SCL TIGERS: Dritter Anfang innert zwei Monaten

von Werner Haller - Wegen den November-Länderspielen greifen die Langnauer erst wieder am übernächsten Wochenende in die Meisterschaft ein. Es soll ein Neuanfang an – der dritte bereits in zwei Monaten.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

Mitte September begann die Meisterschaft auf spezielle Art, mit zehn Auswärtsspielen hintereinander. Mitte Oktober begann mit dem ersten Heimspiel ein neuer Zeitabschnitt in der Klubgeschichte, die Ära mit dem modernisierten Ilfisstadion. In einer Woche, Mitte November, soll ein sportlicher Neuanfang erfolgen. Die SCL Tigers liegen nach 17 Spielen am Tabellenende, fünf Punkte hinter Ambri (11.) und je 15 hinter einer punktgleichen Fünfergruppe mit Davos (6.), Zug (7.), Biel (8.), Kloten (9.) und Rapperswil (10.). Die Ausgeglichenheit im Mittelfeld ist so gross wie noch selten und der Kampf um die letzten Playoffplätze verbissener als üblich. Aus der Sicht der Langnauer heisst das im Klartext: Sie stehen mit mehr als einem Bein im Playout. Ihr nächstes Ziel liegt allerdings nicht in weiter Ferne, im März nächsten Jahres, wenn es darum geht, die Saison mit dem Ligaerhalt zu retten. Die nächste Herausforderung beginnt bereits in einer Woche mit dem ersten der restlichen 33 Spiele.

 


Erfolgsdruck unverändert gross
In den kommenden vier Monaten muss die Mannschaft endlich wieder einmal ihr Potenzial ausschöpfen und das Beste aus der sehr schlechten Situation machen. Sie steht nach wie vor unter massivem Erfolgsdruck. Es gibt nur einen einzigen Weg, um genügend Zuschauer anzulocken, damit das neue Stadion auch gewinnbringend ist: Mit Konstanz kämpferische, konzentrierte und disziplinierte Leistungen mit Herz und Feuer zeigen. Die beiden Trainer John Fust und Alex Reinhard müssen in der 13-tägigen Länderspielpause mit jedem einzelnen Spieler das Eishockey-Abc auffrischen. Dieses beginnt bei einem konstant soliden Defensivverhalten, beim unermüdlichen «chrampfen» von der ersten bis zur letzten Minute. Die SCL Tigers verfügen über die nötigen Voraussetzungen, um ihren Gegnern das Erzielen von Toren so schwer wie nur möglich zu machen. Das haben sie in den ersten fünf Auswärtsspielen plus dem ersten Drittel in Rapperswil eindrucksvoll bewiesen. In Rapperswil führten sie nach dem ersten Spielabschnitt mit 2:0, fühlten sich dann aber bereits als Sieger und mussten als 4:8-Verlierer vom Eis. Das war der Moment, wo sie von ihrem Weg abkamen und ihn seither nie mehr richtig fanden. Der Vergleich zeigt dies mit aller Deutlichkeit.
• Erste fünf Spiele plus Startdrittel in Rapperswil: Gegentordurchschnitt 1,79; Abwehrquote von Torhüter Jaroslav Hübl 94,9 Prozent.
• Ab Drittel 2 in Rapperswil bis jetzt: Gegentordurchschnitt 4,42; Abwehrquote der Goalies Hübl, Bäumle und Giovannini 87,5 Prozent.

Das sind Werte, die nicht lügen. «Das Defensiv- und Zweikampfverhalten werden das grosse Thema während der Länderspielpause sein», hat sich Headcoach John Fust nach der 4:5-Niederlage gegen Ambri geschworen. Die Hauptschwäche ist: Beim Übergang vom Angriff in die Verteidigung kehrt der Fünferblock der Langnauer zu wenig geschlossen in die eigene Abwehrzone zurück. Wäre dies nicht der Fall, könnte das gegnerische Spiel vermehrt nach aussen und in die Spielfeldecken verdrängt werden und die Gegner kämen nicht mehr so oft in der für sie günstigsten Abschlussposition, dem Slot, zum Schuss.


Zu wenig aggressiv

 
Kölliker kann seine Arbeit bei den SCL Tigers ohne Anlaufzeit aufnehmen. Er kennt den «Laden» aus den Jahren von 1994 bis 2000, als er Nachwuchschef, Assistenz- und Cheftrainer und Sportchef war. Danach wechselte er zum Verband, wo er reichlich internationale Erfahrung sammelte: An 14 WM- und drei Olympiaturnieren als Assistent der A-Nationalmannschaft sowie an elf WM-Turnieren als Headcoach der U20-Junioren. Lediglich eine Saison dauerte sein Engagement als Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft.

Hübl, Ennis und Spurgeon
Kölliker, als Verteidiger dreifacher Meister mit Biel und 213-facher Internationaler, muss einige Pendenzen erledigen. Erste Priorität haben die drei Ausländer Jaroslav Hübl, Tyler Ennis und Jared Spurgeon. Sie sind bis Ende November an die Langnauer gebunden. Eine Weiterverpflichtung hängt vom beidseitigen Interesse und einem finanziellen Mehraufwand ab. In der jetzigen, sportlich schlechten Situation müssen sich die SCL Tigers reiflich überlegen, ob sie für den Rest der Saison auf die drei unbestritten besten Spieler verzichten wollen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Zusammensetzung der Mannschaft für nächste Saison sein. Nicht weniger als 16 Verträge laufen aus und Kölliker wird mit den Trainern entscheiden müssen, wer nochmals eine Chance erhält.


Einen zu hohen Preis bezahlen die Emmentaler auch immer wieder für die zu wenig energische Verteidigung der letzten Meter vor ihrem Tor. Der erste Schuss, sagt eine «Eishockey-Weisheit», ist Sache des Torhüters, ein Abpraller oder Nachschuss jedoch gehört dem Verteidiger. «Wir müssen unsere Abwehrzone in Zukunft viel aggressiver verteidigen», bestätigt John Fust. «Unsere Gegner dürfen nicht mehr so viele frei
liegende Scheiben erben. Wir sind viel zu brav.»

Das «Klassentreffen» eines Aufsteigertrios
Köbi Kölliker wird ab sofort Sportchef der SCL Tigers. Damit kann sich Ruedi Zesiger als Geschäftsführer auf die Vermarktung des Ilfisstadions konzentrieren. Kölliker und Headcoach John Fust sind Zesiger unterstellt. Die drei kennen sich aus früheren Zeiten bestens. 1998 waren sie am Aufstieg und ein Jahr später am Verbleib in der NLA beteiligt: Zesiger als Geschäftsführer, Kölliker als Headcoach und Fust als Flügelstürmer. Jetzt, 13 Jahre später, kommt es in teilweise neuen Rollen zu einem «Klassentreffen» dieses Trios. Mehr noch. Assistenzcoach Alex Reinhard war während vielen Jahren Goalietrainer von Köllikers U20-Junioren-Nationalmannschaften genau gleich wie Andy Jorns, der in dieser Saison die Torhüter der Langnauer betreut. Kölliker und Jorns spielten als Aktive bei Biel, Ambri und in der A-Nationalmannschaft zusammen.