Wochen-Zeitung, Werner Haller

Inkonstanz als einzige Konstante

Der Absteiger aus der NLA hat die Erwartungen in der NLB bisher nicht erfüllt. Im ersten Drittel der Qualifikation war die Inkonstanz die einzige Konstante.

Presse •

Die Eishockey-Schweiz interessiert sich auch nach dem Abstieg noch immer für die SCL Tigers. Gespannt verfolgt sie seit zwei Monaten wie sich die Emmentaler nach 15 NLA-Saisons in Serie nun in der Zweitklassigkeit schlagen. Sie und die grosse Fangemeinde der Langnauer ist sich mehr oder weniger einig: «Äs dürfti scho äs bitzeli meh si.» Nach den ersten 16 von 45 Qualifikationsrunden liegen die SCL Tigers auf dem fünften Rang, nur vier Punkte hinter dem Tabellenzweiten Olten, aber auch bloss sechs Punkte vor Basel, das den achten und letzten Playoffplatz belegt.

 

Mittelfeld ist ungenügendes Mittelmass
Eine Position im Mittelfeld kann und darf den Ansprüchen des emmentalischen Eishockeyunternehmens nicht genügen. Sie ist jedoch das unbefriedigende Resultat von den zu deutlichen Leistungsschwankungen, welche die ersten acht Meisterschaftswochen geprägt haben. Ein Rückblick auf die vier sehr unterschiedlichen Phasen der ersten 16 Spiele.
• Phase 1 (zwei Runden): Zwei Siege nach 60 Minuten; sechs Punkte (Erfolgsquote 100 Prozent), 9:1 Tore, Platz 1.
• Phase 2 (sechs Runden): Je ein Sieg und eine Niederlage nach Penaltyschiessen, vier Niederlagen nach 60 Minuten; 3 von 18 möglichen Punkten (Erfolgsquote 16,7 Prozent); 15:23 Tore; Abstieg von Platz 1 auf 7.
• Phase 3 (sechs Runden; zwei unter Headcoach Tamfal; vier unter Gustafsson): Fünf Siege nach 60 Minuten, eine Niederlage nach Penaltyschiessen, 16 von 18 möglichen Punkten (Erfolgsquote 88,9 Prozent); 22:14 Tore; Aufstieg von Platz 7 auf 3.
• Phase 4 (zwei Runden): Zwei Niederlagen nach 60 Minuten; null Punkte; 7:12 Tore; Abstieg von Platz 3 auf 5.

 

Über das Hauptziel für die Fortsetzung der Qualifikation nach der Nationalmannschaftspause braucht man nicht lange zu diskutieren. Aus der Inkonstanz muss im Hinblick auf die entscheidenden Wochen im Februar und März eine Konstante werden. Konstanz bedeutet nicht, dass die Mannschaft nun eine Galavorstellung nach der andern bietet. Aber krasse Leistungsunterschiede wie zuletzt in den Spielen gegen die GCK Lions (solide Leistung; 2:1), auswärts gegen den damaligen Tabellenletzten Basel (5:7) und Olten (2:5) sind für jeden zahlenden Zuschauer schwer nachvollziehbar und dürfen in dieser Form nicht mehr vorkommen. Inakzeptabel sogar ist, dass die Mannschaft aus dem miserablen Startdrittel in Basel (0:4) nicht die nötigen Lehren gezogen hat und sich selbst zuhause im ausverkauften Ilfisstadion gegen Olten gleich nochmals einen derartigen Fehlstart leistete. Fehler geschehen immer, aber nach drei Trainingstagen und der Thematisierung der Fehlstarts durch das schwedische Trainerduo Bengt-Ake Gustafsson/Peter Andersson müsste wenigstens der Ansatz für eine erste, leichte Korrektur zu erkennen sein. Doch dem war nicht so.



