Weshalb der Aufstiegscoach nach dem Abstieg der SCL Tigers gehen muss

Kölliker kein Hockeygott – dafür jetzt entlassen

Der Schritt vom Sportchef-Sessel an die Bande war falsch. Köbi Kölliker konnte den SCL Tigers nicht genügend einheizen. Statt Hockeygott-Status folgt nach dem Abstieg in die NLB die Entlassung. Doch wie sieht es nun mit Langnaus Eishockey-Kompetenz aus?

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Die Entlassung von Sportchef Köbi Kölliker gibt zu reden. Doch der Entscheid des Verwaltungsrates ist richtig. Kölliker hat hoch gepokert, als er sich selbst als Nothelfer an die Bande stellte. Zu hoch. Er schaffte mit den SCL Tigers die Wende nicht mehr und steht damit in der Verantwortung für den Abstieg der «Unabsteigbaren» in die NLB. Es war nicht der einzige Fehler des Aufstiegscoachs von 1998.

 

  1. Der Verzicht auf Jaroslav Hübl

Der Tscheche lieferte als Nothelfer für den zum Saisonbeginn verletzten Thomas Bäumle im Tiger-Tor erstklassige Arbeit ab. Trotz Sparanweisung vom Verwaltungsrat hätte sich der Sportchef durchsetzen und Hübl halten müssen. Denn ein Torhüter von der Klasse Hübls fehlte den SCL Tigers danach für fast den ganzen Rest der Saison. Statt dessen folgte ein unwürdiges Torhüter-Gewusel mit der Folge, dass trotz Spielfähigkeit aller lizenzierter Torhüter in den entscheidenden Spielen die Nr. 4 das Tor hüten musste. Die Leihgabe Damiano Ciacco machte seine Arbeit allerdings gut. Er ist für den Abstieg nicht verantwortlich.

  1. Die Vertragsverlängerung mit Thomas Bäumle

Drei gute Spiele hintereinander lieferte lieferte Bäumle zum Jahresende und zum Amtsantritt von Alex Reinhard ab. Dies reichte bereits aus, um seinen Vertrag zu verbesserten Konditionen zu verlängern. Biel, das die Torhüterfrage für die nächste Saison zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht gelöst hatte, war ebenfalls an Bäumle dran. EHCB-Coach Kevin Schläpfer: «Wir hatten gegen das Angebot der SCL Tigers keine Chance.»

  1. Die Verschwendung einer Ausländerlizenz an Mark Bomersback

Als Bomersback zu den SCL Tigers stiess, waren diese längst am Schluss der Tabelle. Er hatte also mit deren Fall dahin nichts zu tun. Doch der vorher in dieser Saison vertragslose Kanadier war ohne Spielpraxis und konnte den Langnauern in keiner Phase helfen. Fragwürdig war die Verpflichtung vor allem deswegen, weil zu deren Zeitpunkt bereits sechs Ausländer-Lizenzen aufgebraucht waren, und von den bisher engagierten Söldnern drei nicht mehr da waren (Hübl, Ennis, Spurgeon), und einer (Popovic) so schwer verletzt war, dass mit dem Ausfall bis Ende Saison gerechnet werden musste. Die zwei einsatzfähigen Ausländer (Pelletier, McLean) bewegten sich auch zu diesem Zeitpunkt im Süden der Rangliste der besten NLA-Söldner. Bei der Besetzung der 8. Ausländer-Lizenz mit Bryce Lampman hatte Kölliker dann aber ein gutes Händchen.

