John Fust gefeuert -und auch betrogen?

Es ist vollbracht: Die SCL Tigers haben ihren Trainer John Fust (40) gefeuert und vorerst durch den bisherigen Assistenten Alex Reinhard (38) ersetzt. Fust ist in Langnau betrogen worden.

Presse • • von 20 Minuten online, Klaus Zaugg

Der Verwaltungsrat der SCL Tigers hatte es am Mittwoch an einer ausserordentlichen Sitzung beschlossen: Verliert John Fust an diesem Wochenende beide Partien, dann wird er gefeuert (20 Minuten Online berichtete).

 

Die Langnauer haben gegen Fribourg (2:5) und gegen Lugano (2:8) verloren. Nun ist John Fust gefeuert worden. Oder besser: Er ist erst einmal bis ins neue Jahr freigestellt. Dann werden ihm, wie es offiziell heisst, neue und zumutbare Aufgaben zugewiesen. Sein Vertrag läuft noch bis 2015. Doch mit ein bisschen Geduld wird der tüchtige kanadisch-schweizerische Doppelbürger schon bald einen Job finden und damit die Lohnbuchhaltung der Langnauer nicht mehr belasten.

 

 

Trainerentlassung war notwendig

Vorerst übernimmt Assistent Alex Reinhard (38) den Job und assistiert wird er von Junioren-Kulttrainer Konstantin Kuraschew (50). Diese Lösung kostet nichts. Beide stehen ja schon auf der Lohnliste des Unternehmens.

 

Diese Trainerentlassung war notwendig. Sie ist für John Fust eine Erlösung. Er hat die SCL Tigers im Sommer 2010 übernommen. Damals gab den Langnauern niemand eine Chance. Sie galten als stark abstiegsgefährdet. Doch er führte die Mannschaft sensationell auf Platz 6 und damit erstmals in der Geschichte in die NLA-Playoffs.

 

Erfolg wurde Fust zum Verhängnis

Jetzt zeigt sich im Rückblick, wenn wir alle schlauer sind: Dieser Erfolg ist ihm zum Verhängnis geworden. Denn dieser Playoff-Triumph führte zu sportlicher Selbstüberschätzung: Die Langnauer haben zu wenig in die Mannschaft investiert. Aus dem Sportunternehmen SCL Tigers ist das Bauunternehmen SCL Tigers geworden.

 

So gut der Umbau der Arena gelungen ist, so grandios sind die SCL Tigers sportlich gescheitert. Sie investierten insgesamt etwas mehr als 30 Millionen ins Stadion, verkündeten aber im letzten Sommer hochoffiziell, es gebe nicht mehr genug Geld für einen vierten Ausländer. Wie wenn einer sein Restaurant schön umbaut, dann aber kein Geld mehr hat für richtiges Personal. Dabei ist den Langnauer auch zum Verhängnis geworden, dass sie mehr Geld ausgaben und dafür nicht entsprechenden Mehrwert bekamen: Sie konnten den von der ganzen Liga gejagten Nationalstürmer Simon Moser nur durch eine bäumige Lohnerhöhung halten und auch die Vertragsverlängerung mit Lukas Haas war ohne Zustupf nicht möglich. Und letztlich war zum Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsverlängerung auch Coach John Fust ein begehrter Mann.

 

Mindestens zwei Millionen sind nötig

Dieses Unterschätzen des Sportes hat sich nun bitter gerächt. Dafür trägt letztlich Präsident Peter Jakob die Verantwortung. Er hat mit der wirtschaftlichen Rettung des Unternehmens und der anschliessenden Stadion-Sanierung ein Jahrhundertwerk vollbracht. Ihm gehört vor dem Stadion ein Denkmal. Aber das Sportgeschäft ist dem erfolgreichen Unternehmer bis heute fremd geblieben: Vernunft und Verstand haben ihn davon abgehalten, auch noch siebenstellig ins Team zu investieren. Aber diese Erfahrung bleibt auch dem tüchtigsten Unternehmer nicht erspart: Ein kleines Vermögen ist im Sportgeschäft nur zu machen, wenn mit einem grossen Vermögen begonnen wird. Im Fall von Langnau: Um aus dem Tabellenkeller herauszukommen, sind für nächste Saison Investitionen in der Höhe von mindestens zwei Millionen notwendig.

