Nach dem Abstieg: Das sind Schicklis Baustellen

Wolfgang Schickli ist ein Mann der Tat. Er bringt neue Ideen und hat klare Vorstellungen, wie er und die SCL Tigers nach ihrem Abstieg in die NLB mit der neuen Situation umgehen wollen. Der neue Tiger – Geschäftsführer zeigt FANTIGER seine «Baustellen».

News • • von Bruno Wüthrich

 

Er kam, um ein Eishockey-Unternehmen der NLA zu führen. Nun findet er sich – kaum drei Wochen im Amt - in der NLB wieder. Für Wolfgang Schickli kein Grund, den Bettel hin zu schmeissen. Unmittelbar nach dem vorläufig letzten Spiel in der NLA sagte Schickli: «Das ist bitter für den Klub, die Mitarbeiter, die Fans, die Region. Aber als ich bei den Tigers zusagte, tat ich dies unabhängig von der Klasse, in der wir spielen. Selbstverständlich ging ich davon aus, dass dies in der NLA sein würde. Aber nun braucht es mich hier umso mehr.» Die Arbeit wird Schickli vorerst nicht ausgehen. Im Gegenteil. er ist an allen Fronten gefordert. Wir zeigen seine «Baustellen».

 

Sportlicher Bereich / Mannschaft

Sportchef Köbi Kölliker ist derzeit der Einzige aus dem Bereich sport der SCL Tigers, welcher aktuell über einen gültigen Vertrag verfügt. Ansonsten stehen die Tiger derzeit ohne Coach und ohne einen einzigen Spieler da. «Wir können nicht weiter machen, wie bisher», erklärt Schickli. «Wir müssen uns Gedanken darüber machen, für welche Art Eishockey die SCL Tigers in Zukunft stehen sollen. Zum Beispiel für kräftiges, ehrliches, bodenständiges gradliniges und kämpferisches Eishockey, also Eishockey, das die gleichen Eigenschaften in sich birgt, welche auch den Menschen in dieser Region zu eigen sind. Nach diesen Gesichtspunkten müssen wir dann Trainer und Spieler auswählen. Und damit der Nachwuchs unsere Zukunft garantieren kann, müssen wir den jungen Spielern die Gelegenheit geben, zu spielen. Wir müssen sie in die 1. Mannschaft einbauen.»

 

Der Presse war zu entnehmen, dass viele Spieler aus der Abstiegsmannschaft einem weiteren Engagement in Langnau nicht abgeneigt sein sollen. «Diese Aussagen müssen wir mit Vorsicht geniessen,» mahnt Schickli. «Auch als Mannschaftssportler sind Eishockeyspieler vor allem eines: Egoisten! So lange ein Spieler noch nicht weiss, wo er in der nächsten Saison spielen wird, wäre er dumm, die SCL Tigers als Arbeitgeber von vornherein auszuschliessen. Also wird er sinnvollerweise sein Interesse signalisieren, damit er eine Offerte erhält. Im Hintergrund wirbeln die Agenten kräftig weiter» (und haben mit der Offerte von Langnau in der Hinterhand sogar zusätzliche Argumente bei den verhandlungen mit andern Klubs / Anm. FANTGER). Bei allem Enthusiasmus bringt der neue Geschäftführer auch eine dringend benötigte Portion Realismus in das Unternehmen SCL Tigers.

 

SCL Tigers ohne Moser, Froidevaux und El Assaoui

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Simon Moser und Etienne Froidevaux in Langnau nicht zu halten sein werden. «Da müssen wir realistisch sein. Beide haben ein grosses Potential, und sie haben eine glänzende Zukunft vor sich.» Simon Mosers Ziel sind die Olympischen Spiele von Sotschi. Um dahin zu kommen, muss er zwingend in der NLA spielen. Auch Sami El Assaoui wird in der kommenden Saison allenfalls als Gegner in der Ilfishalle zu bestaunen sein. «Sami hat einen NLB-Vertrag mit La Chaux-de-Fonds, welcher eine Ausstiegsklausel für die NLA enthält. Da die SCL Tigers nun in die NLB abgestiegen sind, wird der unser Vertrag mit ihm hinfällig», bedauert Schickli. Falls Sami El Assaoui keinen andern Klub der NLA findet, wird er mit den Jurassiern gegen die SCL Tigers antreten müssen.

 

Sponsoring

Wie gross wird die Einbusse nach dem Abstieg im Sponsoring sein? Schicklis Vorgänger Ruedi Zesiger war nicht als grossartiger Verkäufer bekannt. Unter ihm waren die Sponsoring-Erträge gar rückläufig. Entsprechend «mutz» präsentiert sich die Liste, sieht man von den Firmen ab, welche bei der Sanierung der Ilfishalle Aufträge erhielten. Etwas salopp formuliert könnte man sagen, die Sponsoring-Erträge von Zesiger in der NLA müsste Wolfgang Schickli sogar in der NLB locker topen können. Aber so böse wollen wir nun wirklich nicht sein.

