Wie Topspieler die Chancen für Nachwuchsleute erhöhen können

Je besser das Team, desto besser für junge Spieler

Hätten die SCL Tigers so weiter gespielt wie in den ersten beiden Spielen dieser Saison, könnten sie das wahre Paradies sein für junge Spieler. Aber Überheblichkeit und darauf folgende Krisen kosten Nachwuchskräfte die Plätze im Team.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Es ist ganz einfach: Wer Gefahr läuft, seine Saisonziele zu verpassen, kann es sich nicht leisten, jungen Spielern eine Chance zu geben. Denn die Zuschauer und die Sponsoren haben ihre Erwartungen. Sie bleiben aus, ziehen sich zurück, oder investieren weniger, wenn diese nicht erfüllt werden. Gibt es Krisen zu bewältigen, muss die stärkstmögliche Mannschaft aufs Eis (oder im Fussball auf den Rasen) geschickt werden. Da hat es für den Nachwuchs, der sich erst noch entwickeln muss, keinen Platz.

 

Bei den SCL Tigers läuft es in dieser Saison bisher nicht so, wie es sein müsste. Coach Bengt-Ake Gustafsson hat deshalb sein Kader reduziert. Hintergrund: Wenn es weniger Leute im Training hat, kann er die Intensität erhöhen. Deshalb wurden einige junge Spieler vorerst (und wohl vorübergehend) aussortiert. Sie spielen nun bei 1. Liga – Klubs. Das ist wesentlich besser, als gar nicht zu spielen. Aber es ist halt nicht optimal. In der 1. Liga entwickeln sich die Spieler längst nicht so, wie in der NLB. Paradox: Diejenigen Nachwuchskräfte, die bleiben durften, erhalten dafür weniger Eiszeit. Und die Arrivierten ächzen unter der Belastung. Einige waren froh, dass jetzt Natipause ist. Sie seien ausgelaugt. Da ist nichts mehr von «mit vier Linien durchspielen, damit man ein hohes Tempo gehen kann.» Krisenbewältigung ist der Killer der Nachwuchsförderung.

 

Der HC Davos und der SC Bern gelten in der NLA als gute Nachwuchsförderer. Vorzeigeklub in der NLB sind die GCK Lions. Die kleinen Löwen stellen den sportlichen Erfolg hinten an. Ihr primäres Ziel ist die Förderung des Nachwuchses. Der SC Bern und der HC Davos haben Top-Kader. Sie könnten locker fünf vollständige Blöcke aufs Eis schicken, wenn ihnen dies erlaubt wäre. Gut, dem SCB läuft es gerade nicht so gut. Halten wir uns deshalb an das Beispiel HCD. Arno Del Curto hat so viele gute Spieler im Team, solche, die die Differenz machen können, dass er es sich locker leisten kann, jungen Spielern viel Eiszeit zu geben. Immerhin entwickeln sie sich dadurch viel besser und schneller, und er kann somit auch viel eher auf sie zählen, wenn es wichtig wird. Erst in den Playoffs wird er – ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten - seine stärkste Formation nominieren. Gut, wenn da Nachwuchskräfte dabei sind. Kein Problem, wenn nicht.

 

Bei den SCL Tigers kamen in der letzten Saison einige Nachwuchskräfte zum Einsatz, als es gegen den Abstieg ging. Valentin Lüthi zum Beispiel. Er spielte vorher kaum je auf diesem Niveau. Aber er wurde gebraucht, weil andere verletzt waren. Lüthi schlug sich wacker. An ihm lag es nicht, dass die SCL Tigers abstiegen. Aber er hätte sicher noch wesentlich besser spielen können, wenn er in der Qualifikation auch zum Einsatz gekommen wäre. Lüthi war nicht der einzige Tiger, dem es so erging. Trotzdem kann man dem Coach diesbezüglich kaum einen Vorwurf machen. Die Tiger waren über die ganze Saison mehrheitlich schlecht drauf. Das Bestreben, aus diesem Loch heraus zu finden, musste zwangsläufig Vorrang haben. Dass dies nicht gelang, und dass die Bemühungen trotzdem im Abstieg mündeten, ist hier nicht Thema.

 

Deshalb wäre es für die Nachwuchskräfte der SCL Tigers nicht das Schlechteste, wenn sich die Verantwortlichen dazu entschliessen würden, personell nachzurüsten, um das Team stärker zu machen. Denn dies muss – wie das Beispiel Davos zeigt – für die jungen Spieler keineswegs der Killer sein. Ein Coach, der weiss, dass seine ersten beiden oder gar drei Blöcke funktionieren, kann problemlos regelmässig einen Nachwuchsblock aufs Eis schicken. Er kann sogar seine jungen Talente zwischen Arrivierten auflaufen lassen. Und zwar ganz gezielt. Sie entwickeln sich so sogar noch besser.

 

Der Schreiber stellt deshalb 2 Behauptungen auf: 1.) Je besser die besten Kräfte eines Teams sind, desto besser ist dies für den Nachwuchs. 2.) Investitionen ins Kader können sich beim Nachwuchs lohnen. Natürlich nur, wenn der Coach die richtige Strategie hat und die richtige Mischung findet.

 

Es stimmt mich traurig, dass ein ambitionierter Nachwuchsmann den SCL Tigers bereits mit 18 Jahren die kalte Schulter zeigt, weil es ihm in Langnau – deutlich sichtbar - an Perspektiven mangelt. Es macht mich traurig, wenn er von seinen Kollegen (ehemaligen Teamkollegen) in diese Richtung «beraten» wird, und dann beim Matchbesuch in der Ilfishalle auch noch die reale Bestätigung findet.

 

Und es zeigt uns allen eine weitere Konsequenz einer Krise auf. Sie kostet nicht nur Punkte und Matcheinnahmen. Sie kostet den Nachwuchs die dringend benötigte Eiszeit. Es macht mich wütend zu wissen, wie leichtfertig dieses ambitionierte Team der SCL Tigers (und damit die arrivierten Spieler) seine Krise durch Selbstüberschätzung und Unterschätzung des Gegners selbst herauf beschwor.

 

Das darf nicht sein. Das muss aufhören. Sofort!