Auseinander genommen

Nicht nur im Eishockey Alltag

Der Weltwoche-Artikel über Hans Grunder hat aufgerüttelt und aufgeschreckt. Von überhöhten Preisen und verlorenen Aufträgen ist darin die Rede. Von fehlenden Bewilligungsverfahren ebenfalls. Schenkungen von bundeseigenem Land unter Parteifreunden werden unterstellt. Der Rundumschlag von Urs Paul Engeler machte auch vor den SCL Tigers nicht halt. Der Autor beschränkt sich in seinem Artikel nicht nur auf die Sache, sondern zielt auf Personen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Kein Zweifel: Verschiedene Vorwürfe, welche Engeler an die Adresse von Grunder macht, müssen wahr sein. Hätte Engeler wegen der überhöhten Preise – als Beispiel - den zuständigen Gemeinderat Walter Wüthrich falsch zitiert, würde dies wohl ein saftiges Strafverfahren nach sich ziehen. Engeler scheut sich jedoch in seinem Artikel nicht, auch Gerüchte und Stammtischgeplauder von sich zu geben. Und sein Bericht ist absolut einseitig. Grunder kommt darin nicht zu Wort.

An der Tagesordnung

Die erhobenen Vorwürfe an Hans Grunder sind schlimm. Bruno's Blog unternimmt nicht den Hauch eines Versuchs, diese zu beschönigen. Schlimm sind sie jedoch nicht deshalb, weil der Grunder Hans sie begangen hat. Vielmehr sind sie deswegen fast unausstehlich ekelhaft, weil immer und immer wieder Machtpolitiker ihre Stellung dazu nutzen, mit Aktionen, Vorgehensweisen und Unterlassungen am Rande der Legalität, oder bereits auf der anderen Seite des Gesetzes, Vorteile für sich herauszuholen. Da es hier um Eishockey geht, wird darauf verzichtet, Beispiele anderer (aktiver und ehemaliger) Politiker ans Tageslicht zu zerren, die ohnehin nichts anderes wären, als aufgewärmter Kaffee. Würden Engelers Vorwürfe nur auf Grunder zutreffen, könnte die politische Schweiz aufatmen. Denn dann wäre das Problem gelöst, wenn eine Person ausgewechselt würde. Aber in der Schweiz haben wir weiss Gott jede Menge grössere Probleme als die um ein Drittel überteuerten Preise eines Ingenieur-Unternehmens. Allein der Pharmaindustrie bezahlen wir Schweizer oft den zehnfachen Preis dessen, was im Ausland für das identische Produkt bezahlt wird. Geschmierten Parlamentariern sei Dank!

 

Heinz Schlatter

Engeler greift Grunder auch wegen seiner Rolle bei den SCL Tigers frontal an, und er scheut sich nicht, andere Personen in sein hinterhältiges Spiel mit einzubeziehen. Heinz Schlatter hätte sich dem Evaluationsverfahren rund um den neuen CEO nicht stellen müssen. Sechzig Bewerber hätte dieses umfasst. Die jüngere Vergangenheit der SCL Tigers zeigt uns zweifelsfrei auf, dass darin wohl jede Menge Topshots vorhanden gewesen wären. Wir alle wissen, dass es für jeden ausgewiesenen Marketing- und Eishockeyfachmann eine Ehre ist, für das Emmentaler Kult-Unternehmen SCL Tigers in die Hosen zu steigen, und sich dabei nicht nur mit Sponsoren, Personal und Konkurrenten im nationalen Eishockey, sondern auch mit den Stamm- und Ladentischen im beschaulichen Langnau auseinandersetzen zu müssen. Es wäre schön zu wissen, welche fähigen Kandidaten wegen Grunders Vorgehensweise zu Unrecht übergangen wurden. Engeler spielt bewusst mit der selektiven Wahrnehmung der Leute. Während es die Anhänger der Tiger langsam leid sind, dass als Begründung für das fehlende Geld immer wieder – meistens indirekt - die Affäre Müller genannt wird, nehmen die gleichen Leute die Erklärungen aus Langenthal, wonach der vor Jahren abgetretene Heinz Schlatter immer noch schuld sein soll für das kollektive Versagen der heute massgebenden Leute des «kleinen SCL», als bare Münze. Dabei wird ausgeklammert, dass Schlatter das Unternehmen SCL auf dem letzten Tabellenrang übernahm, und dieses bei seinem Abgang auf dem 1. Rang lag. Schlatter mag kein Lamm, und für viele auch kein besonders umgänglicher Typ sein. Zu messen ist er aber an seiner Arbeit. Und diese ist in Relation zu setzen zu dem, was er angetroffen hat, und was er trotz um sich greifender, weltweiter Finanzkrise daraus gemacht hat.

