Kuscht die Presse vor unflätigen Milliardären?

Zuerst ging Verbandspräsident Philippe Gaydoul selbst zu den Kloten Flyers. Im Dezember 2012 verpflichtete er Marketing-Direktor Lukas Hammer. Und jetzt wechselt auch noch Verbands-CEO Lukas Berner. Dies alles fast ohne negative Begleitung der Presse. Was steckt dahinter?

Blog • • von Bruno

Das stinkt zum Himmel. Das stinkt so sehr, dass der Gestank sogar einem Grippekranken mit total verstopfter Nase auf mehrere 100 Kilometer Entfernung gegen den Wind die Tränen in die Augen treibt. Als der Verbandspräsident zu den Kloten Flyers ging, um diese zu retten, rieben sich zwar die Einen verwundert die Augen. Aber niemand hatte ein Interesse am endgültigen Untergang des Eishockeyunternehmens aus dem Zürcher Unterland, und so wurde grossmehrheitlich geschwiegen (bzw. die Geschehnisse positiv begleitet). Aber jetzt kommts: Die Meldung vom noch bevorstehenden Weggang von Marketing-Direktor Lukas Hammer von Swiss Eishockey ebenfalls zu den Kloten Flyers (NZZ, 21.12.2012) schlug keine grossen Wellen. Und dies ist erstaunlich. Denn Hammer ist beim Verband immer noch beschäftigt. Klar ist einzig, dass er wechselt. Über den Zeitpunkt wurde bisher - gemäss Wissensstand des Schreibenden - nichts kommuniziert. Hammers Arbeitsplatz ist immer noch beim Verband. Usanz ist jedoch, dass sofort das Büro zu räumen hat, wer bei einem Konkurrenten (oder einer Firma, wo grössere Interessenskonflikte mit dem bisherigen Arbeitgeber entstehen könnten), unterschrieben hat. Die Presse kümmerte sich nicht darum. Und es kommt noch besser. Auch beim Wechsel von Verbands-CEO Matthias Berner ist nicht von einer sofortigen Freistellung die Rede. Auch er sitzt seine Präsenzzeit beim Verband noch ab. Dass Berner neun Jahre für den Verband arbeitete, und auch Hammer bereits seit 2007 für Swiss Eishockey tätig ist, ist nur eine Seite der Medaille. Dass aber gleich drei der höchsten Verbandsherren (Präsident, CEO, Marketing-Direktor) innerhalb von weniger als einem Jahr vom Eishockeyverband zu ein und demselben Eishockeyklub wechseln, sollte uns allen nicht egal sein. Hier läuft gerade etwas nicht richtig. Wie schon bei Lukas Hammer ruhen die Federn der Pressefritze auch bei Matthias Berner.

 

Sehen die Damen und Herren von der Presse die Brisanz nicht, die hinter diesen Abgängen steckt? Sind sie zu faul zum arbeiten? Fühlen sie sich überfordert? Nein! Nichts dergleichen scheint der Fall zu sein. Viel mehr erfährt man auf den Journalistentribünen der Eishallen, dass da offenbar dutzende von kritischen Berichten und Kommentaren verfasst wurden. Aber sie wurden nicht gebracht. Auch nicht von den scheinbar mächtigen Verlagen. Sie wurden weder gedruckt, noch online gestellt. Artikel, mit allzu kritischem Inhalt über die Kloten Flyers sollen von der Chefredaktionen persönlich zensiert, gekürzt oder entschärft worden sein. Es wird gemunkelt, der Milliardär Philippe Gaydoul drohe mit Anwälten und mit dem Entzug von Inserate-Aufträgen. Und das mache die Chefredakteure gefügig wie fromme Lämmer. Es gehe sogar so weit, so wird erzählt, dass gewisse Journalisten als Berichterstatter über die Kloten Flyers nicht mehr erwünscht seien. Keine Angst: Sowas läuft nicht über ein Stadionverbot, oder ein Verbot, in der Eishalle den Presseraum oder die Pressetribüne betreten zu dürfen. Da sollen die Chefredaktionen diskret darauf hingewiesen worden sein, dass man künftig einen andern Berichterstatter wünsche. Es soll sogar Fälle geben, in welchen explizit eine bestimmte Person (natürlich der/die Harmloseste) gewünscht wird. Keiner der betroffenen Journalisten will genannt oder gar zitiert werden. Das könnte sie den Job kosten. Das sagen zumindest die Journalisten. Wir müssen deshalb mit der Ungewissheit leben, ob das soeben geschriebene stimmt, oder ob die Journalisten allenfalls doch zu faul sind zum arbeiten.

