Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Mister Langnau: «Wir hinken hinterher»

Seit neun Monaten ist der Zürcher Wolfgang Schickli bei den SCL Tigers nicht nur Geschäftsführer, sondern quasi der «Mister Langnau». Er spricht über die medialen Attacken auf seine Person und die Probleme im Gastronomiebereich.

Presse •

 

Nach 34 von 45 Qualifikationsspielen belegen die SCL Tigers Platz 2. Wie zufrieden sind Sie?
Wolfgang Schickli:Wir sind in der Liga angekommen. Die Mannschaft spielt nicht berauschend, eher resultatorientiert. Für einen Absteiger stehen wir gut da, auch wenn nicht alles optimal läuft.

 

Was ist denn schiefgelaufen?
Trainer- und Spielerentlassungen sind immer die Folge von Fehlern. Und: Im Gastronomie- und Eventbereich müssen wir Gas geben, da sind wir nicht auf Kurs.

 

Inwiefern?
Wir müssen die Personalkosten, den Warenaufwand, die Auslastung der ganzen Ilfishalle in den Griff bekommen. Wir hinken hinterher, in der Planungsphase war man doch sehr euphorisch.

 

Kalkuliert worden war, bevor Sie nach Langnau kamen...
Man schätzte die Situation falsch ein und stellte einen sehr optimistischen Businessplan auf. Auch der SC Bern hat mit dem Gastronomiebereich nicht gleich im ersten Jahr Geld verdient. Die nächsten zwei, drei Saisons werden zu einer grossen Herausforderung. Im Moment ist die Gefühlslage hinter den Kulissen etwas getrübt.

 

Es wird also rote Zahlen geben.
Ja, es gibt sicher noch sehr viel Luft nach oben. Man hatte etwa entschieden, das Stadionbistro sieben Tage in der Woche zu öffnen. In den Sommermonaten kostete uns das viel Geld. Zu Beginn war auch die Auslastung im neuen Tigersaal ungenügend. Seit dem Ausstieg der Migros organisieren wir das ganze Catering selber; wir wollten es gut machen, stellten viel Personal zur Verfügung. Im Moment sind die Preise zu hoch.

 

Die Rechnung wird demnach trotz 1000 Zuschauern mehr als budgetiert nicht aufgehen.
Netto sind es vielleicht 700 Fans mehr, man muss die Spezialtickets abziehen. Im Moment unterstützt die Sport- ganz klar die Gastronomieabteilung. Mit Ruschy Grünig ist aber ein sehr engagierter Gastronomiechef am Werk, der diesen Bereich mit seinem Team auf Vordermann bringen wird. Bis Ende Saison müssen wir auf jeden Fall um jeden Rappen kämpfen.

 

Langnau wird demnach nicht mit voller Attacke auf die NLA zusteuern wie der HC Lausanne, welcher im Vorjahr vor den Playoffs mit Déruns und Savary ehemalige Nationalspieler verpflichtete.
Die in den Medien erwähnte Kriegskasse existiert nicht! Cédric Schneuwly konnten wir nur ausleihen, weil Zug uns entgegenkam. Natürlich wird die Sportabteilung den Antrag für zwei, drei Verstärkungsspieler stellen. Falls der Verwaltungsrat zusätzliche Gelder generiert, bin ich kein Bremsklotz. Sonst aber könnte ich als Geschäftsführer Transfers nicht absegnen.

 

Es wäre für einen Klub mit den Ambitionen der SCL Tigers fahrlässig, keinen dritten Ausländer zu engagieren.
Ja, das wäre es wahrscheinlich wirklich. Es gibt Kandidaten, die Trainer haben ihre Fühler in Richtung Norden ausgestreckt.

 

Vereinzelt ist in Langnau bereits Genügsamkeit zu spüren. Es lebe sich doch gut als NLB-Spitzenteam, heisst es. Ist diese Einstellung gefährlich?
Mich stört es, dass wir Zweiter sind, weit hinter Olten zurückliegen. Zufrieden zu sein, mit 5000 Fans in der NLB, das wäre falsch. Ich wurde geholt, um Veränderungen einzuleiten, die Unternehmung zu professionalisieren. Kaum waren wir an der Spitze mit dabei, wurde ich aber bereits gebeten, Tempo rauszunehmen.

