Und ständig nervt (lockt) der Spengler Cup

Blog • • von Bruno

 

Die Liga will in der Altjahrswoche durchspielen. Wo liegen die echten Probleme?

 

Wenn ein Thema einmal lanciert ist, dann ist es schwierig, es wieder weg zu kriegen. Seit einigen Jahren kommt der terminlich geschützte Spengler Cup – Termin immer mehr ins Wanken. Daran haben nicht alle Journalisten Freude.SEPARATOR

 

Klaus Zaugg von 20 Minuten online macht in seinem Artikel «Die Liga erpresst den HCD»öffentlich, dass die Liga den HCD unter Druck setzt wegen des jeweils in der Altjahrswoche stattfindenden Spengler Cups. Zwischen Weihnachten und Neujahr finden jeweils wegen des Spengler Cups keine Meisterschaftsspiele statt. Nun wollen verschiedene Klubvertreter entweder durchspielen oder mehr Geld. Durchspielen sei nicht so einfach, schreibt Zaugg und führt 10 Probleme auf, die gelöst werden müssten. Diese lösen sich bei Lichte gesehen jedoch in Luft auf.

 

Bevor wir aber zu den einzelnen «Problemen» kommen, ein paar Vorbemerkungen. Es schleckt keine Geiss weg, dass der Spengler Cup ein hervorragend organisierter Event ist, der dem Eishockey-Liebhaber tollen Sport bietet. Jedes Jahr kommen talentierte Spieler und Mannschaften nach Davos, und zelebrieren ohne den üblichen Meisterschaftsdruck sozusagen die «haute cuisine» des Eishockeys. Der Spengler Cup ist deshalb beste Werbung für das Eishockey in der Schweiz, und der Schaden ist nicht zu beziffern, der entstehen würde, gäbe es dieses Turnier plötzlich nicht mehr. Störend ist jedoch, dass eine ganze Liga mit «Gewehr bei Fuss» stramm stehen und zusehen muss, wie sich ein einzelner Klub bereichert. Störend auch, dass der HC Davos sich nicht scheut, mit seinen enormen Mitteln den Klubs aus dem Unterland Spieler aus laufenden Verträgen abzuwerben und auch sonst den einen oder andern – wie wollen wir es ausdrücken – der Freundschaft nicht sonderlich förderlichen Schachzug zu tätigen. Aus den Spengler Cup – Kritikern spricht wegen der Dominanz des Vereins aus den Bündner Bergen in der Meisterschaft auch der Neid. Aber Neid sagt nichts darüber aus, ob die Beweggründe dafür richtig oder falsch sind. Bevorzugt eine Mutter ständig das Vreneli vor dem Meieli, so wird letzteres mit der Zeit ebenfalls neidisch. Und dies mit gutem Grund.

 

Wenn an dieser suboptimalen Ausgangslage etwas verändert werden soll, so nützt dies dem Schweizer Eishockey nur, wenn dahinter eine Vision steckt. Und diese ist derzeit nicht vorhanden. Denn obwohl der Neid der anderen einen guten Grund hat und vollauf berechtigt und verständlich ist, so ist er doch eine schlechte Triebfeder für eine möglicherweise zu wenig durchdachte Veränderung. Da lassen wir doch lieber noch alles so, wie es ist. Selbstverständlich nur, bis wir eine gute Lösung haben, welche nicht einen einzigen Verein derart bevorzugt.

 

Trotzdem haben mich die von Klaus Zaugg aufgeführten «Probleme» einen Steilpass gegeben. Probleme sind zum Lösen da. Und wie die aufgeführten Probleme gelöst werden können, ist nicht schwierig heraus zu finden. Es stellt sich deshalb nicht die Frage, ob ein Durchspielen möglich ist oder nicht. Denn die Antwort hierfür liegt auf der Hand. Ja, es ist problemlos möglich. Die Frage lautet aber: Wollen wir das? Denn wenn wir durchspielen, gefährden wir zumindest mittel- und langfristig das Turnier. Wir sollten wir uns gut überlegen, ob wir das wirklich wollen, .

