Berner Zeitung

Sven Leuenberger: «Es war ein Unfall»

Ronny Keller (EHC Olten) ist gestern im Paraplegikerzentrum Nottwil operiert worden. «Jetzt liegt ein Schatten über dem Derby», sagt Gian Kämpf, Geschäftsführer des SC Langenthal.

Presse • • von peg, ar/s

 

Der Playoff-Halbfinal zwischen Olten und Langenthal (3:2 n.V.) wurde von einem schlimmen Unfall überschattet. Oltens Verteidiger Ronny Keller prallte in der Overtime nach einem Check des Langenthalers Stefan Schnyder kopfvoran in die Bande und wies danach Lähmungserscheinungen auf. Offenbar wurden nach erfolgter Operation Kellers gestern Oltens Spieler darüber orientiert, dass Keller einen Bruch des fünften Halswirbels erlitten habe, das Rückenmark aber unverletzt geblieben sei. Eine offizielle Bestätigung aber gibt es ebenso wenig wie eine verlässliche Auskunft über die Heilungschancen.

 

«Der SC Langenthal bedauert diesen Vorfall ausserordentlich. Sicher war beim Zwischenfall seitens von Stefan Schnyder keinerlei Absicht im Spiel. Wir wünschen uns alle, dass es Ronny bald besser geht und er wieder gesund wird», sagte gestern SCL-Geschäftsführer Gian Kämpf.

 

Der Zwischenfall

Es läuft die 77.Minute. Ronny Keller und Stefan Schnyder eilen einem in die Ecke des Oltener Verteidigunsdrittels gespielten Puck hinterher. Keller entschliesst sich, dem anstürmenden Langenthaler den Weg abzuschneiden und stellt sich mit einem Richtungswechsel in den Laufweg des Angreifers. Mit voller Wucht prallt Schnyder auf Keller, macht zudem mit dem rechten Arm und zu hoch geführtem Stock eine heftige Stossbewegung unter die linke Schulter Kellers und hebelt diesen so wuchtig aus. Der Oltner fliegt aus rund zwei Metern kopfüber in die Bande und bleibt liegen. Der 33-jährige Zürcher, vom HC Thurgau für die Playoffs an Olten ausgeliehen, wird erstversorgt, ins Inselspital und noch in der Nacht mit der Rega ins Paraplegikerzentrum nach Nottwil überführt.

 

Sven Leuenberger (SCB-Sportchef) zum Vorfall: «Ich sah mir die Szene mehrfach an. Es war ein Unfall, kein bösartiger Check. Beide sind mit grosser Geschwindigkeit unterwegs. Ronny Keller suchte als Erster den Körperkontakt, weil er das Tempo der Aktion drosseln wollte. Stefan Schnyder gab Gegendruck, was ganz normal ist. Plötzlich gab Kellers rechtes Bein nach. Vielleicht kam er mit der Kufe in eine Rille, vielleicht vermochte er dem Druck schlicht nicht standzuhalten – jedenfalls wurde er brutal in die Bande katapultiert. Obwohl Ronny Keller, der als cleverer Verteidiger gilt, vieles richtig machte, fand die Aktion ein schlimmes Ende. Trotzdem sollte man Stefan Schnyder nicht als Täter bezeichnen.»

 

Die Folgen

Neben den noch nicht absehbaren medizinischen Folgen für Ronny Keller könnte der Zwischenfall auch für Stefan Schnyder Konsequenzen haben. Die Aktion des Langenthalers wurde im Spiel mit einer 5-Minuten-Strafe und einem Restausschluss geahndet. Der Fall liegt bei Reto Steinmann, dem Einzelrichter der Nationalliga. Dieser will noch vor der morgigen Halbfinalpartie zwischen Langenthal und Olten einen Entscheid darüber fällen, ob Schnyder gesperrt wird.

 

Offen ist auch der strafrechtliche Aspekt. Laut Andreas Mock, Leiter Kommunikation der Kantonspolizei Solothurn, ist die Schwere der Verletzung von Ronny Keller ausschlaggebend dafür, ob von der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Schnyder eingeleitet werde.

 

Die Befürchtung

Das hoch emotionale Derby zwischen Langenthal und Olten hat durch den schlimmen Unfall von Ronny Keller auf tragische Weise an Brisanz noch zugelegt. Vor allem neben dem Eis sind unüberlegte Aktionen nicht mehr auszuschliessen. Mock wollte sich dazu oder zu einer eventuell veränderten Strategie bei Spielen in Olten nicht äussern. Es liege nun ein Schatten über der Halbfinalserie, sagt Gian Kämpf. «Die beiden Vereine stehen laufend in Kontakt und bereiten sich auf Eventualitäten vor. Am Mittwoch stand der Zustand von Ronny Keller im Zentrum dieser Kontakte. Ab Donnerstag aber werden Olten und Langenthal diskutieren, was für die nächsten Spiele vorzukehren ist», sagt Kämpf.

 

Die Erinnerung

Fatal endete im Dezember 1995 ein Kopfvoranaufprall in die Bande nach einem (regulären) Zweikampf für den damaligen Lugano-Spieler Pat Schafhauser. Dieser hatte sich damals in Davos fatale Rückenmarksverletzungen zugezogen und ist seither querschnittgelähmt.