Reto und Jan von Arx nach Langnau?

In Davos und Langnau müssen die Ohren glühen

Die Gebrüder Reto und Jan von Arx sind definitiv auf dem Markt. Sie erhalten beim HC Davos keinen Vertrag mehr. Höchste Zeit, dass einige Männer rote und heisse Ohren vom telefonieren erhalten: Drei in Davos, mindestens zwei in Langnau. Die Ohren von Peter Jakob, Jörg Reber, Reto, Jan und ihr Vater Ueli von Arx müssen glühen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Der HC Davos rühmt sich, in der Schweiz die meisten Fans zu haben. Dies mag stimmen, obwohl die Bündner in der NLA mit dem Zuschauerschnitt der SCL Tigers in der NLB nicht mithalten können. Es stimmt sogar ganz sicher, wenn man diejenigen Fans dazu zählt, die den HCD quasi als ihren Ersatzverein führen. Beispielsweise jetzt, wo die Langnauer in der zweithöchsten Spielklasse spielen, halten viele Fans eine Stufe weiter oben dem HCD einen Platz im Herzen frei. Oder während sich die Tiger jeweils in der NLA in den Playouts gegen den Fall in die NLB wehrten, freuten sich viele ihrer Fans nicht nur über den Klassenerhalt ihres Teams, sondern auch über die Meistertitel des Davoser.

 

Das ist nicht erst seit der Neuzeit so. Doch das paradoxe dabei ist, dass damals, als «uns» der HCD die erst 18- und 16-jährigen Gebrüder Reto und Jan von Arx abgeluchst hatte, nicht etwa die Davoser in Langnau in Ungnade fielen, sondern die beiden hoffnungsvollen Talente und ihr Vater. Was da zum Teil an Beleidigungen ausgestossen wurde, ging auf keine Kuhhaut. In Langnau demaskierten sich damals viele als Vertreter aus der untersten Schublade. Reto von Arx konterte die verbalen Attaken damals mit der Aussage, nie mehr für Langnau spielen zu wollen.

 

Alle hätten so gehandelt

Doch der Wechsel der Gebrüder von Arx nach Davos ist nun zwanzig Jahre her. Zwar gibt es immer noch vereinzelte Langnauer und Emmentaler, welche beim Namen von Arx zusammen zucken und zu fluchen und zu wettern beginnen. Wahrscheinlich können sie es sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man von einer andern Firma ein viel besseres Angebot erhält, als ihnen bei dem Arbeitgeber, für welchen sie seit Jahrzehnten arbeiten, gezahlt wird. Sie können sich nicht vorstellen, was es bedeutet, wenn jemand kommt und einem mit einem Angebot beweist, wie viel man eigentlich wert ist. Da spielt der SC Langnau 1995 in der NLB, und es ist nicht abzusehen, wann allenfalls der Aufstieg in die oberste Spielklasse gelingen könnte. Und dann klopft der Rekordmeister an die Türe der Familie mit den beiden hoffnungsvollen Talenten und macht ein Angebot, das ein kleiner Verein aus dem Emmental weder finanziell noch bezüglich sportlichen Ambitionen noch bezüglich Aussicht, sich ins nationale Schaufenster stellen zu können, hätte topen können. Man muss sich das mal vorstellen: Welcher Spitzensportler mit Nationalmannschaftspotential ist bereit, sich jahrelang zu bescheidenen Löhnen in der NLB vergraben zu lassen, wenn er doch um den Titel spielen und gleichzeitig noch viel Geld verdienen könnte. Da wird jeder schwach, und man muss schon ein dickes Brett vor dem Kopf haben, um dies nicht zu erkennen.

