SCL-TIGERS: In den Schlüsselsituationen dominant

Im ersten Spiel unter dem neuen Headcoach Alex Reinhard gelingt den SCL Tigers sehr viel von dem, was sie sich vorgenommen haben. Sie gewinnen die Direktbegegnung der beiden Tabellenletzten gegen Ambri verdient mit 4:0.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

 Den ersten Sieg nach acht Niederlagen hintereinander erkämpfen sich die SCL Tigers mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung und weil sie in praktisch allen Schlüsselsituationen des Spieles seit langer Zeit erstmals wieder dominant waren. Es begann mit erneut nicht überzeugenden Startminuten, in welchen die Emmentaler aber dank Torhüter Thomas Bäumle und Wettkampfglück den 0:0-Zwischenstand erfolgreich verteidigen konnten. Kurz vor Schluss des ersten Drittels erzielte Simon Moser sogar das 1:0. Es war erst das vierte Mal im 29. Spiel, dass die SCL Tigers mit einer Führung in die erste Pause gehen konnten. «Das gab uns zusätzliche Energie», meinte Kurtis McLean, der etwas später selbst an einer weiteren Schlüsselsituation beteiligt war. Der kanadische Topskorer erzielte in der 28. Minute während eines Powerplays von Ambri in Unterzahl den zweiten Treffer. Kurtis McLean: «Die Leventiner hofften in Überzahl auf das 1:1 und kassierten das 0:2. Das gab uns den nächsten Schub an Selbstvertrauen.» Der nächste Schlüsselmoment war bereits der entscheidende. Wie bereits im ersten Spielabschnitt erzielte Simon Moser auch im Mitteldrittel kurz vor der Pause ein Tor – das 3:0 bei der erst zweiten Powerplaychance.


Erfolgreiche Teamhierarchie
Alex Reinhard hatte gegen Ambri zudem, was sein Vorgänger John Fust in 28 Begegnungen vergeblich suchte: Eine Teamhierarchie. Leader wie Thomas Bäumle, Simon Moser und Kurtis McLean boten ihre besten Leistungen in dieser Saison und führten die Mannschaft an. Mindestens ebenso wertvoll waren die von Adrian Gerber und Alban Rexha angeführten Linien, die ohne Gegentreffer blieben. Adrian Gerber bewies einmal mehr, dass er ein sehr zuverlässiger Rollenspieler ist. Zuerst kontrollierte er den NHL-Erstrundendraft Matt Duchene und später auch noch den 800-fachen NHL-Stürmer Richard Park. «Das war schon Klasse und ein ganz wichtiger Faktor auf dem Weg zu unserem Sieg», meinte Kurtis McLean voller Respekt.


Vorsätze konsequent umgesetzt
Alex Reinhard freute sich vor allem über die Konsequenz, mit welcher das Team gegen Ambri die gefassten Vorsätze umgesetzt hat: «Wir wollten die Leventiner beschäftigen, sie unter Druck setzen und damit Fehler provozieren. Das ist uns gar nicht so schlecht gelungen.» Der letzte Dreipunktesieg Ende Oktober zuhause mit 5:1 gegen Rapperswil war von vielen überschätzt worden. Diese Gefahr besteht bei Alex Reinhard nicht: «Wir haben noch viel zu tun.» Auch er selbst ist gespannt wie das Team morgen im Derby in Bern und am Samstag zuhause gegen die ZSC Lions auftritt. Das sind Bewährungsproben auf höherem Niveau im Vergleich zur Direktbegegnung der beiden Tabellenletzten. Caryl Neuenschwander wird morgen noch für den SCB stürmen, am Ende der Meisterschaft aber für die nächsten drei Saisons zu den SCL Tigers wechseln. Der 28-jährige Powerflügel bestritt für den SC Bern und Fribourg 598 NLA-Spiele und erzielte 58 Tore und 96 Assists.

Die vergebliche Suche nach einer Paradelinie
Ein erfolgreiches Eishockeyteam gleicht einem Zusammensetzspiel aus lauter kleinen Teilchen. Ein erstklassiger Torhüter, ein solides Defensivverhalten, ein eingespieltes Power- und Boxplay, eine Handvoll kaltblütige Skorer und das eine oder andere mehr. Eine Trumpfkarte für alle Trainer ist zweifellos auch eine Paradelinie, eine Angriffsreihe, die mit ihren Toren für den Unterschied sorgt. So wie beispielsweise die Zuger Paradelinie mit NLA-Topskorer Damien Brunner und den beiden Schweden Henrik Zetterberg und Linus Omark. Sie hat in 18 gemeinsamen Spielen seit Mitte Oktober durchschnittlich fünf Skorerpunkte (zwei Tore/drei Assists) pro Begegnung erzielt. Derart produktive Stürmer mit entsprechend lukrativen Verträgen liegen für die SCL Tigers schon nur allein aus wirtschaftlichen Gründen ausser Reichweite.


Aber selbst auf dem tieferen Niveau der Langnauer kann man in den ersten 28 Spielen dieser Saison suchen so lange man will – eine Paradelinie findet man nicht. Kein Wunder, standen doch dem inzwischen entlassenen Headcoach John Fust und dessen Nachfolger Alex Reinhard in den ersten 28 Runden bis zur Dezemberpause 15 verschiedene Spieler wegen Verletzungen und Krankheiten für zusammengerechnet 120 Spiele nicht zur Verfügung. Simon Moser und Lukas Haas, letzte Saison noch die beiden besten Schweizer Skorer, standen erst ein halbes Dutzend Mal gemeinsam in der Startaufstellung. Sie und die beiden NHL-Lockoutkanadier Jared Spurgeon und Tyler Ennis könnte man sich ohne weiteres in einer Paradelinie oder einem ersten Block vorstellen. Aber auch diese Kombination war wegen den verletzungsbedingten Ausfällen in keinem einzigen Spiel möglich. Was eine Paradelinie bei den SCL Tigers bewirken kann, zeigen drei Beispiele aus den zwei vorangegangenen Meisterschaften.


• Saison 2010/11. Nach vier Niederlagen und bloss sechs Toren in den ersten Oktoberspielen versuchten John Fust und Alex Reinhard im offensiven Bereich neue Impulse zu setzen, nahmen die eine oder andere «Luftveränderung» in den Angriffslinien vor und schon war eine neue Schweizer Paradelinie mit Daniel Steiner, Andreas Camenzind und Lukas Haas «geboren». Sie erzielte in den nächsten zehn Spielen 46 Punkte (17/29) und legte damit die Basis zur ersten und bisher einzigen Playoffteilnahme. Steiner (zu Lugano) und Camenzind (zu Rapperswil) konnten bis heute nie vollwertig ersetzt werden.


• Saison 2011/12. In den ersten 18 Spielen kamen Lukas Haas, Kurtis McLean und Simon Moser auf 49 Punkte (20/29) und in der Playoutserie gegen Ambri waren Paul DiPietro, Kurtis McLean und Pascal Pelletier mit 17 Punkten in 4 Spielen (7/10) als herausragende Linie massgeblich am Ligaerhalt beteiligt.