Wochen-Zeitung, Bruno Zürcher

«Man muss handeln, bevor die NLB noch weiter schrumpft»

Auch bei den NLA-Klubs wachse die Einsicht, dass die NLB gestärkt werden müsse. Die Liga-Führung zeigt Varianten auf, wie die Zahl der Mannschaften wieder steigen könnte.

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«Wichtig ist, dass nun etwas passiert», bringt es Peter Jakob, Verwaltungsratspräsient der SCL Tigers AG, auf den Punkt. «Die Liga muss handeln, bevor die NLB noch mehr schrumpft.» Die Vertreter der Nationalliga-Klubs haben an ihren Versammlungen schon mehrmals über mögliche Änderungen diskutiert, um die Attraktivität der NLB zu steigern. Die Klubs der höchsten Liga verfügen an den Ligaversammlungen über je drei Stimmen, jene der NLB über je zwei. Roland Wyss, Geschäftsführer der SCL Tigers AG, kennt beide Sichtweisen: Einst nahm er in Diensten des EV Zug an den Versammlungen teil, nun vertritt er – mit lediglich zwei Stimmen – die SCL Tigers.

 

Einsicht wächst, Angst bleibt

Die Klubverantwortlichen konnten sich bislang nicht zu greifbaren Massnahmen durchringen. Dennoch ist Wyss der Meinung, dass auch die Klubs der höchsten Liga eingesehen haben, dass die NLB wichtig ist und aufgewertet werden muss. «Zugleich merkt man aber, dass sich manche Klubs sehr vor einem Abstieg fürchten und sich daher gegen jede Änderung am Modus für den Auf- beziehungsweise Abstieg aussprechen.» Dem entspricht das Resultat der letzten Ligaversammlung. Die NLB solle wieder erweitert werden, «wobei das nicht auf Kosten einer Reduktion der NLA erfolgen soll», lautete das Resultat. Nach den gültigen Reglementen kann sich lediglich der Sieger der Regio-League (1. Liga) um einen Platz in der NLB bewerben. Die Teams der 1. Liga haben jedoch kein Interesse am Wechsel in die zweithöchste Liga (siehe Interview rechts).

 

«Seit Jahren war die Stossrichtung für die NLB, immer professioneller zu werden», meint Ueli Schwarz, Director Elite-Sports von Swiss Ice-Hockey. «Man hat damit sehr viel erreicht, die sportliche und organisatorische Qualität der NLB ist heute beachtlich. Damit sind aber auch die Kosten stetig gestiegen. Nun schlägt das Pendel zurück, indem nicht mehr genügend Klubs bereit sind, diese höheren Kriterien zu erfüllen, weil sie das finanzielle Risiko fürchten.»

 

NLB bedeutet nicht Profieishockey

Man müsse sich von der Vorstellung lösen, dass in der NLB nur Profiklubs mitspielen sollen, meint Peter Jakob. Schon heute betreibe lange nicht jeder NLB-Klub einen Profibetrieb. «Es sollten auch Teams zugelassen werden, welche in der NLB mitspielen möchten, aber nicht ganz alle Anforderungen erfüllen. Wenn das Stadion zu wenig sicher ist, könnte ja die maximale Zuschauerzahl etwas eingeschränkt werden.»

 

Dass bereits heute nicht alle Spieler vom Eishockey leben können, zeigt auch ein Blick auf die Budgets. Die SCL Tigers AG weisen einen Umsatz von rund 7,5 Millionen auf. In der vergangenen Saison gab die AG alleine gut vier Millionen Franken für sein Personal aus. Bei mehreren NLB-Klubs macht der gesamte Umsatz weniger aus als in Langnau die Personalkosten. «Dass die Klubs in der NLB sehr unterschiedliche finanzielle Voraussetzungen haben, ist nicht neu», sagt Ueli Schwarz. «In den letzten Jahren war beispielsweise der HC Lausanne auch sehr dominant; auch bei den Zuschauerzahlen.»

