Entscheidung zwei Sekunden vor Schluss: Eine Würdigung der Saison 2011/12

Meister ZSC! Alles wie gehabt - nur ein wenig anders

7. Rang in der Qualifikation, Playoff-Final gegen den 5.: So gewinnen die ZSC Lions ihren 4. Meistertitel dieses Jahrtausends. Nur der HC Davos war in dieser Zeit mit fünf Titeln noch erfolgreicher.

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Zwei Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit in der Finalissima entschieden die ZSC Lions die Meisterschaft zu ihren Gunsten. Das ist ungewöhnlich. Auch der Verlauf der Saison war aus Sicht der Zürcher und auf der Sicht eines Meisters eher speziell. Das Team von Bob Hartley startete mit sechs (!) Heimniederlagen in die Saison, gewann jedoch in dieser Zeitspanne alle sechs Auswärtspartien. Die Leistungen des neuen Meisters hinterliessen beim Zürcher Publikum oftmals Ratlosigkeit und manchmal sogar Wut. Ich vergesse nicht, wie die Löwen nach dem 0:3 verlorenen Spiel vom 27. September 2011 gegen den HC Ambri-Piotta wie geprügelte Hunde unter den wütenden, mit den Fäusten an alles, was Lärm verursachen kann schlagende, und «Scheiss Millionäre» rufende Fans zu ihrer Kabine trotteten. Nein, diese Qualifikation war nicht das Ding des neuen Meisters. Doch wen kümmert dies heute noch? Am Ende gehörte der Titel dann doch wieder einem der grossen Vier. Also nichts Neues am Schweizer Eishockeyhimmel.

 

Auch der andere Finalist, der SC Bern kam in der Qualifikation nicht über den 5. Rang hinaus. Erstmals seit Einführung der Playoffs wurde der Final von Teams bestritten, welche nach der Qualifikation nicht unter den ersten Vier rangiert waren. Mit dem HC Davos und den Kloten Flyers schieden die letztjährigen Finalisten sang und klanglos bereits in den Viertelfinals aus, und kamen dabei gemeinsam auf insgesamt gerade mal einen einzigen Sieg (3:0 der Flyers im 3. Spiel der Serie vom 6. März). Aber auch der EV Zug, Sieger der Qualifikation, scheiterte nach einem erknorzten Weiterkommen gegen den EHC Biel im Halbfinal in lediglich vier Spielen am neuen Meister. Etwas mehr Mühe hatte der SC Bern gegen Gottéron, das zuvor im Viertelfinal den harmlosen HC Lugano ausschaltete, welcher vor eigenem Publikum keine einzige Playoff-Partie zu gewinnen vermochte.

 

Unter dem Strich pure Normalität

Wenn der Vertreter eines Fanclubs in einer Fan-Zeitschrift drei von vier Playout-Teilnehmer auf den richtigen Platz setzt, und sich lediglich beim eigenen Team (schliesslich ist er ja Fan!) irrt, so ist in diesem Bereich alles normal. Zumal die SCL Tigers, von oben erwähntem Prognostiker vor der Saison auf den 7. Rang gesetzt, von den Experten unisono unter den Strich geschrieben wurden, wo sie sich am Ende der Quali auch wieder fanden. Zu schwer wog der erzwungene Abgang von Playoff-Torhüter Benjamin Conz zum HC Lugano. Die Langnauer mussten sich mit einem ausländischen Torhüter behelfen und dafür auf einen vierten ausländischen Feldspieler verzichten. Übrigens: Dass der Vertreter aus der NLA die Ligaqualifikation gewinnt, ist ebenfalls normal. Vorausgesetzt natürlich, dass das Team des Oberklassigen nach all den Niederlagen noch einigermassen intakt ist.

 

Rechnen wir das Jahr 2000 mit, wurden in diesem Jahrtausend im Schweizer Eishockey bereits 13 Meistertitel vergeben. Neun davon gewannen der HC Davos (2002, 05.07, 09, 11) und die ZSC Lions (2000, 01, 08, 12). Der SC Bern (2004, 10) und der HC Lugano (2003, 06) komplettieren mit je zwei Titelgewinnen die Meistergalerie. Schauen wir noch etwas weiter zurück, zum Beispiel bis zur Einführung der Playoffs, so erkennen wir, dass nur die Kloten Flyers mit vier Meistertiteln in Serie zwischen 1993 und 1996 sowie der EV Zug (1998) in die Phalanx der immer wieder gleichen Titelanwärter einbrechen konnten. Gottéron, Servette, Ambri und Rapperswil wurden überhaupt noch nie Meister. Die Titelgewinne des EHC Biel (1977, 1980, 1983) und der SCL Tigers (1976) fallen in die Zeit vor Einführung der Playoffs.

 

Fazit: Meister wurde einer der üblichen Verdächtigen. Unter dem Strich war ebenfalls alles wie erwartet. Gut, dass wenigstens der Weg zu den erwarteten Rangierungen zum Teil etwas speziell war. Das Tor zur Meisterschaft zwei Sekunden vor Schluss der Finalissima ist das, was aus dieser Saison in Erinnerung bleiben wird. Das ist nicht viel. Aber immerhin. Höchste Zeit, dass die SCL Tigers wieder einmal ein neues Hallendach einweihen. Beim letzten Mal taten sie dies mit dem Gewinn des bisher einzigen Meistertitels.