 

Aber wir erkennen, weshalb uns – ohne etwas darüber zu schreiben - als normal hingestellt wird, was eigentlich nicht normal sein darf. Als der EHC Basel im Frühling 2008 in die NLB abstieg, sorgte der damalige SCL Tigers – CEO Heinz Schlatter schweizweit für Wirbel, weil er die Sponsoren der Rheinstädter darauf hinwies, dass im Emmental NLA-Eishockey gespielt werde. Ob wir Schlatter dafür rühmen oder verdammen sollen, bleibe dahin gestellt. Hätte es diesen Wirbel ebenfalls gegeben, wäre Philippe Gaydoul und nicht Hans Grunder (der wohl auch einen Anwalt hätte bezahlen können, der aber keine Werbeaufträge zu vergeben hatte), Präsident der SCL Tigers gewesen?

 

Und was lernen wir daraus? 1.) Dass, - und dies ist nicht neu, - wer Geld hat, anders gemessen wird, als jemand, der keines hat. 2.) Dass Korruption nicht nur bei Politikern und Beamten, sondern auch bei der Presse möglich ist. Mit dem Unterschied, dass es hier nicht reichen wird, bestimmte Chefredakteure (wie dies bei Politikern oder Beamten der Fall sein kann) zu schmieren. Hier müssen alle (gemeint sind die Entscheidungsträger) mitmachen, zumindest diejenigen der wichtigen Zeitungen und Internetportale. Denn sonst nützt alles nichts. Oder anders ausgedrückt: Philippe Gaydoul hat Glück, ist FANTIGER kein schweizweit wichtiges Internetportal. Dieser Blog wird im «Züribiet» wohl kaum hohe Wellen schalgen.

 

Noch zwei Nachträge:

Als in Langnau die Gemeinde den SCL Tigers mit 900'000 Franken aushalf (100'000 Aktienkapital, 800'000 zinsloses Darlehen, die ersten drei Rückzahlungsraten à je 80'000 Franken wurden pünktlich beglichen, die nächste ist im August 2013 fällig), wurde die Presse nicht müde, darauf hinzuweisen, dass dies ein einmaliger, aber auch fragwürdiger Vorgang sei. Von Verschwendung (oder Gefährdung) von Steuergeldern war die Rede. Als wegen der Rettung der Kloten Flyers der Fiskus auf 3 Mio. Franken Steuergelder und Abgaben verzichten musste, obwohl zur Rettung ein Milliardär und ein Multimillionär bereit standen, blieb es in der Presselandschaft verhältnismässig still. Den Unterschied macht wohl Philippe Gaydoul.

 

Es wird gemunkelt, den Kloten Flyers sei von höchster Verbandsstelle auch bereits ein potenter Sponsor «zugeschanzt» worden, der inzwischen unterschrieben habe. Es ist also nicht völlig unwichtig, ob Matthias Berner und Lukas Hammer ihre restliche Arbeitszeit in den Büros von Swiss Eishockey noch absitzen dürfen. Denn ob dieses Gemunkel stimmt oder nicht, kann ich derzeit nicht nachprüfen. Hätten die beiden Herren ihre Büros bereits geräumt, wäre die Befürchtung, dass ein solcher «Vorfall» doch noch, oder wieder passieren könnte, etwas weniger gross.

 

Ach übrigens: Der Verfasser dieser Zeilen will sich selbst nicht besser machen als die Entscheidungsträger in den Zeitungen. Denn a) sind die Chefredakteure Verantwortungsträger. Sie tragen die Verantwortung über hunderte von Arbeitsplätzen. Dies müssen sie bei all ihren Entscheiden mit berücksichtigen. Ich selbst war noch nie Ziel eines Bestechungsversuches. Selbstverständlich wünsche ich mir, dass ich standhaft bliebe, wenn Herr Gaydoul käme, und die FANTIGER-Medien mit Werbeaufträgen von mehreren 10'000 Franken eindecken würde, mit dem Wunsch, nicht mehr negativ über ihn zu schreiben. Aber weiss ich es? Ich habe ja schliesslich die Mitverantwortung für den Fanclub SCL Tigers, dem solche Aufträge ebenfalls Kohle in die Kasse spülen würden.