 

Trotzdem: Zu den Problemen und deren Lösung

 

Problem 1: Terminplanung. Spielplan-General Willi Vögtlin sagt gegenüber 20 Minuten Online er könne problemlos den Spielplan noch im Juni oder August entsprechend abändern. Da sei keine Eile geboten. «Ich werde dann einfach drei Wochentagsrunden in die Altjahrswoche verlegen. Allerdings kann ich dann keine Sonderwünsche mehr berücksichtigen.» Da zeichnet sich ein heiloses «Gschtürm» ab, weil kaum einer das gewünschte Heimspiel bekommen wird. Vögtlin verkündet bereits klipp und klar: «Ich werde keinerlei Sonderwünsche akzeptieren und die Paarungen diktieren.»  

 

Kommentar: Das Durchspielen schafft mehr freie Termine. Zudem hat jedes Spiel einen Heim- und einen Gastklub. Und weshalb müssen es gleich drei Spiele sein? Zwei genügen doch auch.

 

Problem 2: Alle kanadischen Ausländer haben in ihrem Vertrag mit dem Klub die Klausel, dass sie für Länderspiele freigestellt werden müssen. Diese Klausel ist Bedingung für die Bewilligung eines Transfers durch den kanadischen Verband. Die Spengler-Cup-Partien sind als Länderspiele deklariert. Die NLA-Klubs müssen dann also für die drei Runden während der Altjahrswoche auf die nordamerikanischen Ausländer verzichten. Nun wollen die «Durchspieler» von Anwälten prüfen lassen, ob diese Klausel überhaupt rechtlich haltbar ist – der Eklat mit dem kanadischen Verband ist programmiert.

 

Kommentar: Da gibt es eigentlich nur eine Lösung: Der Spengler Cup ist ein Klubturnier. Da braucht es die kanadische Nationalmannschaft nicht. Einfach nicht mehr einladen, und das Problem ist gelöst. Habe ich tatsächlich kanadische Nationalmannschaft geschrieben ???

 

Problem 3: Der neue TV-Vertrag ist noch nicht fertig ausgehandelt. Ist das Schweizer Fernsehen überhaupt bereit, das Durchspielen und Abwerten des Spengler Cups zu akzeptieren? Kann das Schweizer Fernsehen während der Altjahrswoche den Spengler Cup und die NLA-Meisterschaftsspiele produzieren? Hat das Schweizer Fernsehen genug Sendezeit um die NLA-Meisterschaftsspiele und den Spengler Cup zu berücksichtigen? Diese Frage ist nicht geklärt, interessiert die Sponsoren aber sehr.

 

Kommentar: Sowohl der Verband, als auch die Organisatoren des Spengler Cups als auch der HC Davos müssten wohl mit den Sponsoren neu verhandeln. Muss der Verband Einbussen hinnehmen, fallen für die Klubs Einnahmen weg. Aber genau dafür sind die gut bezahlten Verbandsbosse ja da, um derartige Ausfälle zu kompensieren. Sagen wir es so: Die Verbandsgewaltigen müssten arbeiten. Das müssen andere auch. Und die Sorgen der Spengler Cup Organisatoren und des HC Davos brauchen uns im Unterland nicht zu kümmern. Die haben für solche fälle ebenfalls gut bezahlte Leute.

 

Problem 4: Wie reagieren die HCD-Fans auf das Durchspielen? Wird es Auswärtsspiel-Boykotte geben? Solche Boykotte würden die Klubs im Unterland empfindlich treffen.

 

Kommentar: a) Es wird keine Auswärtsspiel-Boykotte geben. Denn der HCD hat die meisten Fans im Unterland. Und für die ist es einfacher, ein Auswärtsspiel des HCD zu besuchen, als nach Davos zu reisen. Zudem: Wenn es hoch kommt, bringt der HCD pro Spiel 200 Fans mehr als andere Klubs (ist eine sehr hohe Schätzung). Die Bündner spielen vier Mal (z.T. sechs Mal) gegen jeden Klub. Das heisst, Davos bringt pro Saison und Klub zusätzliche 800 Zuschauer, die im Durchschnitt 30 Franken ausgeben. Das macht 24'000 Franken aus pro Klub. Von empfindlich treffen kann bei diesem Betrag keine Rede sein.

 

Problem 5: Wie reagiert der HCD Davos auf das «Durchspielen»? Bereits lässt HCD-Präsident Gaudenz Domenig durchblicken, dass die Zusammenarbeit mit der Nationalmannschaft neu überdacht werden könnte. Will heissen: Es könnte zumindest während der Saison (nicht für die WM) zu einem HCD-Nationalmannschafts-Boykott kommen.