 

Fans an der Belle 1

Nicht alle Fans würden die Rückkehr der Gebrüder von Arx von Beginn weg begrüssen. Doch nach einigen Spielen wären auch die letzten Zweifler überzeugt. Bild: Susanne Bärtschi

 

Zu vergleichen ist die Verurteilung der Gebrüder von Arx übrigens mit derjenigen von Heinz Schlatter. Dem Ex-Geschäftsführer der SCL Tigers, der das Pech hatte, ausgerechnet in der falschest möglichen Periode in Langnau zu amten, wird von vielen Fans der SCL Tigers nicht etwa zu gute gehalten, dass er der fähigste und erfolgreichste Vermarkter des Langnauer Eishockeyunternehmens mindestens der letzten zehn Jahre war. Im Gegenteil: Weil er eben ausgerechnet zu dem Zeitpunkt Geschäftsführer war, als Präsidient Hans Grunder das Handtuch warf, wurde Schlatter trotz seiner Erfolge mit der desolaten Lage der SCL Tigers in Verbindung gebracht und fiel deswegen so sehr in Ungnade, dass es immer noch Leute gibt, denen wegen seiner Rückkehr auf Mandatsbasis beinahe das Blut in den Adern gefriert. Doch Schlatter arbeitet wieder für die SCL Tigers. Er sieht über das Gemotze der Ewiggestrigen hinweg. Es ist zu hoffen, dass dies Reto und Jan von Arx ebenfalls gelingen wird. Zumal sie den Vorteil haben, mit sichtbaren Leistungen auf dem Eis aufzuwarten. Bereits nach den ersten guten Einsätzen würden sie jeden noch so starken Zweifler überzeugt haben.

 

Der Transfer der Gebrüder Reto und Jan von Arx nach zwanzig Jahren wieder zurück nach Langnau käme zwar einer Sensation gleich, aber er wäre auch logisch. Dabei geht es nicht darum, dass Reto und Jan dem Langnauer Eishockey irgend etwas zu verdanken hätten. Vater Ueli von Arx war sehr wohl in der Lage, die aussergewöhnlichen sportlichen Talente seiner Buben zu erkennen und zu fördern. Hätte es den SC Langnau nicht gegeben, wären seine Söhne vermutlich beim SCB gelandet, oder hätten halt eine andere Sportart ähnlich erfolgreich ausgeführt. Talente wie Reto und Jan setzen sich überall durch. Ob mit oder ohne SC Langnau oder SCL Tigers. Es geht um etwas ganz anderes: Nach zwanzig Jahren in Davos haben weder Reto noch Jan auch nur den Hauch von Bündner Dialekt angenommen. Sie sprechen immer noch breitestes Emmentaler- bzw. Langnauerdeutsch. Obwohl sie in Davos ihre Häuser bauten und sogar die Eltern in die Bündner Stadt holten, bewahrten sie sich ihre Heimat in ihrer Sprache. Man kann dazu sagen, was man will: Aber sich seine ursprüngliche Sprache über mehrere Jahrzehnte gegen alle Einflüsse eines einzelnen Ortes, in dem man lebt, zu erhalten, hat seine Bedeutung. Reto und Jan mögen Davos lieben, die Stadt mag ihnen gefallen, wie sonst kein zweiter Ort auf dieser Erde, und sie mögen vielleicht planen, den grössten Teil ihres restlichen Lebens da zu verbringen. Aber sie sind Emmentaler geblieben. Darum gibt es, wie ein bekannter Chronist, dessen Name uns allen immer wieder nicht einfallen will, richtigerweise schreibt, für die beiden Brüder nur zwei Optionen, mit denen sie einigermassen glücklich werden können. 1.) Der Rücktritt vom Spitzensport nach Ablauf des Vertrages in Davos, oder 2.) die Fortsetzung ihrer grossartigen Karriere in Langnau. An dem Ort, wo ihre Karriere begann, und der immer noch die Heimat ihrer Sprache ist. In Langnau können sie noch vieles bewirken. Vielleicht nicht mehr lange. Falls die SCL Tigers ein weiteres Jahr in der NLB verbringen müssen, können Reto und Jan das Werk vollbringen, welches sie vor zwanzig Jahren wegen ihres Wegzugs verpassten: Den Aufstieg mit den Langnauern in die NLA. Denn als sie weg zogen, spielte der Tiger ebenfalls in der NLB. Und falls den Langnauern in diesem Frühjahr der Aufstieg gelingt, brauchen sie in ihren ersten Jahren zurück in der obersten Spielklasse erfahrene Leute des Kalibers von Arx. Der HC Davos mag nicht mehr mit den beiden Brüdern planen. Aber für Teams wie Ambri, Rapperswil (Gott bewahre), Lausanne, Biel, Gottéron, die Kloten Flyers oder eben die SCL Tigers sind dies immer noch eine echte, spürbare Verstärkung, sofern sie denn ins Spielsystem und die Philosophie passen. Am wenigsten dürfte die Philosophie in den nächsten Jahren in Langnau eine Rolle spielen. Denn die SCL Tigers müssen vehement und ohne Wenn und Aber den Aufstieg anstreben und danach versuchen, die Klasse zu halten. Die Gebrüder von Arx würden da bestens hinein passen.

