Watson, Klaus Zaugg

Langnau, der unterforderte Gigant

Die SCL Tigers sind zu gut für die NLB. Das macht den Wiederaufstieg im nächsten Frühjahr fast unmöglich.

Presse •

 

Eine wunderschöne Arena. Ein grandioses Publikum. Noch sind die grossen Gegner aus Olten und Langenthal nicht in Langnau aufgetreten und trotzdem sind pro Spiel im Schnitt 4674 Zuschauerinnen und Zuschauer gekommen. Mehr als in Biel, Davos und Rapperswil-Jona. 

       

Schwarze Zahlen, ein Budget von rund 8 Millionen und genug Talent für die NLA: Die SCL Tigers sind in der zweithöchsten Spielklasse ein unterforderter Gigant. Und das wird zum Problem.

 

Die Mentalität stimmt nicht

Die Langnauer haben den Spitzenkampf gegen NLB-Meister Visp auf die genau gleiche Art und Weise mit 3:6 verloren wie im letzten Frühjahr das Playoff-Finale gegen den gleichen Gegner. Viel mehr Talent, viel mehr Torchancen und die ausgeglichenere Mannschaft. Aber viel zu wenig Emotionen, zu wenig Geradlinigkeit, zu wenig Wucht, Wasserverdrängung und Einschüchterungsvermögen.

 

Die Langnauer sind zu talentiert. Es geht alles viel zu ring. Stürmer wie Claudio und Sandro Moggi, Thomas Nüssli, Lukas Haas oder Christopher DiDomenico und Tobias Bucher oder ein Verteidiger wie Kevin Hecquefeuille haben die Hände, die Füsse und die Vista für die NLA. 
   

Also suchen sie die Entscheidung gegen vergleichsweise hölzerne und hüftsteife Gegner mit spielerischen Mitteln. Es sind Schmetterlinge, die nicht beissen. Tanzmäuse, die nicht knurren und nicht böse sein können. Erschwerend kommt dazu, dass Damiano Ciaccio wahrscheinlich auch kein Goalie für grosse Spiele ist. Dass auch Lorenzo Croce kein Aufstiegstorhüter ist, wissen wir ja schon.

 

Wenn der Gegner cool bleibt, sich gut organisiert und für Intensität auf dem ganzen Eisfeld sorgt, dann fällt die spielerische Herrlichkeit der Langnauer zusammen wie schlechte Natelverbindung im hinteren Hühnerbach. Offenbar kriecht ein Tiger eher durch ein Nadelöhr als dass er zu einfachem, direktem, intensivem und effizientem Spiel findet.

 

Trainer Bengt-Ake Gustafsson ist gefordert

Trainer Bengt-Ake Gustafsson, ein typischer skandinavischer Spielerversteher hat noch viel Zeit. Die Mannschaft muss erst im nächsten Februar die Bestform erreichen. Aber möglicherweise hat er viel zu viel Zeit. Die Langnauer haben grösste Mühe, mit der Leichtigkeit des Seins in der NLB umzugehen.    

   

 

Eine Niederlage gegen Visp? Na und? Es reicht ja trotzdem locker für die Playoffs. So ist es nicht möglich, den Instinkt und die Taktik für grosse Spiele, für den Showdown in den Playoffs, für Dramen in der Liga-Qualifikation zu schärfen. Jede Niederlage muss ein Drama sein.

Wohlfühloase Langnau?

Gemeindepräsident Bernhard Antener, ein grosser Freund der Tiger und mit feiner Antenne für Leistungsport, hat sich auf der Tribüne über die Niederlage gegen Visp viel stärker aufgeregt als der freundliche schwedische Trainer der SCL Tigers. Das ist kein gutes Zeichen. Zumal es auch im Büro und im Umfeld seit dem Abgang des unbequemen Querkopfes Wolfgang Schickli allen zu wohl ist.     

 

Das Leben in der NLB ist für die Langnauer auf und neben dem Eis viel zu angenehm. Sie sind unterfordert. Zu viele zu leichte Siege. Die Niederlagen sind zu selten für ein Krisenspektakel. Aber ohne Drama kein «heiliger Zorn». Ohne Drama zu wenig Emotionen, Kampfkraft und Leidenschaft. Jede Kritik an diesen Zuständen der sportlichen «Wohlstandsverwahrlosung» perlt an der durch leichte Siege überdüngten Selbstzufriedenheit ab. 

 

Die SCL Tigers sind für die NLB viel zu gut und zu gross und gehören mit dieser Arena, diesem Publikum und diesen wirtschaftlichen Möglichkeiten in die NLA. Jeder Tag in der NLB vergrössert den Abstand zur höchsten Liga. Jeder Tag in der NLB ist für dieses Hockeyunternehmen ein verlorener Tag, ein verlorener Tag auch für unser Hockey.