 

«Die SCL Tigers sind auch in der NLB eine starke Marke, und es wäre absolut unangebracht, nun in Minderwertigkeitskomplexe zu verfallen», gibt sich der Tiger-Manager zurecht selbstbewusst. «Unser Potential ist nachwievor sehr gut. Wir sind in einer starken Region verankert und haben phantastische Fans. Und wir können und werden uns in jedem Bereich verbessern. Selbstverständlich werden in der NLB nicht dieselben Beträge bezahlt wie in der NLA. Dafür können die SCL Tigers in der NLB eine Plattform bieten für Sponsoren, welche für sich nicht die grosse Bühne benötigen.»

 

Budget

So kurze Zeit nach dem Abstieg wenig überraschend, haben die SCL Tigers ihr NLB-Budget noch nicht kommuniziert. Sie sind derzeit daran, unter verschiedenen Annahmen (z.B. 3'000 oder 4'000 Zuschauer pro Spiel, mehr oder weniger Sponsoring) Budget-Varianten zu erarbeiten. Das Budget wird entscheidend sein bei der Zusammenstellung der Mannschaft.

 

Wolfgang Schickli sieht jedoch überall Potential, wo Mittel zu generieren sein könnten. «Wir müssen kreativ werden. Klar müssen wir mit einem Rückgang bei den Zuschauern rechnen. Aber genau das gibt uns die Gelegenheit, Neuerungen einzuführen. Als Beispiel nenne ich mal einen "Sirup-Corner", wo Kids ohne ihre Eltern in einem speziell für sie errichteten Sektor das Spiel mit Hamburger und Cola verfolgen können.» Möglichkeiten sieht der Geschäftsführer auch beim Videowürfel, auf welchem in der NLB nicht mehr bei jedem Spiel die Live-Übertragung von Teleclub zu sehen sein werden. «Wir müssen den Videowürfel besser vermarkten, und uns dafür beispielsweise den Erwerb einer Inhouse-Kamera überlegen, dank der wir zwischen den Werbespots Publikums-Einblender machen, oder in den Pausen kleine Podiumsgespräche übertragen können.

 

Vermarktung der Ilfishalle

Der grosse Unterschied zwischen sämtlichen andern Klubs der NLB und den SCL Tigers ist die tolle Infrastruktur, welche die SCL Tigers selbst vermarkten dürfen. Der EHC Basel verfügt zwar ebenfalls über eine schöne und moderne Halle, aber die Vermarktungsrechte liegen anderswo. Die Einträglichkeit der Vermarktung der Ilfishalle ist nicht abhängig von der Klasse, in welcher die SCL Tigers spielen. Sie ist einzig und allein davon abhängig, ob es gelingt, Firmen und Organisationen davon zu überzeugen, sie zu nutzen. «Wir werden eigenständige Events (z.B. das Konzert mit Philipp Fankhauser vom 26. April) und zudem einen Tag der offenen Tür organisieren, um möglichen Interessenten einen Einblick zu bieten.» Nebst Konzerten, Tagungen, Generalversammlungen und anderen Veranstaltungen sieht Schickli Potential für Lehrlingslager und Workshops.

 

Fazit

Der Abstieg der SCL Tigers in die NLB war ebenso ärgerlich wie unnötig. Wir wollen jedoch nicht vergessen, dass die Führung und Erhaltung einer Sportorganisation wie der SCL Tigers in der Randregion Emmental äusserst schwierig ist. Ohne Walter Freys jährliche, mehr-millionenschwere Defizitzuschüsse wären die ZSC Lions selbst in der Weltstadt Zürich nicht lebensfähig. Entsprechend brauchen wir in Langnau die fähigsten Leute, um die SCL Tigers erfolgreich zu vermarkten. Experimente wie seinerzeit dasjenige des damaligen Präsidenten Hans Grunder mit dem arbeitsscheuen «Manager-Lehrling» Martin Bruderer führen direkt ins Verderben. Nach der erfolgreichen Rettung der SCL Tigers, sowie der grandios gelungenen Ilfishallen-Sanierung könnte die Verpflichtung von Wolfgang Schickli als Geschäftsführer die dritte – auch von aussen erkennbare - wirklich gute Entscheidung der Tiger-Retter gewesen sein.

 

Oder anders ausgedrückt: Die sportlichen Entscheidungen waren oft unglücklich. Aber alle sind sie mittelfristig mit dem Wiederaufstieg der SCL Tigers in die NLA korrigierbar. Alle Entscheidungen mit Langzeitwirkung waren jedoch völlig richtig und sogar wegweisend. Daran, und dass sie mit Wolfgang Schickli endlich einen tüchtigen Manager verpflichtet haben, müssen wir die Verwaltungsräte um Peter Jakob messen.