 

So wie die Playoff-Mannschaft im Frühjahr 2011 über ihren Möglichkeiten, so spielt das aktuelle Team unter seinen Möglichkeiten. So wie 2011 alles für die Langnauer lief, so ist nun alles schief gegangen. Während die Substanz der Schweizer Spieler seit 2011 mehr oder weniger gleich geblieben ist, sind die Emmentaler auf den Schlüsselpositionen Torhüter und Ausländer auf diese Saison viel schwächer geworden. Ein Team mit so wenig Substanz wie die SCL Tigers hat ohne starken Goalie und gute Ausländer keine Chance. Und hat kaum Möglichkeiten, aus einer Krise herauszukommen.

 

Keine playofftaugliche Mannschaft

John Fust ist letztlich auch betrogen worden. Er hat vor etwas mehr als einem Jahr den Vertrag vorzeitig 2015 verlängert. Weil er zu Recht davon ausgegangen ist, dass in Langnau investiert wird. Ich erinnere mich noch gut an ein Interview vor gut einem Jahr. Da wollte er explizit nichts mehr von einem Playout-Team wissen. Man sei auf dem Weg dazu, eine playofftaugliche Mannschaft aufzubauen. Diese Einschätzung hat sich inzwischen zwar als falsch herausgestellt – doch aufgrund der Erklärungen des Managements musste Fust davon ausgehen, dass eine playofftaugliche Mannschaft entsteht.

 

Inzwischen zeigt sich: Durch das Versprechen von sportlichen Perspektiven bzw. durch die falsche Einschätzung der Situation hat sich John Fust dazu verleiten lassen, in Langnau zu verlängern. Zu einem Zeitpunkt, da sein Marktwert noch hoch war. John Fust ist dank den SCL Tigers der Coach der Saison 2010/11 geworden – und wegen der SCL Tigers muss er nun in seiner Karriereplanung vorläufig wieder zurück auf Feld 1. Aber seine Karriere ist nicht zu Ende. Er wird seinen Weg machen. Denn er hat in Langnau keine gravierenden fachtechnischen Fehler gemacht. Sein Fehler war es lediglich, dass er im letzten Sommer gegen die sportliche Abrüstung (als verkündet wurde, man wolle nur drei Ausländer) nicht Sturm gelaufen ist. Jeder Trainer darf auf seinem Konto eine bestimmte Anzahl Niederlagen abbuchen – wenn diese Anzahl erreicht ist, dann bleibt nur noch die Entlassung. Zu viele Niederlagen zerrütten das Verhältnis jedes Trainers zu seinen Spielern. John Fust ist in Langnau mehr Opfer als Täter.

 

Liga-Erhalt in Gefahr

Werden die SCL Tigers mit einem neuen Trainer besser? Nur dann, wenn endlich wieder alle vier Ausländerpositionen richtig besetzt werden. Das ist gar nicht so einfach: Die Langnauer, die eigentlich nur mit drei Ausländern spielen wollten, haben bereits sechs Lizenzen vergeben. Die zwei letzten dürfen sie erst einlösen, wenn klar ist, ob in der NHL noch gespielt wird. Ob Alex Reinhard die Mannschaft auch im Abstiegskampf (Playouts, evtl. Ligaqualifikation) führt, ist noch offen. Bis Mitte Februar wird sich zeigen, ob er dieser Herausforderung gewachsen ist. Es bleibt genug Zeit, um die Trainerposition noch einmal neu zu besetzen. Sicher ist nur: Unter den aktuellen Voraussetzungen wird der Liga-Erhalt ein so grosser Erfolg sein wie die Playoffs von 2011.