Langnaus neues «Wundertier» und die NLA

Kann dieses Langnau am Ende gar in die NLA zurückkehren? Seit «Operetten-Gretzky» Christopfer DiDomenico (25) das Spiel orchestriert ist der NLA-Himmel die Limite für die Langnauer.

News • • von Klaus Zaugg

 

Christopher DiDo

Trägt neu die Nr. 83 - Christopher DiDomenico (Bild: Christoph Schmid) 

 

Ob die Hockey-Landkarte neu gezeichnet wird, entscheidet sich in der NLB. Nur wenn die SCL Tigers die NLB gewinnen, ist der Verlierer der NLA-Playouts in Gefahr. Denn nur Langnau kann und will aufsteigen. Scheitert Langnau an La Chaux-de-Fonds (oder dann im Finale an Langenthal), dann sind die Lakers und Biel gerettet und in der Liga-Qualifikation wird nur noch Operetten-Hockey gespielt.

 

Der Weg zurück in die NLA ist für die Langnauer wie die Besteigung des Mount Everest ohne Sauerstoff. Aber so war es zum gleichen Zeitpunkt der Saison vor einem Jahr auch für Lausanne. Mit dem 3:1 gegen La Chaux-de-Fonds zum NLB-Halbfinalauftakt haben die Emmentaler am Sonntagabend den langen Aufstieg begonnen. Ein Sieg in der ersten Halbfinalpartie will noch nichts heissen. Olten hatte die Viertelfinals gegen die Neuenburger mit einem 7:1 eröffnet und blieb dann auf der Strecke.

 

Aber in Langnau ist seit dem turbulenten Herbst und dem mühseligen Winter etwas passiert, das die Bieler und die Lakers beunruhigen sollte. Ein Frühlingserwachen. Die Mannschaft hat sich verändert. Die Hektik, die in den letzten zwei Jahren so oft das Spiel prägte, ist verschwunden. Die Emmentaler spielen jetzt an einem guten Abend wie am letzten Sonntag schwedisches Hockeyschach. Sie tragen Sorge zum Puck, machen wenig Fehler und nützen gegnerische Schwächen blitzschnell aus – wie etwa beim 3:0 gegen La Chaux-de-Fonds. Ein Treffer, herausgespielt mit drei Direktpässen und abgeschlossen mit einem Direktschuss von Christopher DiDomenico. Torhüter Damiano Ciaccio zappelte hilflos wie ein aufs Trockene geworfener Fisch. Eine «Standing Ovation», die höchste und vornehmste Form das Applaus, rauschte minutenlang durch den hölzernen Hockeytempel.

 

So selbstsicher, ruhig und gelassen waren die Langnauer Anfang März in diesem Jahrhundert noch nie. Es ist taktische Handschrift des schwedischen Trainers Bengt-Ake Gustafsson.

 

Aber das ist noch nicht alles. Manchmal ändern zehn Transfers nichts. Aber hin und wieder genügt ein Transfer, um ein Team zu verändern. Genau das ist in Langnau durch den Zuzug von Christopher DiDomenico am 13. Februar passiert. Eine Verletzung hatte ihn vor vier Jahren den Einstieg in die NHL gekostet. In der italienischen Operettenliga hat er sein Selbstvertrauen wieder gefunden. Im letzten Frühjahr markierte er in 15 Playoffpartien 42 Punkten. Sein Vertrag in Asiago ist ausgelaufen und so haben die Langnauer endlich wieder ein Hockey-Wundertier bekommen, durchaus vergleichbar mit Peter Sullivan oder Todd Elik.

 

Neben dem Eis wirkt Christoper DiDomenico wie ein Kanadier aus einem Prospekt für die Elchjagd. Er spricht so, wie es die Väter ihren Buben in Kanada beibringen: Sein spielerisches Licht stellt er unter den Scheffel des Mannschaftspiels. In fünf Sätzen sagt er siebenmal der Ausdruck «work hard», und er lobt die Fans. Aber auch mit dieser gut inszenierten Bescheidenheit kann dieser Junggeselle nicht darüber hinwegtäuschen, dass er es hockeytechnisch faustdick hinter den Ohren hat. Auch wenn er ausdrücklich betont, er sei kein «Rock’n’Roller.»

 

Es kann sein, dass Langnaus neuer Kanadier nicht schnell genug ist, um in der NLA am grossen Rad zu drehen. Es ist kann auch sein, dass er nicht robust genug ist, um noch drei Serien – NLB-Halbfinale, NLB-Finale und Liga-Qualifikation durchzustehen. Aber kein anderer Spieler in der Nationalliga (und gemeint ist die NLB und die NLA) hat diese Kombination aus Spielintelligenz und schnellen, feinen Händen. In der Art und Weise, wie er das Spiel an sich zieht und dann blitzschnell wieder verteilt und ausfächert und wie er Spielzüge im Voraus erahnt, erinnert er ein wenig an den grossen Wayne Gretzky.

 

Am Sonntag hatte er beim 3:1 gegen La Chaux-de-Fonds bei allen drei Treffern den Stock im Spiel und in vier Playoffpartien hat er für die Langnauer bereits acht Punkte erzielt. Er hat zumindest das Talent, um die Langnauer zurück in die NLA zu bringen und die Hockey-Landkarte neu zu zeichnen. Aber vorerst haben die Emmentaler den Mount Everest NLA noch nicht einmal am Horizont gesehen. Am Sonntag war erst die verschneite Schrattenfluh zu erkennen.