Berner Zeitung

Offene Arme für Martin Gerber

Die SCL Tigers gastieren am Samstag im zweiten Spiel der Ligaqualifikation in Lausanne, ein unbestrittener Stammgoalie steht ihnen im Abstiegskampf nicht zur Verfügung. Die Verantwortlichen kokettieren mit einem alten Bekannten.

Presse • • von Philipp Rindlisbacher

Mehrmals klopfte Stürmer Etienne Froidevaux am Dienstagabend Thomas Bäumle auf die Schulter, die Geste war lieb gemeint, sollte den Langnauer Goalie aufmuntern. Dieser war kurz zuvor wieder einmal ausgewechselt worden; im Ligaqualifikationsauftaktspiel gegen Lausanne (7:5) war er nicht vom Glück begünstigt gewesen, beim dritten Tor rutschte ihm ein abgefälschter Schuss über die Fanghand. Nach 32 Minuten beorderte ihn Trainer Alex Reinhard auf die Bank, fortan spielte mit Damiano Ciaccio die eigentliche Nummer 3. Bereits in der Playout-Serie gegen Rapperswil war Bäumle – die eigentliche Nummer 1 – brüskiert, in sieben Duellen lediglich 43 Minuten eingesetzt worden.

 

Heikler Trainerentscheid

Bäumle stiess im vergangenen Sommer von Ambri zu den Tigers. Er gehörte zwar nie zu den drei besten Goalies des Landes, kam aber mit der Referenz von 13 Länderspielen und 6 NLA-Saisons als Stammtorhüter. Nun ist der 28-Jährige am Tiefpunkt angelangt, Goalietrainer Andy Jorns sagt, dass Bäumle die schwierigste Phase in seiner Karriere erlebe. Jorns betreut den einstigen SCB-Junior seit geraumer Zeit. Unmittelbar nach der jüngsten Auswechslung liess er verlauten, dass für seinen Schützling die Saison gelaufen sei. «Jetzt sollte man ihn nicht mehr einsetzen.»

 

Für die SCL Tigers folgt nach dem Auftaktsieg heute (19.45 Uhr) in Lausanne das zweite Spiel in der Best-of-7-Serie gegen den Abstieg. Ob sich Reinhard mit der Degradierung des erfahrenen Bäumles einen Gefallen getan hat, wird sich weisen. Jedenfalls stärkt er derzeit keinem Torhüter den Rücken, was überrascht, war er doch einst selbst zwischen den Pfosten gestanden. Die Goaliesituation ist für die Emmentaler eine Bürde. Wohl oder übel wird Reinhard nun auf Ciaccio und Remo Giovannini setzen müssen. Letzterer ist erst 21 und sowohl körperlich als auch mental leicht angeschlagen. Ciaccio wiederum ist 3 Jahre älter, hat aber noch kein Dutzend NLA-Partien hinter sich. Denkbar ist, dass die Leihgabe von La Chaux-de-Fonds heute einlaufen darf. Ciaccio weilt seit bald fünf Wochen im Emmental, «ich weiss nicht einmal, ob und wie viel Geld ich erhalten werde. Warmes Essen gibt es aber immer», sagt er schmunzelnd.

 

Geplanter Besuch

Zum Lachen ist Thomas Bäumle nicht zumute. Er ist bis zum Ende der Saison 2013/2014 an die Tigers gebunden, der Kontrakt wurde vor Weihnachten nach seinen drei besten Auftritten verlängert. Bäumle hatte zuvor ein Angebot des EHC Biel ausgeschlagen.

 

In Langnau ist das Vertrauen in den Grenchner indes nicht mehr uneingeschränkt. Jedenfalls geistert der Name Martin Gerber in der Ilfishalle umher. Der 38-Jährige ehemalige Stanley-Cup-Sieger stieg vor Wochenfrist mit Rögle aus den schwedischen Eliteserien ab, derzeit bereitet er sich mit dem Nationalteam auf die Weltmeisterschaft vor. Schon in den vergangenen Jahren war der Emmentaler mehrmals auf der Langnauer Wunschliste gestanden, nun jedoch scheint das Interesse konkret zu sein.

 

«Es gibt Kontakte zu Langnau», bestätigt Gerbers Agent Rolf Simmen, um anzufügen, sein Klient könne sich die Rückkehr in die Schweiz vorstellen. Offenbar will Gerber in Langnau ein Haus kaufen. Geplant ist demnächst ein Treffen mit den Klubverantwortlichen der SCL Tigers. Es dürfte hierbei auch um Möglichkeiten für die Zeit nach der Karriere des WM- und Olympia-Teilnehmers gehen. Gerber stieg mit Langnau 1998 in die NLA auf. Dem Vernehmen nach ist auch Kloten an seinen Diensten interessiert.Klar ist, dass sich die Langnauer Thomas Bäumle und Martin Gerber im Doppelpack nicht leisten können. Diese Konstellation wäre auch alles andere als sinnvoll, zumal auch Giovannini einen Vertrag für die kommende Spielzeit besitzt. Sollten die Verhandlungen mit Gerber tatsächlich fruchten – so schnell ist kein Entscheid zu erwarten –, müsste für Bäumle wohl ein Abnehmer gesucht werden. Damiano Ciaccio wiederum gehört La Chaux-de-Fonds, er besitzt indes eine Ausstiegsklausel für die NLA.