Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Reinhards Kampf an zwei Fronten

Langnaus einstiger Coach Alex Reinhard steht in Diensten des HC La Chaux-de-Fonds in der Halbfinalserie gegen die SCL Tigers mit dem Rücken zur Wand. Der 39-Jährige befindet sich mit den Emmentalern im Rechtsstreit.

Presse •

 

Das dritte Spiel führe in einer Best-of-7-Serie oft die Wende herbei. Sagt Alex Reinhard, Coach des HC La Chaux-de-Fonds. 0:2 liegt seine Equipe im NLB-Playoff-Halbfinal gegen die SCL Tigers zurück, zwei Siege trennen die Langnauer vom Finaleinzug. Reinhard lässt verlauten, seine Mannschaft habe es bisher nicht verdient gehabt, zu gewinnen. Er fordert im heutigen Vergleich (19.45 Uhr, Ilfishalle) mehr Torschüsse und Konzentration, meint jedoch auch: «Die Tigers sind der haushohe Favorit und sind uns in allen Belangen überlegen.»

 

54 Sekunden fehlten

Partien in Langnau haben für Alex Reinhard besonderen Charakter. «Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dies seien Spiele wie andere auch.» Von 2010 bis Dezember 2012 hatte er bei den Emmentalern John Fust assistiert; nach dessen Freistellung beförderten ihn die Verantwortlichen zum Chef, es gelang ihm jedoch nicht, das sinkende Schiff auf Kurs zu bringen. Während der Ligaqualifikation gegen Lausanne wurde Reinhard über Nacht entlassen. Er bekundete Mühe, den Entscheid zu akzeptieren, sagt mit Abstand aber, eine solche Erfahrung sei durchaus wertvoll. «Der Abstieg hat mich beschäftigt. Ich brauchte eine Zeit lang, bis alles verarbeitet war.»

 

Im sechsten Playout-Spiel gegen Rapperswil hätten die Tigers vor Jahresfrist unter Reinhards Ägide nur noch 54 Sekunden ohne Gegentor überstehen müssen, dann wäre der Ligaerhalt Tatsache gewesen – und der Hochschulabsolvent würde dieser Tage womöglich ein NLA-Team betreuen. Es sei wichtig, das Geschehene beiseitezulegen und die Emotionen zu kontrollieren, erzählt Reinhard, der nicht ausführlich über die Vergangenheit sprechen will. Gar nicht äussern mag er sich über den Rechtsstreit, in welchem er sich mit den SCL Tigers befindet. Durch den Abstieg wurde sein Kontrakt, der bis Ende der Saison 2014/2015 gelaufen wäre, nichtig. Reinhard jedoch sieht das anders; diese Zeitung berichtete Ende Oktober, dass er den Verein eingeklagt hat. Dem Vernehmen nach geht es um über hunderttausend Franken. Weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will niemand Stellung beziehen.

 

Mehr als ein ewiger Assistent

Während eines Jahrzehnts betreute Alex Reinhard Schweizer Juniorennationalteams, kurzzeitig wirkte er zudem in Österreich. Als Aktiver war der Torhüter in Biel und beim SC Bern hinter den Alphatieren Olivier Anken und Renato Tosio die Nummer 2 gewesen, hatte mit den Stadtbernern 1997 den Meistertitel gefeiert. Aufgrund seiner Loyalität und Akribie wird er von vielen als perfekter Assistent abgestempelt. Reinhard jedoch fühlt sich zu Höherem berufen. Und so zögerte er keine Sekunde, als ihm Ende Januar angeboten wurden, in La Chaux-de-Fonds den entlassenen Chefcoach Kevin Primeau zu beerben.

 

Reinhard ist kein Polterer, sondern ein ruhiger, fleissiger Arbeiter. Er habe in den letzten Wochen viel im psychologischen Bereich gearbeitet, erzählt der Bern-Jurassier. Es scheint ihm gelungen zu sein, der Equipe Selbstvertrauen zu verleihen – was der überraschende Viertelfinalerfolg über Qualifikationssieger Olten verdeutlichte.

 

Mit erwähntem Coup hat Reinhard Werbung in eigener Sache betrieben. Sein Kontrakt ist auf Ende Saison befristet, freilich würde der Trainer gerne bleiben. Er will seine zweite Chance nützen.