Lieber Hans

Es ist Weltwirtschaftskrise. Falls du von dieser unerwartet hart getroffen wurdest, und du nun selbst auf deine eigene Existenz aufpassen musst, verstehen wir alle deine Entscheidung, würden es aber gerne wissen. Schade ist, dass uns deine folgenschwere Entscheidung derart plötzlich trifft. Andere Klubbesitzer oder Mäzene kündigen jeweils Jahre zum Voraus an, wenn sie sich zurückzuziehen gedenken, damit sich der Klub darauf vorbereiten kann. In deinem Fall konnte sich weder der Klub noch sein Umfeld darauf vorbereiten.

Du suchst nun Aktienkapital für die SCL Tigers, ohne selbst etwas einzahlen zu wollen, und du tust dies nach dem altbewährten Muster. Nennwert einer Aktie ist 10 Franken. Sie kostet jedoch 250 Franken. Werden die angestrebten 700'000 Franken erreicht, so entspricht dies einer Erhöhung des Aktienkapitals um gerade mal 28'000 Franken. Das Störende dabei: Diejenigen, die Aktien zeichnen, können sich drehen und wenden, sich zusammenschliessen, wie sie wollen – sie sind immer in der Minderheit. Störend ist dies deshalb, weil du selbst nicht mehr bereit sein willst, Geld einzuschiessen. Mit andern Worten: Du möchtest, dass andere bezahlen, aber befehlen möchtest immer noch du allein.

Ich habe dich immer für einen der aufrichtigsten Politiker gehalten. Und du hast seinerzeit Grösse bewiesen, als du nach dem «Müller-Debakel» hin gestanden bist, um das Desaster auszubaden. Dies war wahre Grösse. Und dies schätzten wir enorm. Obwohl wir natürlich alle wussten, dass es deiner Politiker-Karriere enorm geschadet hätte, hättest du damals die Tiger untergehen lassen. Ich weiss, du bist eher widerwillig eingestiegen. Dein Traum war es nie, Eigentümer einer NLA-Eishockeyorganisation zu werden. Und es kann durchaus sein, dass du bei den meisten wichtigen Entscheidungen durch Ruedi Soltermann und Armin Müller überstimmt wurdest. Und als Soltermann und du noch alleinige Verwaltungsräte wart, hatte Ruedi wegen seines Stichentscheids bei Stimmengleichheit immer Überhand. Eigentlich konntest du dich gar nicht wehren. Ein Verwaltungsratsmandat hat es jedoch in sich, dass man mit verantwortlich ist für alles, was in der Organisation geschieht. Ob du eine faire Chance hattest oder nicht, ist deshalb unerheblich. Du warst bereits damals Verwaltungsrat und warst deshalb auch verantwortlich für das Loch, das euch und uns allen der liebe Armin Müller bescherte. Und weil die SCL Tigers quasi das Wahrzeichen sind von Langnau und dem Emmental, hätte man dir deren Niedergang übel genommen. Dies hätte sich auf den Wahlzetteln desaströs auswirken können. Somit war ein Teil der vier Millionen auch eine Investition in deine politische Karriere. Und dass du mit Martin Bruderer einen Geschäftsführer engagiertest, der sich auf diesem Posten nicht bewährte, hat ebenfalls mindestens eine wenn nicht gar zwei deiner vier Millionen gekostet. Denn für die Einstellung von Bruderer warst ebenfalls du verantwortlich. Dein dein Wort ist bei den Tigers Befehl.

Was ich damit sagen will: Du hast Lehrgeld bezahlen müssen. Und du hast Altlasten bereinigt. Du hast die SCL Tigers und deine politische Karriere gerettet. Aber deine vier Millionen haben die SCL Tigers nicht um vier Millionen nach vorne gebracht. Denn hätten sie dies, wäre heute keine Unterdeckung in der Bilanz mehr vorhanden. Die Geschäftsergebnisse der letzten Jahre haben diese Unterdeckung nicht verschuldet.

Wie oben geschrieben: Wenn dich die Weltwirtschaftskrise hart getroffen haben sollte, so verstehen wir deinen Entscheid. Denn wo kein Geld mehr ist, kann nichts mehr gezahlt werden. Aber sollte dein Entscheid lediglich mit Unlust zusammen hängen, solltest du diesen überdenken. War es nicht während der gerade abgelaufenen, überaus erfreulichen Saison, als du sagtest, dir hätte es noch nie so viel Spass gemacht, Präsident der SCL Tigers zu sein? Und hat dir Christian Weber die Vertragsverlängerung tatsächlich unter der Prämisse von derart gewaltigen Budgetkürzungen unterschrieben? Oder hast du ihm gar das Gegenteil versprochen (versprechen müssen)? Weber hatte von den SCRJ Lakers ein Super-Angebot. Kaum vorstellbar, dass Chrigu seine Zustimmung ohne Zusagen in Richtung Budget und Kader gegeben hat. Was könnte denn deinen plötzlichen Gefühlsumschwung bewirkt haben? Wo liegen die Gründe dafür? Hast du zu viel am Hals? Bewirken zwei Firmen, das Nationalratsmandat, das Präsidium und der Aufbau deiner neuen Partei, die Wasserversorgung Rüegsauschachen und alles, was du bei den SCL Tigers am Hals hast, burnout-ähnliche Tendenzen in dir? Hast du überhaupt noch genügend Zeit, dich um die Tiger zu kümmern? Oder ist eher die Zeit, und nicht das Geld dein Problem?

Wir würden dich gerne verstehen. Denn ohne unser Verständnis wird dein plötzlicher Rückzug schwierig. Die Zuschauer und die Fans haben nicht versagt. Auf sie konntest du immer zählen. Letzte Saison kamen so viele wie noch nie! Der Fanclub SCL Tigers hat in beispielloser Weise und mit beispiellosem Erfolg versucht, für zusätzliche Ausstrahlung zu sorgen. Und es sind unter anderem auch Leute aus dem näheren und weiteren Umfeld der SCL Tigers, welche dich wählen und in den Nationalrat schicken. Deshalb: Wenn du kannst, ziehe dich auch in finanzieller Hinsicht nur vorbereitet und schrittweise bei den SCL Tigers zurück. Dass du irgendwann nicht mehr magst, verstehen wir alle. Die Art und Weise, wie du dies aktuell zu tun gedenkst, verstehen wir jedoch nicht. Diese Holzfällertaktik ist vernichtend und schadet sowohl dem Marketing als auch der Suche nach Sponsoren. Ich weiss dies von Sponsoren selbst. Dein Vorgehen wirft Fragen auf. Noch nie ist ein NLA-Eishockeyklub wegen «lächerlicher» 700'000 Franken von der Bildfläche verschwunden. Wie in meinen Blogs erwähnt, rechne ich nicht mit diesem Horror-Szenario. Wären jedoch wider Erwarten die SCL Tigers die ersten, würde dir dies angelastet.

Lieber Hans Grunder, die Fans hoffen auf dich. Und sie arbeiten mit. Hast du mitbekommen, welche Anstrengungen in Fankreisen vorgenommen werden, um Geld zu sammeln. Hast du mitbekommen, was der Fanclub SCL Tigers alles aufzieht, um die Tiger zu retten? Ich selbst bin einer, der nicht hofft. Ich zähle! Ich zähle auf dich und rechne fest mit dir! Und wir wollen kein 1 Liga – Eishockey. Und wir wollen mindestens den Ligaerhalt. Aber eigentlich wollen wir mehr!

Auf eine erfolgreiche Rettung der Tiger und auf eine erfolgreiche kommende NLA-Saison.

Freundliche Grüsse

Bruno Wüthrich