 

Der Ärger der Verwaltungsräte

Diktatorisches Verhalten soll in Organisationen mit einem Mehrheitsaktionär nicht ganz unüblich sein. Wer bezahlt, befiehlt. Jeder, der unter solchen Voraussetzungen in einem Verwaltungsrat Einsitz nimmt, muss sich bewusst sein, dass er nur eine Lakaienrolle einnimmt, wenn es mal ernst wird. «Mitbestimmt» wird in solchen Fällen nur, wenn man sowieso der gleichen Meinung ist mit demjenigen, der das Sagen hat. Was soll also das Gejammer der ehemaligen Verwaltungsräte? Zugegeben: Ständiges Warten infolge Verspätungen, um danach nur noch mit dem Kopf nicken zu dürfen, hätte mich auch geärgert.

 

Ärgern kann man sich auch über die verschobenen 50'000 Franken der SCL Young Tigers. Aber in finanziell angeschlagenen Organisationen (nicht nur im Sport) wird oft alles versucht, um diese irgendwie über Wasser zu halten. Transaktionen, welche unter normalen Umständen jeglicher Logik entbehren, sind in heiklen Situationen an der Tagesordnung. Deshalb ist es wichtig, dass die SCL Tigers ihre Finanzen endlich mal in Ordnung bringen. Denn erst dann können sie wieder der Logik entsprechend geschäften.

 

Niedrigster Boulevard

Endgültig in den Dunstkreis von niedrigstem Boulevard begibt sich Engeler mit seiner versteckten, und gerade deswegen fiesen Andeutung, im Privathaushalt Grunder könnte nicht mehr alles in Ordnung sein. Mit Verlaub: Hier macht man entweder Nägel mit Köpfen, oder man lässt es. In der Regel lässt man es, denn die Privatsphäre geht in solchen Fällen niemanden etwas an. Es sei denn, die Sache wäre in der Tat relevant für die Öffentlichkeit. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn Grunders Weigerung, weiteres Geld in die SCL Tigers einzuschiessen, etwas mit seiner privaten Situation zu tun hätte. Da sich Engeler offensichtlich auf blosse Gerüchte abstützt (oder diese gleich selbst in die Welt setzt), erhellt er für die interessierte Leserschaft rein gar nichts. Im Gegenteil!

 

Alltag

Fazit: Mischeleien und Mauscheleien sind sowohl in der Politik wie auch in der Wirtschaft an der Tagesordnung. In finanzielle Nöte geratene Sport-Organisationen ebenfalls. Gottéron lässt grüssen. Die Fribourger stiegen allerdings deutlich gestärkt aus ihrer letzten Krise. Ganz im Gegensatz zum EHC Basel oder dem EHC Chur. Die Bebbi spielen heute eine, die Bündner sogar zwei Ligen tiefer. Und der HC Lausanne, welchen einige anstelle der Tiger gerne in der NLA sähen, hatte trotz des hohen Zuschauerpotentials bisher in der NLA immer grösste finanzielle Probleme. Also auch hier: Alltag. Zudem: Dass Urs Paul Engeler gerade bei Hans Grunder so genau hinschaut, hat auch etwas alltägliches. Grunder hat mit seiner Abspaltung von der SVP Wunden hinterlassen. Diese werden nun geleckt. Und es wird Rache geübt.

 

Zum Schluss noch dies. Zitat aus Engelers Artikel: «Sie müssen verstehen», schützt sich ein alter sportlicher Weggefährte, «er köpft jeden, der Kritik an seinem Regime übt. Das ist wie im Mittelalter.» Ich habe Hans Grunder schon erlebt, wenn er grantig wird. Wie viele andere auch hat er es nicht so mit der Kritik. Geköpft hat er mich trotzdem nicht.