es in dieser Sache weitergehen wird.