Sechs Herzen schlagen für die Tigers

Vor einem Jahr stand wegen der erstmaligen Playoff-Qualifikation der SCL Tigers das Emmental kopf. Für die Familie Leuenberger aus Arni kein Problem: Die sechs heissblütigen Tigers-Fans stehen zu ihrem Klub – jetzt erst recht.

Presse • • von Berner Zeitung, Philippe Müller


 

Platz 10, 49 Punkte. Nein, mit den Playoffs haben die SCL Tigers dieses Jahr wahrlich nichts zu tun. Dabei hatte man talauf, talab gehofft, die Langnauer Eishockeyaner könnten in der laufenden Saison den Exploit des vergangenen Jahres wiederholen, als man fast schon sensationell erstmals in den Kreis der ersten Acht vorstiess. Doch zwei Runden vor Schluss ist die Playoff-Wurst im Stadion noch das einzige, das an die grosse Euphorie des vergangenen Winters erinnert. Die brutale Hockeyrealität hat das Emmental wieder eingeholt.

 

Das ist der Familie Leuenberger aus Arni egal. Sie tragen die Klubfarben auch jetzt mit Stolz. Zwar geht es im Spiel am vergangenen Sonntag zu Hause gegen den EV Zug (1:3) für die Tigers um nicht mehr viel. Trotzdem erscheinen Vater Toni und Mutter Kathrin mit ihren vier Söhnen Martin, Adrian, Thomas und Michael geschlossen im Langnauer Fanblock. «Die Mannschaft braucht ihre Fans jetzt», ist Toni Leuenberger überzeugt. Schliesslich stehe bald der wichtige Abstiegskampf an. Der 61-Jährige ist nicht enttäuscht, dass «seine» Tigerli dieses Jahr keine grossen Stricke zerrissen haben. «Es ist einfach die Realität, dass Langnau zu den hintersten vier Klubs gehört. Den Fans und dem ganzen Emmental muss bewusst sein, dass eine Playoff-Qualifikation die Ausnahme ist.» Deshalb hat Vater Leuenberger kein Verständnis dafür, dass es nun sogenannte Fans gibt, die ihren Klub bei mässigen Leistungen auspfeifen. «Das ist unfair, das hat die Mannschaft nicht verdient.»

 

Toni Leuenberger hat als Langnau-Fan schon alles erlebt: Den ersten und bislang einzigen Meistertitel 1976, dann den Abstieg in die Nationalliga B, den Wiederaufstieg in die höchste Spielklasse und schliesslich den freien Fall in die 1.Liga. «Damals hatte ich das Gefühl: Das wars jetzt mit Eishockey im Emmental.» Doch er sei zum Glück eines Besseren belehrt worden. «Heute steht der Klub auf soliden Beinen.» Bei aller Professionalität hätten sich die Tigers erfreulicherweise das Sympathische von damals bewahrt: «Auch heute ist Langnau der kampfstarke Aussenseiter, der sich mit deutlich kleinerem Budget den Grossstadtklubs entgegenstellt. Das gefällt mir.» Das gefiel ihm auch schon damals, 1965, als er seinen ersten Match besuchte, den Langnau gegen GC 2:1 gewann. «Eigentlich wollte ich zuerst gar nicht hin», gibt Toni Leuenberger zu. Ihm sei YB und damit der Fussball näher gestanden. Kein Wunder, schliesslich erlebte YB damals seine fetten Jahre. Unter Trainer Albert Sing ergatterten die Gelbschwarzen bis 1960 vier Meistertitel in Serie. Und doch liess sich Toni Leuenberger überreden. «Mir wurde im Dorf klargemacht, dass ein echter Emmentaler in Langnau die Eishockeyspiele besuche.»

 

Ein Eishockeybesuch hiess für die jungen Burschen aus Arni damals: Fussmarsch! Und zwar bis nach Zäziwil, von wo aus sie dann der Zug nach Langnau brachte. «Das wurde zum Glück bald besser», erinnert sich Vater Leuenberger. «Als wir alt genug waren, fuhren wir mit dem Töffli über die Moosegg direkt zum Stadion.» Heute, knapp 50 Jahre später, geht Toni Leuenberger nicht mehr mit seinen Kumpels, sondern mit seiner Frau und den vier Söhnen zu den Heimspielen. Es freue ihn natürlich, dass seine Leidenschaft auf die ganze Familie übergeschwappt sei.

 

Das ist sie tatsächlich – und wie: Der älteste Sohn, Martin, opfert heute grosse Teile seiner Freizeit für den Klub. Der 30-Jährige ist Leiter der Fanszene Langnau und deshalb mit den Tigers und den Fans eng verbunden. Mit Herzblut dabei zu sein, war für ihn nicht nur letztes Jahr während der grossen Euphorie selbstverständlich. Auch jetzt verbringt er im Verborgenen zusammen mit dem verschworenen Kern der Fanklubs Stunde um Stunde, damit bei den Heimspielen die farbenfrohen Choreografien gut funktionieren. Auch Michael, der Jüngste im Bunde, führt die grosse Fantradition der Familie Leuenberger fort. Der 19-Jährige liess sich letztes Jahr vor dem ersten Playoff-Spiel etwas Besonderes einfallen: Der angehende Helikopterpilot flog eine Gruppe Fans zum ersten Heimspiel nach Langnau. Und bei der nächsten Playoff-Party? «Da mache ich das bestimmt wieder.»