 

Diesen Deal einzufädeln und durchzuziehen, bedeutet viel Arbeit

Es wird nicht reichen, wenn Jörg Reber mal eine Anfrage in Davos deponiert. Als Arno Del Curto Peter Guggisberg oder später Loic Burkhalter oder Matthias Joggi von Langnau nach Davos holte, rief er diese jeweils täglich an. Oft sogar mehrmals. Wenn Arno einen Spieler will, dann wird es intensiv. Dies bestätigen alle, die mit der Davoser Kultfigur zu tun haben. ADC ist in Davos nicht nur der Coach, sondern das Herz der Sport-Organisation. Wenn er bei Spielern seines Begehrens anruft, ist mit ihm der wichtigste Mann des HCD am Draht. Del Curto ist beim HCD wichtiger als der Präsident. Jörg Reber ist bei den SCL Tigers zwar ein guter Sportchef, und er verfolgt gradlinig eine gute Philosophie. Doch wenn «nur» er (und allenfalls nur gelegentlich) bei Reto, Jan oder Ueli von Arx anruft, wird dies mit Sicherheit nicht genügen. Der wichtigste Mann in Langnau ist der Präsident. Peter Jakob sollte deshalb jetzt täglich in Davos anrufen. Egal, wo er sich gerade befindet. Ob von Trubschachen, Langnau, den USA oder von Vietnam aus, spielt keine Rolle. Falls die beiden Brüder nach Langnau sollen, muss er dem von Arx – Clan diese Ehre antun. Mit einem Nein darf sich der Tiger-Retter nicht zufrieden geben, Arno Del Curto gibt sich jeweils mit einem Nein ebenfalls nicht zufrieden, sondern ruft am nächsten Tag wieder an. Nicht zu vergessen: Nicht immer nur Reto anrufen. Jan nicht vergessen. Denn wenn die beiden Brüder noch weiter zusammen spielen wollen, ist die Meinung und die Überzeugung von Jan wichtig. Und Vater Ueli zu überzeugen, kann ebenfalls nicht falsch sein. Die drei müssen spüren, dass sie in Langnau noch eine Mission zu erfüllen haben. Und sie werden vor allem auch deshalb mit Worten überzeugt werden müssen, weil die vorhandenen finanziellen Mittel allein vielleicht nicht genügen werden. Das Engagement der Gebrüder von Arx in Langnau muss auch dann zustande kommen, wenn andere, finanziell lukrativere Angebote vorliegen. Der Deal sollte zustande kommen, obwohl es noch Ewiggestrige gibt, die gegen diesen Transfer wettern werden. Deshalb müssen in Langnau und in Davos diverse Ohren glühen. Rote Ohren bedeuten, dass in Langnau alles, was möglich ist, versucht wurde, um die beiden zu holen.

 

Peter Jakob

Rote Ohren hat Peter Jakob zwar noch nicht. Doch zum Zeitpunkt dieser Bildaufnahme waren die Gebrüder von Arx noch nicht auf dem Markt. Bild: Peter Eggimann.

 

Also, liebe Verwaltungsräte der SCL Tigers, nehmt eure Telefone in die Hand und ruft in Davos an. Es geht um Ehre, Wiedergutmachung und um sportlichen Erfolg auf einer etwas tieferen Ebene, als es die Gebrüder von Arx bisher gewohnt waren. Schweizermeister wurden die beiden oft genug. Jetzt geht es darum, dass die beiden die SCL Tigers sportlich verstärken und deren Strahlkraft vermehren. Nicht ausgeschlossen, dass ein gewiefter Akquisiteur wie Heinz Schlatter daraus sogar etwas machen kann. Will heissen, dass ein Teil des erforderlichen Geldes dank zusätzlichen Einnahmen im Marketing wieder eingespielt werden kann.