  1. Das zu lange Festhalten an Coach Alex Reinhard

Um Kosten zu sparen, war der Entscheid, Alex Reinhard zum Nachfolger von John Fust zu bestimmen, vertretbar. Die Leistungen und die Resultate gaben dieser Massnahme während der Qualifikation recht. Doch wie steht es mit dem Entscheid, mit Alex Reinhard in die Playouts zu gehen, und später sogar die Ligaqualifikation zu beginnen? Spätestens nach der verlorenen Serie gegen Rapperswil hätten die Tiger reagieren müssen. Auch hier: Der Sportchef darf nicht einfach nur die Marionette des Verwaltungsrates sein. Die Sportkompetenz war Köllikers Ding. Hier war er den andern Entscheidungsträgern der SCL Tigers weit voraus. Aber entweder sah er die Notwendigkeit eines Trainerwechsels viel zu spät, oder es gelang ihm nicht, darauf aufmerksam zu machen und sich durchzusetzen.

  1. Der Sportchef macht sich selbst zum Coach

Neben dem zu langen Festhalten an Alex Reinhard war die Massnahme, selbst an die Bande zu stehen, der folgenschwerste Fehlentscheid von Köbi Kölliker. Hätte er reussiert und die Tiger gerettet, wäre er jetzt möglicherweise «unser» Hockeygott. Doch es reichte nur gerade zu einem einzigen guten Spiel. Kölliker, der einigen Spielern längst mitgeteilt hatte, dass er in der kommenden Saison nicht mehr mit ihnen plant, und der deshalb im Team längst nicht bei allen beliebt war, konnte kein Feuer gegen den Abstieg mehr entfachen, und seine Mannschaft stieg nach einer jämmerlichen Leistung im 6. Spiel gegen Lausanne in die NLB ab.

 

Wie weit Köbi Kölliker einfach die Vorgaben und Wünsche des Verwaltungsrates erfüllte, lassen wir offen. Aber die bei Kölliker zweifellos vorhandene Sportkompetenz nützt wenig, wenn er sich nicht durchsetzen kann. Der 213-fache Nationalspieler stand als Sportchef und zuletzt auch als Coach in der sportlichen Verantwortung, und da die SCL Tigers abgestiegen sind, ist seine Entlassung logisch.

 

Kevin Schläpfer wäre wohl als Nothelfer eingesprungen,

wenn man ihn angefragt hätte. Durch einen Tipp von aussen wussten dies die Entscheidungsträger bei den SCL Tigers. Doch Schläpfer wurde nicht angefragt. «Ich hörte nichts von Langnau. Aber ich rechnete auch zu keinem Zeitpunkt mit einer Anfrage.» Kölliker und Schläpfer sind, obwohl gemeinsam mit den SCL Tigers 1998 von der NLB in die NLA aufgestiegen, keine Freunde. Der Baselbieter erreichte mit dem EHC Biel in den letzten beiden Jahren zwei Mal in Folge die Playoffs, und machte damit der ganzen Liga klar, dass er nicht nur erfolgreich als Coach in der NLA angekommen ist, sondern dass er zumindest in der Schweiz auch zu den besten seines Fachs gehört. Er wird die Bieler auch in der nächsten Saision coachen. Bekannt wurde Schläpfer vor allem dadurch, dass er 2009 und 2010 die Seeländer jeweils als Nothelfer-Coach in der Ligaqualifikation vor dem drohenden Abstieg rettete. Beide Male stellte er sich als amtierender Sportchef selbst an die Bande.

 

Lag es daran, dass Kölliker Schläpfer nicht wollte? Oder klang die Massnahme, den Coach eines Ligakonkurrenten (nötig wäre auch das Einverständnis des EHC Biel gewesen) für die Rettung der Tiger zu verpflichten, zu abstrus? Schlimmer als im Abstieg hätte auch das Engagement Schläpfers nicht enden können. Schläpfer ist als Motivator ein anderes Kaliber als der trockene Kölliker.

 

Wo bleibt nun die Eishockey-Kompetenz in Langnau?