 

Der forsche Zürcher im Emmental – ecken Sie an?
Unter anderen Geschäftsführern konnte sich jeder in seinem Bereich entfalten. Jetzt ist halt einer da, der wissen will, was läuft, der Transparenz verlangt. Es war ein gegenseitiger Angewöhnungsprozess. Es herrscht nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung, das ist für den Verwaltungsrat eine Herausforderung. Und ja, ich bin Zürcher, das ist natürlich schlimm (lacht). Am Anfang waren viele skeptisch, wir stiegen ab, es gab Entlassungen.

 

Und wie ist es jetzt?
Kollegen und Fans schätzen, dass ich unangenehme Dinge anspreche, den Kopf hinhalte. Veränderungen finden viele Leute hier per se schlecht, aber sie öffnen sich. Einige sind froh, dass ich es in der NLB nicht lustig finde.

 

Muss Langnau denn zwingend wieder in die NLA?
Ja. Jeder Emmentaler, der einen kleinen Miststock hat, träumt von einem grossen Miststock. Bei uns ist das auch so. Früher oder später könnten wir uns in der NLB diesen Apparat nicht mehr leisten.

 

Ist die Mannschaft zu teuer?
Wenn wir die Wirtschaftlichkeit nach dem Abstieg in den Vordergrund gestellt hätten, hätten wir ein billigeres Team bilden können. Aber dann wären wir zwischen den Rängen 5 und 10 platziert und hätten nicht über 5000 Fans im Durchschnitt.

 

Haben Sie in den letzten Monaten zu viel Zeit in den sportlichen Tätigkeitsbereich investiert?
Ja, deshalb stelle ich den Antrag, dass wir für die ganze Organisation einen Sportverantwortlichen engagieren. Ich will nicht Sportchef sein. Aber ich investiere zu viel in diesen Bereich, da bleibt zu wenig Zeit für andere Dinge.Ich grenze mich zu wenig stark ab.

 

Der letzte Saison zurückgetretene Jörg Reber wäre ein geeigneter Sportverantwortlicher.
Er wäre eine hervorragende Lösung, es wird Gespräche geben.

 

Man konnte lesen, dass Martin Gerber 2015 bei den SCL Tigers Sportchef werde...
...denken Sie wirklich, dass eine Unternehmung solch einen Posten anderthalb Jahre im Voraus vergibt respektive freihält? Ich bin mir nicht sicher, dass Martin Gerber Sportchef werden will. Nach den Diskussionen mit ihm glaube ich eher, dass er ins Trainermetier einsteigen möchte. Martin Gerber ist bei uns immer ein Kandidat für irgendwelche Aufgaben, reserviert ist aber gar nichts.

 

Alfred Bohren wurde ihm Herbst als Berater engagiert, um die Sportkompetenz im Verein zu erhöhen – wie sieht seine Zukunft in Langnau aus?
Alfred Bohren ist ein Fachmann und wertvoll, wenn es darum geht, Meinungen einzuholen. Er hatte aber keinen Einfluss auf die Bildung der aktuellen Mannschaft und war nicht treibende Kraft bei der Verpflichtung des Trainerduos. Bohren hat ein 20-Prozent-Pensum. Womöglich wird es hinfällig, wenn wir einen Sportverantwortlichen haben.

 

Medial wurden Sie in den letzten Monaten teilweise hart kritisiert, gar als Ahnungsloser verhöhnt. Hat Sie dies getroffen?
Meine Kinder bekundeten Mühe. Auch mir taten gewisse Dinge weh, es ging unter die Gürtellinie, und einzelnen Journalisten ist Genauigkeit offenbar nicht wichtig. Es ist wahnsinnig, dass der Geschäftsführer eines NLB-Klubs in einem nationalen Boulevardmedium derart viel Platz erhält. Das sieht sehr nach Programm aus.

 

Was werfen Sie sich vor?
Dass ich zu schnell zu viel wollte. Und dass ich zu Beginn die Emmentaler Mentalität nicht verstand.