Berner Zeitung

Nach Angriff auf Polizistin: SCB-Fan zu vier Jahren verurteilt

Nach einem Angriff auf eine Polizistin ist ein 24-jähriger Eishockey-Fan zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das Regionalgericht in Biel sprach ihn am Dienstag der schweren Körperverletzung für schuldig.

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Der 22.November 2008 war ein schlechter Tag für den SCB. Er verlor in Biel 6:1 gegen den EHC. Und es war ein schlechter Tag für den Sport: Die Zeitungen berichteten später von den schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Im Bild: Die Bieler Stadtpolizei geht vor dem Eisstadion gegen Randalierer vor. Vermummte Berner randalierten im und vor dem  Stadion. Unter den Zuschauern brach Panik aus. Randale mit Konsequenzen: Mehrere Personen werden angezeigt. Einer steht nun unter anderem wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht.

 

Ein 24-jähriger Eishockey-Fan ist nach einem brutalen Angriff auf eine Polizistin in Biel zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland sprach den Schweizer am Dienstag der schweren Körperverletzung schuldig.

 

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann die Eskalation der Gewalt im November 2008 ausgelöst hatte. Eine Gruppe von SCB-Hooligans sei zum Match angereist mit der Absicht, die gegnerischen Fans zu provozieren und in Biel zu randalieren, stellte Gerichtspräsident Markus Gross in der Urteilsbegründung fest.

 

Tumulte vor dem Stadion

Nach der 1:6-Niederlage des SCB kam es zu Tumulten vor dem Stadion. Ein SCB-Fan begann, Bus-Scheiben zu zertrümmern. Als ihn eine Zivilpolizistin und ihr Kollege fassen wollten, schritt ein anderer SCB-Fan ein, packte die Frau und hielt sie fest. Die Frau stürzte zu Boden. Dann wurde sie massiv geschlagen und getreten. Dafür kommen mehrere Männer in Frage, die um sie herumstanden.

 

Offene Fragen

Wer was tat, ist nicht klar – vor Gericht stand nur der 24-Jährige. Andere mutmassliche Mittäter konnten nicht identifiziert werden, oder die Beweislast reichte für eine Anklage nicht aus. Der Beschuldigte beteuerte vor Gericht, er habe die Frau nicht verletzen wollen. Er habe sie höchstens mit dem Fuss berührt, als andere Polizisten herbeieilten und er deshalb die Flucht ergreifen musste.

 

Anders sah es das Gericht. Der Mann habe in einer frühen Einvernahme zugegeben, die Frau mit dem rechten Fuss in die Magengegend getreten zu haben, sagte Gerichtspräsident Gross. Ausserdem sei er als erster gegen die Polizistin vorgegangen und habe damit die Eskalation der Gewalt ausgelöst.

 

Keine Hemmschwelle mehr

«Es fehlte ihm an Achtung und an jeglichem Respekt vor dem menschlichen Leben», stellte der Gerichtspräsident fest. Eine Hemmschwelle sei nicht mehr vorhanden gewesen. Erschwerend komme hinzu, dass der Mann schon kurz vor dem Bieler Zwischenfall einem Mann bei einem Streit in Bern den Augenhöhlenboden gebrochen habe. Auch nach dem Vorfall in Biel habe er wieder zu Gewalt gegriffen, zuletzt bei einem privatem Streit im September 2012.

 

Staatsanwalt Peter Schmid hatte eine fünfjährige Freiheitsstrafe verlangt. Mit dem Urteil ist er grundsätzlich zufrieden, wie er der Nachrichtenagentur SDA auf Anfrage sagte. Das Gericht sei im wesentlichen seinen Anträgen gefolgt.

 

Weiterzug wahrscheinlich

Der amtliche Verteidiger dürfte das Urteil dagegen weiterziehen. Er hatte auf 24 Monate bedingt wegen einfacher Körperverletzung plädiert. Dem Beschuldigten könnten keine Tritte oder Schläge nachgewiesen werden.

 

Zudem sei er geständig, habe Reue gezeigt und führe heute ein geordnetes Leben. Man dürfe nicht an ihm ein Exempel statuieren wegen all der unseligen Gewalt an Sportanlässen.

 

Genugtuung für Opfer

Die Polizistin leidet nach eigenen Angaben bis heute unter den Folgen der Verletzungen. «Sie hat immer noch Schmerzen und muss Medikamente nehmen», sagte ihr Anwalt am Dienstag. Dazu kämen psychische Narben.

 

Am fraglichen Abend habe sie um ihr Überleben gekämpft. Die Fans hätten sich wie Tiere benommen. Das Gericht sprach der Frau eine Genugtuung von 30'000 Franken zu.