Die Bereitschaft zu lernen

Eine Steigerung in den Bereich einer gewissen Leistungskonstanz führt in erster Linie über die Bereitschaft jedes einzelnen Spielers aus begangenen Fehlern die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Sie müssen lernen, auf Erfolgs- und Niederlagenserie, auf Führungen und Rückstände richtig zu reagieren. Sie müssen bereit sein, sich in der läuferisch bemerkenswert starken NLB auch ohne Scheibe am Stock mehr in Bewegung zu halten. Und sie müssen zudem bereit sein, die Intensität in den Zweikämpfen massiv erhöhen. Zweikampfschwäche – das entspricht nun überhaupt nicht dem Bild, das man landesweit von den SCL Tigers hat.

Ein altes Problem in einer neuen Liga

Die SCL Tigers haben ein altes Problem in die neue Liga mitgenommen: Das Spiel bei Vollbestand. Fünf gegen fünf ist im Eishockey die mit Abstand am häufigsten auftretende Spielsituation. 728 von total 975 Minuten (= rund 75 Prozent) standen die Langnauer und ihre Gegner in den bisherigen 16 Spielen komplett im Einsatz. In den speziellen Spielsituationen (Powerplay, Boxplay, Penaltyschiessen) vermochten die Emmentaler während rund einem Viertel der gesamten Spielzeit keine Unterschiede zu erzielen (14:15 Tore). Aber, und das ist weitaus gravierender, eben auch nicht bei Vollbestand während rund drei Vierteln der gesamten Spielzeit (39:35 Tore). Wie sich eine positive Bilanz bei Vollbestand auswirkt, beweisen die SCL Tigers gleich selbst. Sieben Siege nach 60 Minuten feierten sie bisher und jedes Mal war ihre Bilanz positiv. Der Lohn fiel entsprechend hoch aus – 21 von total 25 Punkten. In sechs Spielen blieben die Emmentaler nach der regulären Spielzeit aber ohne Punkte und jedes Mal war ihre Bilanz bei Vollbestand negativ – wie zuletzt im Heimspiel gegen Olten (2:5) gleich mit 1:5. Leader in der individuellen Plus-/Minuswertung ist Verteidiger Nicholas Steiner (+8) vor Topskorer Sandro Moggi (+6), dem neuen Abwehrduo Philipp Rytz/Kevin Hecquefeuille (je +5) sowie Claudio Moggi und Lukas Haas (je +4). Die beiden Torhüter weisen praktisch identische Statistiken auf: Lorenzo Croce wehrte bei einem Gegentordurchschnitt von 2,72 immerhin 91,6 Prozent aller Schüsse ab, Remo Giovannini bei einem Gegentordurchschnitt von 2,97 ebenfalls 91,5. Das sind Werte, die zu mehr als 25 Punkten ausreichen sollten. Vorausgesetzt, dass die Unterstützung der Goalies bei Vollbestand besser ist als sie bisher war.    

SCL Tigers-Fans bleiben NLA-würdig 

Die SCL Tigers spielen seit dieser Saison mit wechselndem Erfolg in der Zweitklassigkeit. Erstklassig geblieben ist jedoch das Interesse ihrer Fans. Nach den ersten acht Heimspielen beträgt der Zuschauerdurchschnitt gemäss den Angaben der National League stolze 5097. Dieser Wert wird in der höchsten Liga nur gerade von acht Klubs übertroffen: Von Meister SC Bern mit 16129, von den ZSC Lions (8589), Servette (6700), Aufsteiger Lausanne (6662), Fribourg (6498), Zug (6202), dem Überraschungsteam Ambri (5845) und Kloten (5440). Zum Vergleich: In der Abstiegssaison 2012/13 wurden die 25 SCL Tigers-Heimspiele der NLA-Qualifikation von durchschnittlich 5355 Zuschauern verfolgt. In der laufenden NLB-Saison ist die Eishockeybegeisterung, abgesehen von Langnau, bei einem weiteren früheren Schweizer Meister am grössten: Visp, das auf dem neunten Tabellenrang liegt, erzielte trotz eines enttäuschenden Meisterschaftsstarts einen Durchschnitt von 3368 gefolgt von den beiden Ranglistenersten Olten (2.) mit 3214 und Langenthal (1.) mit 2379.