 

Reglemente anpassen

Anfang Jahr wird Schwarz die Verantwortlichen der NLB und der Regio-League über mögliche Änderungen informieren. «Es gibt drei Stossrichtungen», berichtet Ueli Schwarz: Erstens könnten Mannschaften aus der 1. Liga wie bisher, aber unter veränderten Rahmenbedingungen in die NLB wechseln; eine zweite Möglichkeit wäre, dass ausländische Mannschaften mitspielen würden, und drittens könnte die NLB «von oben wachsen», indem NLA-Klubs Mannschaften in der NLB mittragen würden. «Die erste Variante ist schon immer möglich gewesen und soll es auch bleiben. Die Variante «Ausland» ist für mich persönlich keine Lösung. Die dritte Variante ist klar die erfolgversprechendste», hält Ueli Schwarz fest. «Es gibt mehrere Interessenten in der NLA für dieses Modell. Ein NLA-Klub braucht im Laufe einer Saison 30 oder mehr Spieler. So könnten beispielsweise überzählige Spieler in der NLB Spielpraxis holen anstatt auf der Tribüne zu sitzen.»

 

Soll die zweithöchste Eishockey-Ebene somit zu einer reinen Farm­team-Liga werden? «Jede Klubführung könnte selber entscheiden, wie sie sich ausrichten will», meint Schwarz. Die Farmteams würden zwar in der zweithöchsten Liga mitspielen, könnten aber nicht aufsteigen, so wie das heute bei den GCK Lions der Fall ist. Mit zwölf Teams würde die NLB 75 Spieler mehr umfassen. «Gerade für Spieler, die aus Altersgründen aus den Junioren ausscheiden, aber ihr Leistungspotenzial noch nicht erreicht haben, wäre dies eine Chance. Eine neu definierte NLB könnte einen wichtigen Beitrag für das Schweizer Eishockey leisten», ist Ueli Schwarz überzeugt.

 

Noch ist nichts entschieden. Schwarz schliesst nicht aus, dass bereits auf die kommende Saison Neuerungen in Kraft treten könnten. «Dafür braucht es aber statutarische und reglementarische Anpassungen», räumt er ein. Beispielsweise müsste es einem Team aus der 1. oder 2. Liga erlaubt werden, «am grünen Tisch» in die NLB aufzusteigen. Gemäss der
heutigen Regulativen ist das nicht möglich.

 

Die Führung der SCL Tigers würde solche Änderungen begrüssen. «Mit mehr Mannschaften würde die NLB sicher attraktiver», meint Wyss. Klar sei indes auch, dass die SCL Tigers nicht zu einem Farmteam werden. «Wir wollen einen Schritt nach vorne machen», sagt Roland Wyss, «oder genauer nach oben.»

 

Auflagen verhindern Aufstieg von 1. Liga-Klubs

 

Der EHC Brandis spielt seit Jahren in der 1. Liga, derzeit belegt die Mannschaft den zweiten Platz. Denn Aufstieg in die NLB anzustreben, sei jedoch kein Thema, meint Heinz Krähenbühl, CEO von Brandis. «Wir können in unserem Stadion den 1. Liga-Spielbetrieb gewährleisten, für die NLB sind die Voraussetzung aber nicht gegeben.» Aber auch Teams der 1. Liga, welche, wie Wiki-Münsingen, Burgdorf oder Lyss, über eine gute Infrastruktur verfügen würden, hätten unter den jetzigen Auflagen keine Aufstiegsgelüste.

 

Sportlich ist die 1. Liga nicht weit von der NLB entfernt. Die Spieler von Brandis absolvieren fünf Trainings­einheiten, die Halbprofis der NLB nur wenig mehr. Die grosse Differenz sind die Finanzen. Während Brandis mit einem Umsatz von rund 540’000 Franken durchkommt, muss für ein NLB-Team ein Vielfaches aufgewendet werden. Die Spieler bei Brandis erhalten keinen Lohn, sondern nur Materialgeld und etwas Fahrspesen.

 

Heinz Krähenbühl ist skeptisch, ob ein Farmteam-Modell die Lösung für die NLB ist: «Am Ende ist jeder Klub sich selber am nächsten», meint er. Wenn die finanziellen Mittel knapp würden, werde als erstes beim Farmteam gespart.