Gut ein halbes Jahr war Köbi Kölliker Sportchef in Langnau. Er fing an, als John Fust als Coach und Ruedi Zesiger als Geschäftsführer der SCL Tigers noch in Amt und Würden waren. Er hatte mit der Zusammenstellung des Teams bis dato nichts zu tun. Auch die Verpflichtung der Lockouter Tyler Ennis und Jared Spurgeon geschah lange vor seinem Amtsantritt. Gemeinsam mit Fust (damals Spieler) und Zesiger (auch damals Geschäftsführer) stieg Kölliker als Coach mit den Langnauern 1998 in die NLA auf. Nun hat der Sturm des Misserfolg nach Fust und Zesiger auch Kölliker aus dem Amt gespült. Doch gerade die Aera Zesiger hat gezeigt, dass das Langnauer Eishockey-Unternehmen dringend Eishockey-Kompentenz benötigt. Diese hat Kölliker trotz den oben aufgeführten Kritikpunkten zweifellos in die Organisation eingebracht. Der Seeländer war auf guten Wegen zu leistungsgerechteren Löhnen und damit zu mehr Möglichkeiten trotz gleich bleibendem Budget. Doch durch den Abstieg wurden all seine Massnahmen zu Makulatur. Den Neubeginn werden andere an die Hand nehmen.

 

Der neue Geschäftsführer Wolfgang Schickli ist überzeugt, dass genügend Eishockeykompetenz im Unternehmen SCL Tigers ist. Die neue Sportkommission soll es richten. Unter dem Vorsitz von Verwaltungsrat (und SCL Young Tigers – VR-Präsident) Käru Brügger gehören dieser Kommission auch Konstantin Kurashev, Wolfgang Schickli, Christoph Bärtschi (als Sekretär), sowie der neue Coach und dessen Assistent an. Aber die Frage bleibt: Haben die SCL Tigers genügend Sportkompetenz im Haus, um über diesen Sommer eine gute Mannschaft zu bauen, und während der laufenden Saison den Spielermarkt zu beobachten, um auf die entscheidende Phase der Meisterschaft hin nachzurüsten? Köbi Kölliker dürfte das Budget der Emmentaler ungefähr mit 130'000 Franken belastet haben. Pro Jahr versteht sich. Hätten die Tiger Kölliker über diesen Sommer noch seine Arbeit machen lassen, wären noch drei, höchsten vier Monatslöhne dazu gekommen. Der Entscheid, auf die Dienste Köllikers sofort zu verzichten, spart demnach gegenüber der Variante «Entlassung nach dem Bau der Mannschaft» eine Summe von zwischen 35'000 und 50'000 Franken ein. Viel Geld, monieren Köllikers Kritiker. Zu wenig im Vergleich zu dem, was an Sportkompetenz verloren geht, argumentieren seine Befürworter.

 

Die Zukunft wird weisen, ob im Hause SCL Tigers trotz Köllikers Abgang genügend Sportkompetenz vorhanden ist. Von den Absteigern ist im sportlichen Bereich derzeit kein einziger mehr an Bord. Noch fehlen der Coach und sein Assistent. Mit der Verpflichtung von Anton Gustafsson für zwei Jahre steht derzeit gerade mal ein Spieler unter Vertrag. Gustafsson war nicht Teil der Abstiegsmannschaft. Durch den Verzicht auf Kölliker ist auch der Letzte aus dem sporlichen Bereich mit dem Schwefelgeruchs des Abstiegs aus der Organisation verbannt, was den kompletten Neuanfang möglich macht. Dass im künftigen Team auch Spieler der Abstiegsmannschaft vertreten sein werden, ändert nichts an diesem Neuanfang.  

 

Zeitungsente um Tomas Tamfal

Dieses Portal spekulierte bereits am Sonntag mit der Verpflichtung von Tomas Tamfal als neuen Coach der SCL Tigers, und rechnete mit deren Kommunikation am Montag. Prompt wusste der Blick einige Stunden später den Vollzug von Tamfals Verpflichtung zu vermelden. Doch dies ist zumindest vorerst eine Zeitungsente. Denn der Vertrag ist noch nicht unterschrieben. Dazu Geschäftsführer Wolfgang Schickli: «Es ist noch nicht alles geklärt.»