Nachfahre der Käse-Dynastie Lemann wurde reich

Der zweitreichste Schweizer hat seine Wurzeln in Langnau: Jorge Paulo Lemann. Sein Vater wuchs in der Käsehändlerfamilie Lemann auf.

Presse • • von Berner Zeitung, Susanne Graf

«Alles, was er berührt, verwandelt sich in Gold», stand einst über Jorge Paulo Lemann im Internet zu lesen. Wenn er auch wahrscheinlich kein Zauberer ist, muss er es doch verstehen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Sonst hätte es Jorge Paulo Lemann nicht zum zweitreichsten Schweizer gebracht. Gemäss dem Magazin «Bilanz» ist sein Vermögen auf 17 bis 18 Milliarden Franken angewachsen.

 

Erfolgreicher Finanzmann

Wenn Jorge Paulo Lemann in Langnau geblieben wäre, wie seine Cousins Daniel und Ernst Lemann, und wenn er der Familientradition entsprechend in der fünften Generation Käsehandel betrieben hätte, wäre sein Vermögen im letzten Jahr mit Sicherheit nicht um 9 Milliarden Franken gewachsen. Aber Jorge Paulo Lemann versuchte sein Glück eben nicht in Langnau. Schon sein Vater hatte die Weichen anders gestellt: Paul Lemann überliess es zwei Brüdern, die Käsehandelsfirma weiterzuführen. Er wanderte aus nach Brasilien. Zwei andere Brüder verschlug es ebenfalls in die weite Welt: Willi in die USA, Albert nach Argentinien.

 

Paul, gelernter Kaufmann, betätigte sich in Brasilien im Bankwesen. 1944 kam Jorge Paulo Lemann zur Welt. In den 70er-Jahren habe dieser eine unbedeutende Investmentbank übernommen und sei mit ihr «zu einem einzigartigen Überflug an Brasiliens Finanzhimmel gestartet», erzählte der Langnauer Cousin Daniel Lemann im Gespräch mit dieser Zeitung vor neun Jahren. Damals war es nicht lange her, dass Jorge Paulo Lemann seine Verwandten in Langnau «nett ins Hotel Hirschen zum Essen eingeladen» hatte.

 

Heute komme er nur noch selten nach Langnau, sagt Ernst Lemann, der Vertreter der nächstjüngeren Generation. Er ist der Sohn von Jorge Paulo Lemanns Cousin Ernst. Diese Generation pflegt nun offenbar keine engen Kontakte mehr zum reichen Verwandten – oder hält sich aus Respekt vor dessen bekannter Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit mit Informationen zurück.

 

Wo ist das h geblieben?

Doch wo ist eigentlich das h im Familiennamen verloren gegangen? Auf der Reise nach Brasilien ist es nicht passiert. Sonst würden sich die in Langnau gebliebenen Verwandten nicht ebenfalls Lemann ohne h nennen. Lehmann ist ein verbreitetes Geschlecht in Langnau. Wollte sich die Käsehandelsdynastie etwa aus Dünkel von den gewöhnlichen Lehmanns abheben? Beantragte sie deshalb 1906 beim Regierungsrat des Kantons Bern, das h aus ihrem Namen zu streichen? Das hatte Daniel Lemann vor neun Jahren verneint und erklärt: «Unsere Vorfahren sind die Pulvermacher Lemann, und die haben ihren Namen immer ohne h geführt.» Um Verwechslungen vorzubeugen, habe seine Familie den Buchstaben streichen lassen.