 

Kommentar: HCD Nationalmannschafts Boykotte kennen wir doch bereits zur Genüge. Was das Mationalteam betrifft, waren die Bündner in den letzten Jahren kein verlässlicher Partner. Manchmal leisteten sie einem Aufgebot Folge, manchmal nicht. Was also kümmern uns die diesbezüglichen Überlegungen von Gaudenz Domenig?

 

Problem 6: Wie reagieren die Sponsoren? Es gibt mehrere Sponsoren (z.B Skoda, Feldschlösschen) die sich sowohl bei Klubs als auch beim Spengler Cup engagieren. Eine Entwertung des Spengler Cups wird wohl kaum freudig hingenommen.

 

Kommentar: Klar würde dies nicht freudig hingenommen. Aber wenn die Entwertung des Spengler Cups beim Durchspielen so gross ist, müsste der Verzicht darauf sehr viel Geld wert sein. Da stellt sich doch die Frage, weshalb die Gelder nicht gleichmässiger verteilt werden, wenn doch die Liga mit dem Verzicht auf das Durchspielen so viel zur Werterhaltung beiträgt.

 

Problem 7: Die freiwilligen Helfer. Viele freiwillige Helfer der Klubs schätzen die Festtagspause sehr. Einzelne Klubs werden Probleme haben, für Meisterschaftsspiele während der Festtagspause das Personal zu finden.

 

Kommentar: Beim Spengler Cup hat es auch freiwillige Helfer. Wer redet denn von denen? Klar haben viele Helfer während der Saison auch mal gerne eine Pause. Aber das Durchspielen bringt nicht mehr Spiele. Sie werden nur anders verteilt.

 

Problem 8: Die Schiedsrichter. Beim Spengler Cup sind in der Regel zwei Schweizer Head- und fünf oder sechs Schweizer Linienrichter im Einsatz. Es zeichnet sich ab, dass es schwierig wird, gleichzeitig den Spengler Cup, NLA- und NLB-Meisterschaftsrunden zu bepfeiffen (die NLB spielt ja auch durch).

 

Kommentar: Dies ist ein Problem, das die Organisatoren des Spengler Cups mit dem nationalen und internationalen Verband lösen müssten. Priorität hätten selbstverständlich die Spiele der nationalen Meisterschaft.

 

Problem 9: Das Vermarktungs-Unternehmen Infront möchte im Rahmen des neuen TV-Vertrages die Vermarktung der Liga übernehmen und ist gleichzeitig stark interessiert, IMG auch die Vermarktungsrechte des Spengler Cups abzujagen. Infront wird kaum an einer Abwertung des Spengler Cups interessiert sein.

 

Kommentar: Gut möglich, dass Infront dann kein Interesse mehr hat, der IMG die Vermarktungsrechte abzujagen. Aber was kümmert uns Infront? Was kümmern uns deren Jagdgelüste?

 

Problem 10: Wird durchgespielt, werden drei Meisterschaftsspiele mehr während der U20-WM gespielt. Gerade Klubs mit vorbildlicher Juniorenförderung müssen bei einer noch grösseren Anzahl Partien auf ihre besten jungen Spieler verzichten. Bei der letzten U20-WM spielten immerhin vier NLA-Stammspieler.

 

Kommentar: In der letzten Saison sorgte der Fall Benjamin Conz für Aufregung, der als Stammtorhüter der SCL Tigers an die U20 – WM musste/durfte. Dass ein Torhüter in diesem Alter bereits NLA-Stammtorhüter ist, ist sehr selten. Bei den Feldspielern ist es für die Klubs kein grosses Problem, auf diese ein paar Spiele zu verzichten.

 

Man kann es also drehen und wenden, wie man will. Aber an den oben aufgeführten «Problemen» scheitert das Durchspielen bestimmt nicht. Können solche «Probleme nicht gelöst werden, haben wir die falschen Leute an den entsprechenden Stellen.

 

Zum Schluss halten wir nochmals fest: Es darf nicht das Ziel sein, den Spengler Cup zu entwerten. Aber trotzdem ist es höchste Zeit, sich grundsätzliche Gedanken über diesen Marketing-Anlass in den Bündner Bergen zu machen. Denn dass 10 Klubs stramm stehen müssen, damit einer so viel Kohle machen kann, dass er damit die Liga dominieren und Meistertitel um Meistertitel einfahren kann, ist ungerecht und löst völlig zu recht den Neid der andern aus.