Vicky und die launischen Männer

Vicky Mantegazza ist die einzige Präsidentin eines NLA-Clubs. Die 47-Jährige will das Erbe ihres Vaters weiterführen und dafür sorgen, dass Lugano wieder «grande» wird.

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Der Name verpflichtet. Vicky Mantegazza ist 47 Jahre alt, kinderlos und gemäss Eigenaussage mit dem Eishockey verheiratet. Die Präsidentin des HC Lugano verkörpert sowohl die erfolgreiche Vergangenheit des Vereins als auch die Hoffnung der Tessiner auf eine ebenso erfolgreiche Zukunft. Mantegazza steht im Sottoceneri für Erfolg – und für Geld. Vickys Vater Geo zählt mit seinem Bruder Sergio zu den reichsten Schweizern; beide sind in der Immobilien- und Touristikbranche tätig, ihr Vermögen wird auf 3 bis 4 Milliarden Franken geschätzt. Als Präsident führte Geo Mantegazza einst den HC Lugano zu vier Meistertiteln, er gilt als Begründer des «Grande Lugano» und sorgte dafür, dass es dem Klub nie an finanziellen Ressourcen mangelte.

 

Die Resega als zweites Zuhause

Das Bild des arroganten, reichen Vereins ohne Geldsorgen missfällt der bodenständigen, bescheidenen Präsidentin. «Auch andere Klubs profitieren von Mäzenen», sagt sie, es sei nicht der HC Mantegazza, sondern der HC Lugano.

 

Geo Mantegazza ist mittlerweile 84 Jahre alt. Sein sportliches Erbe hat er schrittweise der Tochter übertragen. Als Teammanagerin hatte diese einst die Frauenequipe Luganos in den Kreis der europäischen Spitze geführt, ehe sie 2008 in den Verwaltungsrat der HC Lugano SA gewählt wurde. Seit dem 22.Juni 2011 führt sie als einzige Frau in der Schweiz ein professionelles Eishockeyunternehmen. «Nicht das Geschlecht ist entscheidend, sondern sich mit guten Leistungen den Respekt zu verdienen», sagt die 47-Jährige.

 

Dieser Respekt ist ihr in Lugano gewiss – seitens der Spieler, der Trainer, der Fans. Früher stand sie selbst als leidenschaftliche Anhängerin in der Curva Nord, durfte nach Spielschluss in die Garderobe zu den Spielern und war zuweilen gar bei Vertragsverhandlungen im Büro des Vaters dabei. Die Schulaufgaben erledigte sie oft in der Eishalle Resega. Nun präsidiert sie «ihren» Verein, fiebert und singt zuweilen immer noch bei den Fanliedern mit.

 

Warten auf bessere Zeiten

Euphorie und Erfolge des «Grande Lugano» erlebte Vicky Mantegazza also aus nächster Nähe. Umso mehr schmerzt es die Präsidentin, dass Lugano seit dem Meistertitel 2006 keine Playoff-Serie mehr gewonnen hat. Sie weiss, dass der Erfolg nicht von heute auf morgen zurückkehrt; in einem ersten Schritt möchte sie, dass die Mannschaft wieder mit mehr Leidenschaft und Emotionen spielt und die Leute im Sottoceneri wieder zahlreicher ins Stadion kommen.

 

Beide Wünsche wurden bis dato nicht erfüllt, weil das Team zuweilen noch immer launenhaft agiert. Auch unter dem früheren SCB-Trainer Larry Huras sind Disziplin und Konstanz keine Primärtugenden Luganos. NHL-Spieler Luca Sbisa kritisierte während seiner Lockout-Visite die mentale Labilität der Luganesi. Die Präsidentin zeigt sich noch geduldig, hat indes klare Vorstellungen: «Ich möchte Lugano wieder dorthin führen, wo es unter meinem Vater einmal war», sagt Vicky Mantegazza. Sie weiss, ihr Name verpflichtet, und dies gleich in doppelter Hinsicht – schliesslich ist «Vicky» die Abkürzung ihres eigentlichen Vornamens Vittoria. Ins Deutsche übersetzt: Sieg.